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Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785.

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Gesinnung Jesu Christi
wenn die Seele in Ordnung ist, wenn das Wohlgefal-
len Gottes unser Eigenthum ist, wenn wir überall die
heitersten Aussichten vor uns haben? Entschuldigen wir
uns nicht mit den Verführungen der Menschen --
Warum fliehen wir nicht von denen, die unsern Glau-
ben mit Füßen treten, mit der sichtbarsten Verachtung
weg? Und sind wir mit ihnen durch die Bande des ge-
selligen Lebens verbunden, so wissen wir ja die Regel des
Heilandes: Laßt euer Licht leuchten vor den Men-
schen, damit sie eure gute Werke sehen, und auch
zum Dienst Gottes zurückkehren.
(Matth. 5, 16.)
Nehmen wir nicht bloß den Schein, die Farbe der
christlichen Tugend an -- Da wird uns die Gottselig-
keit nie leicht, nie angenehm, da hält sie nie die Prü-
fung des Allwissenden aus, wir müssen wahrhaftig Ge-
besserte, neue Geschöpfe werden durch die christliche Re-
ligion. (Galat. 6, 15.) Menschen beurtheilen uns nach
dem äußerlichen Betragen, aber Gott siehet unser gan-
zes Herz, wie die ganze Natur immer aufgedeckt vor
ihm liegt. Theilen wir das Leben nicht zwischen Laster
und Frömmigkeit -- es muß ein reizendes Ganzes, ein
aneinanderhängendes rechtschaffnes Wesen, ein durch-
gängig wahrer, ächtchristlicher Charakter seyn. Lernen
wir nie eine Wahrheit beym Licht der Vernunft, oder
der Religion, ohne sie sogleich auszuüben -- Durch
diese Treue werden wir erfahren, daß die Worte des
Erlösers: Wer da hat, und das, was er hat, treu
anwendet, dem wird immer mehr gegeben wer-
den,
dessen Maas der Erkenntniß wird vergrößert, des-
sen Anfang in der Tugend wird unterstützt werden,
(Matth. 13, 12.) eine große Verheißung sind. Ver-

zweifeln

Geſinnung Jeſu Chriſti
wenn die Seele in Ordnung iſt, wenn das Wohlgefal-
len Gottes unſer Eigenthum iſt, wenn wir überall die
heiterſten Ausſichten vor uns haben? Entſchuldigen wir
uns nicht mit den Verführungen der Menſchen —
Warum fliehen wir nicht von denen, die unſern Glau-
ben mit Füßen treten, mit der ſichtbarſten Verachtung
weg? Und ſind wir mit ihnen durch die Bande des ge-
ſelligen Lebens verbunden, ſo wiſſen wir ja die Regel des
Heilandes: Laßt euer Licht leuchten vor den Men-
ſchen, damit ſie eure gute Werke ſehen, und auch
zum Dienſt Gottes zurückkehren.
(Matth. 5, 16.)
Nehmen wir nicht bloß den Schein, die Farbe der
chriſtlichen Tugend an — Da wird uns die Gottſelig-
keit nie leicht, nie angenehm, da hält ſie nie die Prü-
fung des Allwiſſenden aus, wir müſſen wahrhaftig Ge-
beſſerte, neue Geſchöpfe werden durch die chriſtliche Re-
ligion. (Galat. 6, 15.) Menſchen beurtheilen uns nach
dem äußerlichen Betragen, aber Gott ſiehet unſer gan-
zes Herz, wie die ganze Natur immer aufgedeckt vor
ihm liegt. Theilen wir das Leben nicht zwiſchen Laſter
und Frömmigkeit — es muß ein reizendes Ganzes, ein
aneinanderhängendes rechtſchaffnes Weſen, ein durch-
gängig wahrer, ächtchriſtlicher Charakter ſeyn. Lernen
wir nie eine Wahrheit beym Licht der Vernunft, oder
der Religion, ohne ſie ſogleich auszuüben — Durch
dieſe Treue werden wir erfahren, daß die Worte des
Erlöſers: Wer da hat, und das, was er hat, treu
anwendet, dem wird immer mehr gegeben wer-
den,
deſſen Maas der Erkenntniß wird vergrößert, deſ-
ſen Anfang in der Tugend wird unterſtützt werden,
(Matth. 13, 12.) eine große Verheißung ſind. Ver-

zweifeln
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[286/0292] Geſinnung Jeſu Chriſti wenn die Seele in Ordnung iſt, wenn das Wohlgefal- len Gottes unſer Eigenthum iſt, wenn wir überall die heiterſten Ausſichten vor uns haben? Entſchuldigen wir uns nicht mit den Verführungen der Menſchen — Warum fliehen wir nicht von denen, die unſern Glau- ben mit Füßen treten, mit der ſichtbarſten Verachtung weg? Und ſind wir mit ihnen durch die Bande des ge- ſelligen Lebens verbunden, ſo wiſſen wir ja die Regel des Heilandes: Laßt euer Licht leuchten vor den Men- ſchen, damit ſie eure gute Werke ſehen, und auch zum Dienſt Gottes zurückkehren. (Matth. 5, 16.) Nehmen wir nicht bloß den Schein, die Farbe der chriſtlichen Tugend an — Da wird uns die Gottſelig- keit nie leicht, nie angenehm, da hält ſie nie die Prü- fung des Allwiſſenden aus, wir müſſen wahrhaftig Ge- beſſerte, neue Geſchöpfe werden durch die chriſtliche Re- ligion. (Galat. 6, 15.) Menſchen beurtheilen uns nach dem äußerlichen Betragen, aber Gott ſiehet unſer gan- zes Herz, wie die ganze Natur immer aufgedeckt vor ihm liegt. Theilen wir das Leben nicht zwiſchen Laſter und Frömmigkeit — es muß ein reizendes Ganzes, ein aneinanderhängendes rechtſchaffnes Weſen, ein durch- gängig wahrer, ächtchriſtlicher Charakter ſeyn. Lernen wir nie eine Wahrheit beym Licht der Vernunft, oder der Religion, ohne ſie ſogleich auszuüben — Durch dieſe Treue werden wir erfahren, daß die Worte des Erlöſers: Wer da hat, und das, was er hat, treu anwendet, dem wird immer mehr gegeben wer- den, deſſen Maas der Erkenntniß wird vergrößert, deſ- ſen Anfang in der Tugend wird unterſtützt werden, (Matth. 13, 12.) eine große Verheißung ſind. Ver- zweifeln

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Erbauungsbuch zur Beförderung wahrer Gottseligkeit. 3. Aufl. Leipzig, 1785, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_erbauungsbuch_1785/292>, abgerufen am 23.06.2024.