Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.[Spaltenumbruch] Gunst/ löblich verrichteten Werken/ so bleibet dieselbe billich in ihrem Wehrt/ so/ daß der Göttliche Will gleichsam selbst diesen Vorzug befiehlet/ und haben will/ daß wir dergleichen Geister mehr als die gemeine erheben sollen/ unter welche nicht unbillich gezehlet wird/ der fürtreffliche Florentinische Mahler und Bildschneider/ LEONARDO DA VINCE, als welcher auf der Leiter seines tugendsamen Lebens/ edler Kunst und großer Erfahrenheit/ das nidrige Gebäu seines Stammhauses weit überstiegen/ und sich eine große Hoheit/ ansehlichen Adel/ und glorwürdigen Preiß erworben/ auch wol verdienet hat/ daß er nicht allein mit den Furnehmsten verglichen/ sondern auch/ wie jene/ durch seine löbliche Werke unsterblich worden ist/ nachdem er vorher in den Armen eines Monarchen verschieden/ und diese große Gnad/ mit jedermänniglichs Beystimmen/ wol verdienet hat. Ubet sich in allerlei Künsten.In der Arithmetica, Geometria und andern Künsten übertraff er alle seine Meistere/ so würde er auch in den Studiis sehr verwunderlich worden seyn/ wofern er darinn fortgefahren wäre/ und weil er eines frölichen Gemüts war/ lernete er die Music, absonderlich aber auf der Violin, sange auch iezuweilen lustige Lieder sehr artlich darunter: Neben diesem allem/ übte er sich immerfort in der Zeichen-Kunst/ und machte viele artliche erhebte runde Sachen/ worzu er sonderlich geneiget war/ weßwegen er nachgehends zu dem droben berühmten Andrea Verrochio in die Lehr verdinget worden/ bey dem er sich auf alles das jenige begab/ was die Zeichen-Kunst begreift; So machte er In Bildereyen. in den Lehr-Jahren etliche lachende Weiber und Kinds-Köpfe/ welche in Gips abgegossen/ iezt noch unter den Künstlern gemein sind/ und vieler fürnehmer Meistere Arbeit nichts nachgeben. Architectur. Nach der Architectur-Regeln zeichnete er unterschiedliche Gründe und Gebände/ und zeigte zuerst Mittel/ wie man durch ein Canal den Arnus-Fluß von Pisa nach Florenz leiten möchte: Was er für schöne Wasserwerke gezeichnet/ und die Erfindungen/ das Wasser in die Höhe zu bringen/ fiele zu erzehlen viel zu lang: Er ersonne Mittel/ die Berge zu durchboren/ damit man aus einem Thal in das andere gehen möchte/ wie auch/ die Berge zu ebenen: Nicht weniger auch/ wie man sehr schwere Sachen/ ohne sonderbare Arbeit/ erheben könte/ und bewiese mit glaubhaften Gründen vielen verständigen Leuten/ und den damaligen Regenten der Stadt Florenz/ daß er die ganze Kirche zu S. Johannis aufheben/ und/ ohne derselben Beschädigung/ Staffeln darunter bringen wolte. Mahler-Kunst. Die Mahler-Kunst liebte er vor andern allen/ und zeichnete also sehr fürtreflich unterschiedene Sachen nach dem Leben. In seinen Lehr-Jahren mahlte sein Lehr-Herr Andrea die Tauff Johannis, in welches Stuck er den Leonardum einen Engel/ der ein Kleid aufhielte/ machen ließe/ welches er mit solcher Geschicklichkeit verrichtet/ daß sein Meister Ubertrift seinen Meister. selbst bekennen muste; Er wäre bäßer/ als alle seine Bilder/ wolte auch weder Pinsel noch Farb mehr anrühren/ weil er von einem Lehrjungen wäre übertroffen worden. Der König in Portugall wolte in Flandern einen Vorhang von Gold und Seiden [Spaltenumbruch] wirken lassen/ dessen Modell zu mahlen unserm Mahlt einen Vorhang. Leonardo vorher aufgetragen worden; in selbigen nun bildete er ein mit Blumen/ Kräutern und allerley Thieren erfülltes Feld so natür- und zierlich/ daß/ wer die Ausbreitungen der Aeste/ Verkürzungen der Blätter und andere Zierrahten betrachtet/ sich zu verwundern nicht enthalten kan/ wie doch der Künstler so große Gedult habe können brauchen/ alles so curios vorzustellen. Sein Vatter brauchte zu Fischen und Vögeln fleißig einen Bauren/ welcher von einem Feigenbaum einen Schild zugerichtet hatte/ und ihn bate/ daß er ihme doch denselben in der Stadt solte bemahlen lassen: Dieser gab ihn seinem Sohn, Leonardo Eine Art Schilde und schrekliche Sachen zu bilden. und begehrte/ er solte etwas darauf mahlen/ weil er nun nicht so gar eben ware/ bereitete er ihn mit Feur/ und ließ ihn einen Dreher ebnen/ bedachte sich darnach/ wie er doch etwas erschrekliches ersinnen und darauf mahlen möchte/ damit sich jedermann darfür/ wie für dem Haupt Medusae, entsetzen/ und also der Schild seinen Besitzer recht beschilden/ und beschützen möchte. Solches ins Werk zu richten/ bracht er in seine Kammer (in die/ auser ihm/ niemand kame) allerhand garstiges und abscheuliches Unzieffer/ als Eyderen/Frösche/Heuschrecken/ Pfeifhöler/ Schlangen/ Fledermäuse und anders: Von jedem dieser Thiere/ nahme er das abscheulichste/ und brachte/ in solcher Zusammenfügung/ ein so seltsam- und erschreckliches monstrum zuwegen/daß/ da er den Schild seinem Vatter zeigte/ er sich so sehr entsazte/ daß er darvon gelauffen wäre/ wo nicht Leonardus ihne gehalten und gesagt hätte: Der Schild diene darzu/ worzu er gemacht worden. Die Bestie schiene/ als ob sie aus der Höle eines Felsen herfürkröche/ aus dem Halß Gift/ aus den Augen Feuer/ und aus den Naßlöchern einen dicken Rauch ausblasend/ daß sie also sehr greulich anzusehen war/ in dieser Arbeit fuhre er so ämsig fort/ daß er nicht einmal des Gestanks ieztgedachten todten Unzieffers gewahr worden/ wie dann auch sein Vatter zu erst solchen angewandten Fleiß hoch geschätzet/ und den Bauren eines solchen Kunst-Stuckes unwürdig geacht/ demnach ihme einen andern Schild gekauft/ und für diesen gegeben/ den er einem die Kunst mehr achtenden Liebhaber um 100. Ducaten/ und dieser/ bald hernach hinwieder dem Herzog von Mayland um 300. Ducaten verkauft hat. Bald darnach mahlte er ein Marien-Bild/ bey deme/ neben andern Sachen/ ein Glaß mit Wasser/ und darinn etliche Blumen/ gebildet waren/ die mit Thau-Tröpflen so zierlich betröpfelt waren/ daß sie dem Leben nichts nachgaben. Sein humor. Er erlustierte sich mit allerhand fremden und tiefsinnigen Gedanken/ von der Kräuter Eigenschaften/ von der Sonnen/ des Monds und gantzen Himmel-Gestirns Lauf/ welche er sehr scharfsinnig untersuchte/ neben vielen andern Sachen/ so mit menschlichen Händen zu bilden unmöglich waren/ dannenhero er auch sehr viel Arbeit unausgemacht hinterlassen. In conversationen war er sehr lustig/ so/ daß jedermann gern um ihn gewesen/ und wiewol er wenig zum bästen hatte/ auch nicht gern gar viel arbeitete/ hielte er allezeit Knecht und [Spaltenumbruch] Gunst/ löblich verrichteten Werken/ so bleibet dieselbe billich in ihrem Wehrt/ so/ daß der Göttliche Will gleichsam selbst diesen Vorzug befiehlet/ und haben will/ daß wir dergleichen Geister mehr als die gemeine erheben sollen/ unter welche nicht unbillich gezehlet wird/ der fürtreffliche Florentinische Mahler und Bildschneider/ LEONARDO DA VINCE, als welcher auf der Leiter seines tugendsamen Lebens/ edler Kunst und großer Erfahrenheit/ das nidrige Gebäu seines Stammhauses weit überstiegen/ und sich eine große Hoheit/ ansehlichen Adel/ und glorwürdigen Preiß erworben/ auch wol verdienet hat/ daß er nicht allein mit den Furnehmsten verglichen/ sondern auch/ wie jene/ durch seine löbliche Werke unsterblich worden ist/ nachdem er vorher in den Armen eines Monarchen verschieden/ und diese große Gnad/ mit jedermänniglichs Beystimmen/ wol verdienet hat. Ubet sich in allerlei Künsten.In der Arithmetica, Geometria und andern Künsten übertraff er alle seine Meistere/ so würde er auch in den Studiis sehr verwunderlich worden seyn/ wofern er darinn fortgefahren wäre/ und weil er eines frölichen Gemüts war/ lernete er die Music, absonderlich aber auf der Violin, sange auch iezuweilen lustige Lieder sehr artlich darunter: Neben diesem allem/ übte er sich immerfort in der Zeichen-Kunst/ und machte viele artliche erhebte runde Sachen/ worzu er sonderlich geneiget war/ weßwegen er nachgehends zu dem droben berühmten Andrea Verrochio in die Lehr verdinget worden/ bey dem er sich auf alles das jenige begab/ was die Zeichen-Kunst begreift; So machte er In Bildereyen. in den Lehr-Jahren etliche lachende Weiber und Kinds-Köpfe/ welche in Gips abgegossen/ iezt noch unter den Künstlern gemein sind/ und vieler fürnehmer Meistere Arbeit nichts nachgeben. Architectur. Nach der Architectur-Regeln zeichnete er unterschiedliche Gründe und Gebände/ und zeigte zuerst Mittel/ wie man durch ein Canal den Arnus-Fluß von Pisa nach Florenz leiten möchte: Was er für schöne Wasserwerke gezeichnet/ und die Erfindungen/ das Wasser in die Höhe zu bringen/ fiele zu erzehlen viel zu lang: Er ersonne Mittel/ die Berge zu durchboren/ damit man aus einem Thal in das andere gehen möchte/ wie auch/ die Berge zu ebenen: Nicht weniger auch/ wie man sehr schwere Sachen/ ohne sonderbare Arbeit/ erheben könte/ und bewiese mit glaubhaften Gründen vielen verständigen Leuten/ und den damaligen Regenten der Stadt Florenz/ daß er die ganze Kirche zu S. Johannis aufheben/ und/ ohne derselben Beschädigung/ Staffeln darunter bringen wolte. Mahler-Kunst. Die Mahler-Kunst liebte er vor andern allen/ und zeichnete also sehr fürtreflich unterschiedene Sachen nach dem Leben. In seinen Lehr-Jahren mahlte sein Lehr-Herr Andrea die Tauff Johannis, in welches Stuck er den Leonardum einen Engel/ der ein Kleid aufhielte/ machen ließe/ welches er mit solcher Geschicklichkeit verrichtet/ daß sein Meister Ubertrift seinen Meister. selbst bekennen muste; Er wäre bäßer/ als alle seine Bilder/ wolte auch weder Pinsel noch Farb mehr anrühren/ weil er von einem Lehrjungen wäre übertroffen worden. Der König in Portugall wolte in Flandern einen Vorhang von Gold und Seiden [Spaltenumbruch] wirken lassen/ dessen Modell zu mahlen unserm Mahlt einen Vorhang. Leonardo vorher aufgetragen worden; in selbigen nun bildete er ein mit Blumen/ Kräutern und allerley Thieren erfülltes Feld so natür- und zierlich/ daß/ wer die Ausbreitungen der Aeste/ Verkürzungen der Blätter und andere Zierrahten betrachtet/ sich zu verwundern nicht enthalten kan/ wie doch der Künstler so große Gedult habe können brauchen/ alles so curios vorzustellen. Sein Vatter brauchte zu Fischen und Vögeln fleißig einen Bauren/ welcher von einem Feigenbaum einen Schild zugerichtet hatte/ und ihn bate/ daß er ihme doch denselben in der Stadt solte bemahlen lassen: Dieser gab ihn seinem Sohn, Leonardo Eine Art Schilde und schrekliche Sachen zu bilden. und begehrte/ er solte etwas darauf mahlen/ weil er nun nicht so gar eben ware/ bereitete er ihn mit Feur/ und ließ ihn einen Dreher ebnen/ bedachte sich darnach/ wie er doch etwas erschrekliches ersinnen und darauf mahlen möchte/ damit sich jedermann darfür/ wie für dem Haupt Medusae, entsetzen/ und also der Schild seinen Besitzer recht beschilden/ und beschützen möchte. Solches ins Werk zu richten/ bracht er in seine Kammer (in die/ auser ihm/ niemand kame) allerhand garstiges und abscheuliches Unzieffer/ als Eyderen/Frösche/Heuschrecken/ Pfeifhöler/ Schlangen/ Fledermäuse und anders: Von jedem dieser Thiere/ nahme er das abscheulichste/ und brachte/ in solcher Zusammenfügung/ ein so seltsam- und erschreckliches monstrum zuwegen/daß/ da er den Schild seinem Vatter zeigte/ er sich so sehr entsazte/ daß er darvon gelauffen wäre/ wo nicht Leonardus ihne gehalten und gesagt hätte: Der Schild diene darzu/ worzu er gemacht worden. Die Bestie schiene/ als ob sie aus der Höle eines Felsen herfürkröche/ aus dem Halß Gift/ aus den Augen Feuer/ und aus den Naßlöchern einen dicken Rauch ausblasend/ daß sie also sehr greulich anzusehen war/ in dieser Arbeit fuhre er so ämsig fort/ daß er nicht einmal des Gestanks ieztgedachten todten Unzieffers gewahr worden/ wie dann auch sein Vatter zu erst solchen angewandten Fleiß hoch geschätzet/ und den Bauren eines solchen Kunst-Stuckes unwürdig geacht/ demnach ihme einen andern Schild gekauft/ und für diesen gegeben/ den er einem die Kunst mehr achtenden Liebhaber um 100. Ducaten/ und dieser/ bald hernach hinwieder dem Herzog von Mayland um 300. Ducaten verkauft hat. Bald darnach mahlte er ein Marien-Bild/ bey deme/ neben andern Sachen/ ein Glaß mit Wasser/ und darinn etliche Blumen/ gebildet waren/ die mit Thau-Tröpflen so zierlich betröpfelt waren/ daß sie dem Leben nichts nachgaben. Sein humor. Er erlustierte sich mit allerhand fremden und tiefsinnigen Gedanken/ von der Kräuter Eigenschaften/ von der Sonnen/ des Monds und gantzen Himmel-Gestirns Lauf/ welche er sehr scharfsinnig untersuchte/ neben vielen andern Sachen/ so mit menschlichen Händen zu bilden unmöglich waren/ dannenhero er auch sehr viel Arbeit unausgemacht hinterlassen. 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Gunst/ löblich verrichteten Werken/ so bleibet dieselbe billich in ihrem Wehrt/ so/ daß der Göttliche Will gleichsam selbst diesen Vorzug befiehlet/ und haben will/ daß wir dergleichen Geister mehr als die gemeine erheben sollen/ unter welche nicht unbillich gezehlet wird/ der fürtreffliche Florentinische Mahler und Bildschneider/ LEONARDO DA VINCE, als welcher auf der Leiter seines tugendsamen Lebens/ edler Kunst und großer Erfahrenheit/ das nidrige Gebäu seines Stammhauses weit überstiegen/ und sich eine große Hoheit/ ansehlichen Adel/ und glorwürdigen Preiß erworben/ auch wol verdienet hat/ daß er nicht allein mit den Furnehmsten verglichen/ sondern auch/ wie jene/ durch seine löbliche Werke unsterblich worden ist/ nachdem er vorher in den Armen eines Monarchen verschieden/ und diese große Gnad/ mit jedermänniglichs Beystimmen/ wol verdienet hat.
In der Arithmetica, Geometria und andern Künsten übertraff er alle seine Meistere/ so würde er auch in den Studiis sehr verwunderlich worden seyn/ wofern er darinn fortgefahren wäre/ und weil er eines frölichen Gemüts war/ lernete er die Music, absonderlich aber auf der Violin, sange auch iezuweilen lustige Lieder sehr artlich darunter: Neben diesem allem/ übte er sich immerfort in der Zeichen-Kunst/ und machte viele artliche erhebte runde Sachen/ worzu er sonderlich geneiget war/ weßwegen er nachgehends zu dem droben berühmten Andrea Verrochio in die Lehr verdinget worden/ bey dem er sich auf alles das jenige begab/ was die Zeichen-Kunst begreift; So machte er in den Lehr-Jahren etliche lachende Weiber und Kinds-Köpfe/ welche in Gips abgegossen/ iezt noch unter den Künstlern gemein sind/ und vieler fürnehmer Meistere Arbeit nichts nachgeben.
Ubet sich in allerlei Künsten.
In Bildereyen. Nach der Architectur-Regeln zeichnete er unterschiedliche Gründe und Gebände/ und zeigte zuerst Mittel/ wie man durch ein Canal den Arnus-Fluß von Pisa nach Florenz leiten möchte: Was er für schöne Wasserwerke gezeichnet/ und die Erfindungen/ das Wasser in die Höhe zu bringen/ fiele zu erzehlen viel zu lang: Er ersonne Mittel/ die Berge zu durchboren/ damit man aus einem Thal in das andere gehen möchte/ wie auch/ die Berge zu ebenen: Nicht weniger auch/ wie man sehr schwere Sachen/ ohne sonderbare Arbeit/ erheben könte/ und bewiese mit glaubhaften Gründen vielen verständigen Leuten/ und den damaligen Regenten der Stadt Florenz/ daß er die ganze Kirche zu S. Johannis aufheben/ und/ ohne derselben Beschädigung/ Staffeln darunter bringen wolte.
Architectur. Die Mahler-Kunst liebte er vor andern allen/ und zeichnete also sehr fürtreflich unterschiedene Sachen nach dem Leben. In seinen Lehr-Jahren mahlte sein Lehr-Herr Andrea die Tauff Johannis, in welches Stuck er den Leonardum einen Engel/ der ein Kleid aufhielte/ machen ließe/ welches er mit solcher Geschicklichkeit verrichtet/ daß sein Meister selbst bekennen muste; Er wäre bäßer/ als alle seine Bilder/ wolte auch weder Pinsel noch Farb mehr anrühren/ weil er von einem Lehrjungen wäre übertroffen worden. Der König in Portugall wolte in Flandern einen Vorhang von Gold und Seiden
wirken lassen/ dessen Modell zu mahlen unserm Leonardo vorher aufgetragen worden; in selbigen nun bildete er ein mit Blumen/ Kräutern und allerley Thieren erfülltes Feld so natür- und zierlich/ daß/ wer die Ausbreitungen der Aeste/ Verkürzungen der Blätter und andere Zierrahten betrachtet/ sich zu verwundern nicht enthalten kan/ wie doch der Künstler so große Gedult habe können brauchen/ alles so curios vorzustellen.
Mahler-Kunst.
Ubertrift seinen Meister.
Mahlt einen Vorhang. Sein Vatter brauchte zu Fischen und Vögeln fleißig einen Bauren/ welcher von einem Feigenbaum einen Schild zugerichtet hatte/ und ihn bate/ daß er ihme doch denselben in der Stadt solte bemahlen lassen: Dieser gab ihn seinem Sohn, Leonardo und begehrte/ er solte etwas darauf mahlen/ weil er nun nicht so gar eben ware/ bereitete er ihn mit Feur/ und ließ ihn einen Dreher ebnen/ bedachte sich darnach/ wie er doch etwas erschrekliches ersinnen und darauf mahlen möchte/ damit sich jedermann darfür/ wie für dem Haupt Medusae, entsetzen/ und also der Schild seinen Besitzer recht beschilden/ und beschützen möchte. Solches ins Werk zu richten/ bracht er in seine Kammer (in die/ auser ihm/ niemand kame) allerhand garstiges und abscheuliches Unzieffer/ als Eyderen/Frösche/Heuschrecken/ Pfeifhöler/ Schlangen/ Fledermäuse und anders: Von jedem dieser Thiere/ nahme er das abscheulichste/ und brachte/ in solcher Zusammenfügung/ ein so seltsam- und erschreckliches monstrum zuwegen/daß/ da er den Schild seinem Vatter zeigte/ er sich so sehr entsazte/ daß er darvon gelauffen wäre/ wo nicht Leonardus ihne gehalten und gesagt hätte: Der Schild diene darzu/ worzu er gemacht worden. Die Bestie schiene/ als ob sie aus der Höle eines Felsen herfürkröche/ aus dem Halß Gift/ aus den Augen Feuer/ und aus den Naßlöchern einen dicken Rauch ausblasend/ daß sie also sehr greulich anzusehen war/ in dieser Arbeit fuhre er so ämsig fort/ daß er nicht einmal des Gestanks ieztgedachten todten Unzieffers gewahr worden/ wie dann auch sein Vatter zu erst solchen angewandten Fleiß hoch geschätzet/ und den Bauren eines solchen Kunst-Stuckes unwürdig geacht/ demnach ihme einen andern Schild gekauft/ und für diesen gegeben/ den er einem die Kunst mehr achtenden Liebhaber um 100. Ducaten/ und dieser/ bald hernach hinwieder dem Herzog von Mayland um 300. Ducaten verkauft hat. Bald darnach mahlte er ein Marien-Bild/ bey deme/ neben andern Sachen/ ein Glaß mit Wasser/ und darinn etliche Blumen/ gebildet waren/ die mit Thau-Tröpflen so zierlich betröpfelt waren/ daß sie dem Leben nichts nachgaben.
Eine Art Schilde und schrekliche Sachen zu bilden. Er erlustierte sich mit allerhand fremden und tiefsinnigen Gedanken/ von der Kräuter Eigenschaften/ von der Sonnen/ des Monds und gantzen Himmel-Gestirns Lauf/ welche er sehr scharfsinnig untersuchte/ neben vielen andern Sachen/ so mit menschlichen Händen zu bilden unmöglich waren/ dannenhero er auch sehr viel Arbeit unausgemacht hinterlassen. In conversationen war er sehr lustig/ so/ daß jedermann gern um ihn gewesen/ und wiewol er wenig zum bästen hatte/ auch nicht gern gar viel arbeitete/ hielte er allezeit Knecht und
Sein humor.
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