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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] er/ für sich/ zu dem Acker begehre/ und nicht wolle/ daß der Planet Mercurius etwas darvon geniesen solle/ es geschähe dann zu seinem eignem Vortheil; gleichwol genieset der Planet des Thaues/ und die Erde werde Trucken und unfruchtbar/ als ein Stein. Dieses nun anietzo beyseits gesetzt/ so müssen wir sehen/ was doch erbauliches dardurch angewiesen werden könne. Durch den Mercurius/ des Jupiters Botten/ wollen wir verstehen eine tugendliche Unterweisung/ oder einen Lehr-unterricht: durch die Herse aber/ die menschliche Seele/ wormit jene sich suchet zu vereinigen/ darwider setzt sich Aglauros/ Was Aglauros in Stein bedeute. oder das Fleisch/ und die böse Neigung/ so voller Begierden und Neid steckt; Wann aber die Seele die tugendliche Unterweisung annimmet/ und derselben sich unterwirffet/ muß die böse Neigung ersterben/ und so unfruchtbar/ als ein Stein/ bleiben. Neben dem ist/ in dieser Fabel/ auch annoch zumercken/ daß die Weisheit die Schnödigkeit des Geitzes nicht leiden mag/ welches die Grausamkeit der Straffe/ so sie daran verübte/ gnugsamlich anzeiget.

Von dem Neide.

Auslegung über den Haß und Neid. DEr Neid/ oder Haß/ und Neid/ so eine Tochter des schwarzen Erebus (welcher auch Tartarus heisset) und von der Nacht ist/ wird/ von unserm gegenwärtigem Poeten/ sehr wol beschrieben und abgebildet/ so wol von Gestalt/ als was dessen Speise und Wohnung sey: die Wohnung/ sagt er/ sey ein tieffer/ schändlicher/ dunckler/ Pful/ darein keine Sonne scheinen könne/ wordurch angedeutet wird/ daß der Neid in einem doppelt unreinen Hertze wohne/ esse vergifftete Schlangen/ das ist/ beschädige oder verderbe sich/ oder desjenigen Herz/ darinnen er wohnet/ selbsten. Dannenhero Agides/ des Archidamus Sohn/ als er verstunde/ daß einige ihn neideten/ sehr wol gesagt. So werden sie doppelten Schmertzen haben/ und zwar theils wegen meines Glücks/ das sie sehen/ theils auch wegen ihres Unglücks/ welches sie leiden müssen. Zu welchem Ende auch Sannazaro/ in seinem sechstem Hirten-Liede/ singet:

Der gelbe Neid/ mein Sohn/ sich selbsten
mager macht;

Weil ihm ein Hertz-Dorn ist/ was andre
für sich bracht.

Welche Verse dann auch mit vielen andern Weisheit-liebenden Scribenten und Poeten übereinstimmen/ wie dann unter andern/ auch Virgilius diese abscheuliche Mißgeburt/ in nachgesetzten Zeilen/ beschreibet:

Es ist der blasse Neid/ ein starcker Gifft
zu Schaden/

er nagt und frißt das Marck/ dem/ der dar-
mit beladen;

Rührt die Selbständigkeit der Beine
doch nicht leicht;

Den rohten Lebens-Safft er aus den
Adern zeucht.

Der wirckt ihm billich selbst nur eine Pein
und Plage/

[Spaltenumbruch] der einen andern neidt um dessen gute Tage
und glücklichs Wolergehn. Dann klagt
er/ mit Verdruß/

wann er/ in seiner Noht/ das Elend füh-
len muß;

Er seuffzt aus Ungedult/ und knirschet mit
den Zähnen:

Bald pflegt ein kalter Schweiß ihn aus
dem Leib zu thränen;

Die böse Zunge stösst den schwartzen
Gifft heraus/

und sein blaß Angesicht macht jedem ei-
nen Graus/

gleich in dem ersten Blick. Man solte gäntz-
lich meinen/

es wär' ihm alles Fleisch geschwunden von
den Beinen;

Es pflegt ihm weder Liecht/ noch Spei-
se süß zu seyn/

ihm schmeckt kein Trunck/ auch nicht der
allersüsste Wein;

Wann auch der Jupiter ihm selbst dem Be-
cher bieten

und reichen würde; wann ihm schon zu
trincken riehten

die Heb und Ganimed/ die sonst den Göt-
tern ein-

zuschencken sind bestellt den süssen Ne-
ctar Wein.

Er kan sich neue Krafft gantz nicht zu we-
ge bringen

durch einen sanfften Schlaf; noch auch/ in
eingen Dingen/

erlangen seine Ruh; weil ihn ein Stachel
quählt

in seinem Ingeweid/ daß er für Grimm
entseelt

zur Erden fallen möcht. Auch pflegt ihm
in den Nieren

die höllsche Unholdinn Erinnys anzuschie-
ren

ein Feuer; dann befällt ihn noch ein
schärffer Schmertz/

wann mit Begierd durchfrisst sein aus-
gedorrtes Hertz

der Geyer Tityons; das auch nicht mag
genesen

von Chirons Künstler-Hand/ die disfalls
sonst gewesen

berühmt in Griechenland; noch von der
Weisen Schaar

des Phoebus/ die doch auch im Heilen
glücklich war.

Horatius Flaccus schreibet/ hiermit übereinstimmend/ gleichfalls darvon/ im andern Buch seiner Sendschreiben/ im andern derselben/ folgender massen:

Den frisst die Magerheit/ der Andrer Glück
beneiden

und scheel ansehen wil; kein größ- noch
schärffers Leiden

kont' in Sicilia die Blutgier denken aus/
als den durchgallten Neid. Wer leicht
des Zornes Brauß

[Spaltenumbruch] er/ für sich/ zu dem Acker begehre/ und nicht wolle/ daß der Planet Mercurius etwas darvon geniesen solle/ es geschähe dann zu seinem eignem Vortheil; gleichwol genieset der Planet des Thaues/ und die Erde werde Trucken und unfruchtbar/ als ein Stein. Dieses nun anietzo beyseits gesetzt/ so müssen wir sehen/ was doch erbauliches dardurch angewiesen werden könne. Durch den Mercurius/ des Jupiters Botten/ wollen wir verstehen eine tugendliche Unterweisung/ oder einen Lehr-unterricht: durch die Herse aber/ die menschliche Seele/ wormit jene sich suchet zu vereinigen/ darwider setzt sich Aglauros/ Was Aglauros in Stein bedeute. oder das Fleisch/ und die böse Neigung/ so voller Begierden und Neid steckt; Wann aber die Seele die tugendliche Unterweisung annimmet/ und derselben sich unterwirffet/ muß die böse Neigung ersterben/ und so unfruchtbar/ als ein Stein/ bleiben. Neben dem ist/ in dieser Fabel/ auch annoch zumercken/ daß die Weisheit die Schnödigkeit des Geitzes nicht leiden mag/ welches die Grausamkeit der Straffe/ so sie daran verübte/ gnugsamlich anzeiget.

Von dem Neide.

Auslegung über den Haß und Neid. DEr Neid/ oder Haß/ und Neid/ so eine Tochter des schwarzen Erebus (welcher auch Tartarus heisset) und von der Nacht ist/ wird/ von unserm gegenwärtigem Poeten/ sehr wol beschrieben und abgebildet/ so wol von Gestalt/ als was dessen Speise und Wohnung sey: die Wohnung/ sagt er/ sey ein tieffer/ schändlicher/ dunckler/ Pful/ darein keine Sonne scheinen könne/ wordurch angedeutet wird/ daß der Neid in einem doppelt unreinen Hertze wohne/ esse vergifftete Schlangen/ das ist/ beschädige oder verderbe sich/ oder desjenigen Herz/ darinnen er wohnet/ selbsten. Dannenhero Agides/ des Archidamus Sohn/ als er verstunde/ daß einige ihn neideten/ sehr wol gesagt. So werden sie doppelten Schmertzen haben/ und zwar theils wegen meines Glücks/ das sie sehen/ theils auch wegen ihres Unglücks/ welches sie leiden müssen. Zu welchem Ende auch Sannazaro/ in seinem sechstem Hirten-Liede/ singet:

Der gelbe Neid/ mein Sohn/ sich selbsten
mager macht;

Weil ihm ein Hertz-Dorn ist/ was andre
für sich bracht.

Welche Verse dann auch mit vielen andern Weisheit-liebenden Scribenten und Poeten übereinstimmen/ wie dann unter andern/ auch Virgilius diese abscheuliche Mißgeburt/ in nachgesetzten Zeilen/ beschreibet:

Es ist der blasse Neid/ ein starcker Gifft
zu Schaden/

er nagt und frißt das Marck/ dem/ der dar-
mit beladen;

Rührt die Selbständigkeit der Beine
doch nicht leicht;

Den rohten Lebens-Safft er aus den
Adern zeucht.

Der wirckt ihm billich selbst nur eine Pein
und Plage/

[Spaltenumbruch] der einen andern neidt um dessen gute Tage
und glücklichs Wolergehn. Dann klagt
er/ mit Verdruß/

wann er/ in seiner Noht/ das Elend füh-
len muß;

Er seuffzt aus Ungedult/ und knirschet mit
den Zähnen:

Bald pflegt ein kalter Schweiß ihn aus
dem Leib zu thränen;

Die böse Zunge stösst den schwartzen
Gifft heraus/

und sein blaß Angesicht macht jedem ei-
nen Graus/

gleich in dem ersten Blick. Man solte gäntz-
lich meinen/

es wär’ ihm alles Fleisch geschwunden von
den Beinen;

Es pflegt ihm weder Liecht/ noch Spei-
se süß zu seyn/

ihm schmeckt kein Trunck/ auch nicht der
allersüsste Wein;

Wann auch der Jupiter ihm selbst dem Be-
cher bieten

und reichen würde; wann ihm schon zu
trincken riehten

die Heb und Ganimed/ die sonst den Göt-
tern ein-

zuschencken sind bestellt den süssen Ne-
ctar Wein.

Er kan sich neue Krafft gantz nicht zu we-
ge bringen

durch einen sanfften Schlaf; noch auch/ in
eingen Dingen/

erlangen seine Ruh; weil ihn ein Stachel
quählt

in seinem Ingeweid/ daß er für Grimm
entseelt

zur Erden fallen möcht. Auch pflegt ihm
in den Nieren

die höllsche Unholdinn Erinnys anzuschie-
ren

ein Feuer; dann befällt ihn noch ein
schärffer Schmertz/

wann mit Begierd durchfrisst sein aus-
gedorrtes Hertz

der Geyer Tityons; das auch nicht mag
genesen

von Chirons Künstler-Hand/ die disfalls
sonst gewesen

berühmt in Griechenland; noch von der
Weisen Schaar

des Phoebus/ die doch auch im Heilen
glücklich war.

Horatius Flaccus schreibet/ hiermit übereinstimmend/ gleichfalls darvon/ im andern Buch seiner Sendschreiben/ im andern derselben/ folgender massen:

Den frisst die Magerheit/ der Andrer Glück
beneiden

und scheel ansehen wil; kein größ- noch
schärffers Leiden

kont’ in Sicilia die Blutgier denken aus/
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Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 32]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/208>, abgerufen am 09.11.2024.