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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

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Von der Themis.

Von der Themis Herkunft und Geburt. THemis war eine Tochter des Oceans und der Thetys/ oder (wie Hesiodus wil) des Himmels und der Erde. Sie ist gewest Themis und ihre Tochter des Jupiters Rahtgeberinnen. eine Schwester des Saturnus/ und des Jupiters andere Gemahlin/ von welcher die Uren/ oder Stunden/ als Thürhüterinnen des Himmels geboren worden. Diese nun heissen Eunomia/ Dice und Irene/ die einmütige Unterhaltung der guten Gesetze/ des Gerichts/ und Friedens. Themis/ mit ihrer Tochter der Dice/ sind/ (wie Plutarchus erzehlet) die beysitzende Rahtgeberinnen des Jupiters: allda er auch beweist/ daß Fürsten/ verständig und gelehrt seyn müssen/ welches so viel gesagt/ als daß sie des Jupiters beysitzende Rahtsleute seyn: wormit man gleichsam sagen wollen/ daß niemand dem Rechte zu groß und entwachsen wäre. Weswegen dann die Alten schreiben/ daß Jupiter selbst nicht solte gebieten können/ ohne das Recht/ oder die Gerechtigkeit/ welche/ wie Hesiodus sagt/ eine reine und unbefleckte Jungfrau/ dero allezeit beywohnet Schaam/ Keuschheit/ und Einfalt. Dannenhero man/ vor Alters/ die Könige ehrsame/ und erbare genennet: dann es sich gebüret/ daß die/ so das wenigste zu förchten/ auch mehr Schaam und Ehre haben: darum ein Fürst sich mehr zu entsetzen vor bösem Thun/ weder vor Empfangung desselben. Die Stunden werden/ vom Pausanias genennt Carpo und Thallote/ die dritte nennet er gar nicht. Carpos bedeutet eine Frucht/ und Thallain grünen/ oder hervorsprossen. Sie werden genennet die langsamste/ unter allen Göttern/ und bringen dem Menschen allezeit was neues. Sie wurden nicht allein/ vom Homerus/ genennet Thürhüterinnen des Himmels/ sondern waren auch bestellt/ die Wolcken vom Olympus/ oder Himmel zu vertreiben. Dann alsdenn wird der Himmel/ oder die Lufft/ wie man sagt/ eröffnet und aufgeschlossen. Auch verdüsterten oder beschlossen sie den Himmel/ nach eignem Belieben. Ihr Nam hat seinen Ursprung von dem Wort Horeein, (oresin, oder orein) welches wachen/ oder bewahren heisst; weil sie des Himmels zu hüten hatten. Sie sind des Geschlechts der Gratien/ oder Holdgöttinnen: weil Themis ihre Mutter/ die Gerechtigkeit/ und Nomos das Gesetz/ Dice die Billigkeit/ und Irene der Friede: welche drey/ als die Gesetze/ Gerechtigkeit und der Friede/ die Früchte und Gebäue bewahren und unterhalten/ da hingegen der Krieg/ Ungerechtigkeit und Zwietracht alles verderben und zunichte machen. So ists nun die Erhaltung der göttlichen Ordnung und burgerlichen Gesetze/ die sie zeuget und hervor bringet: sintemal Themis die Billig- oder Aufrichtigkeit/ welche die Natur selbst des Menschen Geiste eingedruckt/ bemerckt: und ist solche eben der Anfang/ woraus die Gesetze entstanden sind. Jupiter hat diese Aufrichtigkeit geehlicht: und sie ist von seinem Geschlecht: dann Gott ist rechtfertig und getreu. Jupiter/ der Vatter der Stunden/ mässiget die Lufft: das ist/ Gott bewahrt und erhält die Frommen/ und himmlisch gesinnte. Dann der Uberfluß wird gerne/ von der[Spaltenumbruch] Frömmigkeit/ vergesellet/ wie der Hunger und die Theurung/ auf viel und grosse Sünden erfolgen. Also daß der Unterscheid der fruchtbaren oder magern Zeiten wol der helleste Spiegel ist/ der Menschen gute oder böse Wercke zu erkennen/ dergestalt kan man verstehen/ wie den Stunden/ die Thüren des Himmels zu bewahren anbefohlen seyn. Bey der Themis ist auch wol gewest das älteste Geheimnus/ oder Orakel/ allda man die Götter um Raht zu fragen pflegen. Allhier wollen wir nun den/ von ihr/ vorbedeuteten Thebischen Krieg beschreiben/ und den unglücklich- oder unseligen Oedipus vorstellen.

Vom Oedipus.

OEdipus war ein Sohn Laius/ des Königs von Thebe/ und dieser ein Sohn des verstorbenen Königs Labdacus. Dieser Laius hatte zur Gemahlin seine Schwester von der Mutter/ oder die Schwester und Tochter des Creons/ so das schönste Weib war/ die man mit Augen sehen mögen/ Namens Jocasta. Nachdem diese geschwängert worden/ war der König Laius begierig Oedipus geboren/ wird durch die Füsse gestochen/ und an einen Baum gehangen. zu wissen/ wie es dem Kinde/ so ihm von ihr solte geboren werden/ ergehen würde. Das Oraculum des Apollo zu Delphis/ antwortete ihme/ daß er von desselben Kindes Hand sterben solte. Weil er nun sich diese Antwort zu Hertzen zoge/ gab er das Kind/ so bald es geboren wurde/ einem von seiner Leib-Wacht/ oder andern Diener/ solches heimlich umzubringen: welcher aber nicht wolte ein Werckzeug seyn seines Herrn unmenschlicher Grausamkeit: und weil er gleichwol von seinem Gebot nicht gäntzlich abweichen durffte/ erwehlte er den Mittelweg/ nahm dannenhero das Kind/ durchstach ihm beyde Füßlein/ steckte ein Stricklein durch/ und hinge es darbey an einen Baum/ in einer Wildnus/ bey dem Berge Cytheron: in Meinung/ daß es hülfflos bald sterben solte/ allein Phorbas/ einer von des Königs Polybius (welchen Comes sonst Polybum nennet) von Corinthen seinen Hirten/ gieng ohngefehr allda vorbey/ und hörte dieses armen Kindleins Winselen/ lieff dannenhero hinzu/ und nachdem ers loß gemacht/ nahm er solches mit nach Corintho/ und gab es der Königin. Welche/ weil sie unfruchtbar war/ es auferzoch/ und in solchem Wehrt hielte/ als obs ihr vom Himmel zugesand wäre. Und weil ihm die Füsse wegen der Wunden geschwollen waren/ wurde es Oedipus/ das ist/ geschwollen-Fuß genennt: dann Oidein, (oidein) ist/ und bedeutet geschwellen/ und Pous/ einen Fuß. Einige sagen/ es habe der Vatter Laius ihme die Füsse selbst durchstochen/ und solches denen Thieren zum besten/ auf den Berg Cytheron/ aufzuhencken befohlen: welches aber die Botten nicht gethan/ sondern es der Königin von Corinthen geschencket hätten. Nachdem nun Oedipus zu Verstand und Jahren kommen/ und verstanden habe/ daß er nicht des Polybius/ (oder Polybus) Königs von Corinthen/ Sohn wäre/ nahm er sich vor/ zu erforschen/ wer sein Vatter gewest/ dahero er sich erhube nach dem Orakul des Apollo zu Delphis: welches ihme dann antwortete; daß er seinen

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Von der Themis.

Von der Themis Herkunft und Geburt. THemis war eine Tochter des Oceans und der Thetys/ oder (wie Hesiodus wil) des Himmels und der Erde. Sie ist gewest Themis und ihre Tochter des Jupiters Rahtgeberinnen. eine Schwester des Saturnus/ und des Jupiters andere Gemahlin/ von welcher die Uren/ oder Stunden/ als Thürhüterinnen des Himmels geboren worden. Diese nun heissen Eunomia/ Dice und Irene/ die einmütige Unterhaltung der guten Gesetze/ des Gerichts/ und Friedens. Themis/ mit ihrer Tochter der Dice/ sind/ (wie Plutarchus erzehlet) die beysitzende Rahtgeberinnen des Jupiters: allda er auch beweist/ daß Fürsten/ verständig und gelehrt seyn müssen/ welches so viel gesagt/ als daß sie des Jupiters beysitzende Rahtsleute seyn: wormit man gleichsam sagen wollen/ daß niemand dem Rechte zu groß und entwachsen wäre. Weswegen dann die Alten schreiben/ daß Jupiter selbst nicht solte gebieten können/ ohne das Recht/ oder die Gerechtigkeit/ welche/ wie Hesiodus sagt/ eine reine und unbefleckte Jungfrau/ dero allezeit beywohnet Schaam/ Keuschheit/ und Einfalt. Dannenhero man/ vor Alters/ die Könige ehrsame/ und erbare genennet: dann es sich gebüret/ daß die/ so das wenigste zu förchten/ auch mehr Schaam und Ehre haben: darum ein Fürst sich mehr zu entsetzen vor bösem Thun/ weder vor Empfangung desselben. Die Stunden werden/ vom Pausanias genennt Carpo und Thallote/ die dritte nennet er gar nicht. Carpos bedeutet eine Frucht/ und Thallain grünen/ oder hervorsprossen. Sie werden genennet die langsamste/ unter allen Göttern/ und bringen dem Menschen allezeit was neues. Sie wurden nicht allein/ vom Homerus/ genennet Thürhüterinnen des Himmels/ sondern waren auch bestellt/ die Wolcken vom Olympus/ oder Himmel zu vertreiben. Dann alsdenn wird der Himmel/ oder die Lufft/ wie man sagt/ eröffnet und aufgeschlossen. Auch verdüsterten oder beschlossen sie den Himmel/ nach eignem Belieben. Ihr Nam hat seinen Ursprung von dem Wort Horéein, (ὠρέσιν, oder ὠρεῖν) welches wachen/ oder bewahren heisst; weil sie des Himmels zu hüten hatten. Sie sind des Geschlechts der Gratien/ oder Holdgöttinnen: weil Themis ihre Mutter/ die Gerechtigkeit/ und Nomos das Gesetz/ Dice die Billigkeit/ und Irene der Friede: welche drey/ als die Gesetze/ Gerechtigkeit und der Friede/ die Früchte und Gebäue bewahren und unterhalten/ da hingegen der Krieg/ Ungerechtigkeit und Zwietracht alles verderben und zunichte machen. So ists nun die Erhaltung der göttlichen Ordnung und burgerlichen Gesetze/ die sie zeuget und hervor bringet: sintemal Themis die Billig- oder Aufrichtigkeit/ welche die Natur selbst des Menschen Geiste eingedruckt/ bemerckt: und ist solche eben der Anfang/ woraus die Gesetze entstanden sind. Jupiter hat diese Aufrichtigkeit geehlicht: und sie ist von seinem Geschlecht: dann Gott ist rechtfertig und getreu. Jupiter/ der Vatter der Stunden/ mässiget die Lufft: das ist/ Gott bewahrt und erhält die Frommen/ und himmlisch gesinnte. Dann der Uberfluß wird gerne/ von der[Spaltenumbruch] Frömmigkeit/ vergesellet/ wie der Hunger und die Theurung/ auf viel und grosse Sünden erfolgen. Also daß der Unterscheid der fruchtbaren oder magern Zeiten wol der helleste Spiegel ist/ der Menschen gute oder böse Wercke zu erkennen/ dergestalt kan man verstehen/ wie den Stunden/ die Thüren des Himmels zu bewahren anbefohlen seyn. Bey der Themis ist auch wol gewest das älteste Geheimnus/ oder Orakel/ allda man die Götter um Raht zu fragen pflegen. Allhier wollen wir nun den/ von ihr/ vorbedeuteten Thebischen Krieg beschreiben/ und den unglücklich- oder unseligen Oedipus vorstellen.

Vom Oedipus.

OEdipus war ein Sohn Laius/ des Königs von Thebe/ und dieser ein Sohn des verstorbenen Königs Labdacus. Dieser Laius hatte zur Gemahlin seine Schwester von der Mutter/ oder die Schwester und Tochter des Creons/ so das schönste Weib war/ die man mit Augen sehen mögen/ Namens Jocasta. Nachdem diese geschwängert worden/ war der König Laius begierig Oedipus geboren/ wird durch die Füsse gestochen/ und an einen Baum gehangen. zu wissen/ wie es dem Kinde/ so ihm von ihr solte geboren werden/ ergehen würde. Das Oraculum des Apollo zu Delphis/ antwortete ihme/ daß er von desselben Kindes Hand sterben solte. Weil er nun sich diese Antwort zu Hertzen zoge/ gab er das Kind/ so bald es geboren wurde/ einem von seiner Leib-Wacht/ oder andern Diener/ solches heimlich umzubringen: welcher aber nicht wolte ein Werckzeug seyn seines Herrn unmenschlicher Grausamkeit: und weil er gleichwol von seinem Gebot nicht gäntzlich abweichen durffte/ erwehlte er den Mittelweg/ nahm dannenhero das Kind/ durchstach ihm beyde Füßlein/ steckte ein Stricklein durch/ und hinge es darbey an einen Baum/ in einer Wildnus/ bey dem Berge Cytheron: in Meinung/ daß es hülfflos bald sterben solte/ allein Phorbas/ einer von des Königs Polybius (welchen Comes sonst Polybum nennet) von Corinthen seinen Hirten/ gieng ohngefehr allda vorbey/ und hörte dieses armen Kindleins Winselen/ lieff dannenhero hinzu/ und nachdem ers loß gemacht/ nahm er solches mit nach Corintho/ und gab es der Königin. Welche/ weil sie unfruchtbar war/ es auferzoch/ und in solchem Wehrt hielte/ als obs ihr vom Himmel zugesand wäre. Und weil ihm die Füsse wegen der Wunden geschwollen waren/ wurde es Oedipus/ das ist/ geschwollen-Fuß genennt: dann Oidein, (ὀιδεῖν) ist/ und bedeutet geschwellen/ und Pous/ einen Fuß. Einige sagen/ es habe der Vatter Laius ihme die Füsse selbst durchstochen/ und solches denen Thieren zum besten/ auf den Berg Cytheron/ aufzuhencken befohlen: welches aber die Botten nicht gethan/ sondern es der Königin von Corinthen geschencket hätten. Nachdem nun Oedipus zu Verstand und Jahren kommen/ und verstanden habe/ daß er nicht des Polybius/ (oder Polybus) Königs von Corinthen/ Sohn wäre/ nahm er sich vor/ zu erforschen/ wer sein Vatter gewest/ dahero er sich erhube nach dem Orakul des Apollo zu Delphis: welches ihme dann antwortete; daß er seinen

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Nachdem nun <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2491 http://d-nb.info/gnd/118589393 http://viaf.org/viaf/804472">Oedipus</persName> zu Verstand und Jahren kommen/ und verstanden habe/ daß er nicht des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3605">Polybius</persName>/ (oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3605">Polybus</persName>) <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3605">Königs von Corinthen</persName>/ Sohn wäre/ nahm er sich vor/ zu erforschen/ wer sein Vatter gewest/ dahero er sich erhube nach dem Orakul des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-59 http://d-nb.info/gnd/118503642 http://viaf.org/viaf/3261638">Apollo</persName> zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-39 http://www.geonames.org/263219/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7010770">Delphis</placeName>: welches ihme dann antwortete; daß er seinen
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[[Metamorphosis, S. 112]/0288] Von der Themis. THemis war eine Tochter des Oceans und der Thetys/ oder (wie Hesiodus wil) des Himmels und der Erde. Sie ist gewest eine Schwester des Saturnus/ und des Jupiters andere Gemahlin/ von welcher die Uren/ oder Stunden/ als Thürhüterinnen des Himmels geboren worden. Diese nun heissen Eunomia/ Dice und Irene/ die einmütige Unterhaltung der guten Gesetze/ des Gerichts/ und Friedens. Themis/ mit ihrer Tochter der Dice/ sind/ (wie Plutarchus erzehlet) die beysitzende Rahtgeberinnen des Jupiters: allda er auch beweist/ daß Fürsten/ verständig und gelehrt seyn müssen/ welches so viel gesagt/ als daß sie des Jupiters beysitzende Rahtsleute seyn: wormit man gleichsam sagen wollen/ daß niemand dem Rechte zu groß und entwachsen wäre. Weswegen dann die Alten schreiben/ daß Jupiter selbst nicht solte gebieten können/ ohne das Recht/ oder die Gerechtigkeit/ welche/ wie Hesiodus sagt/ eine reine und unbefleckte Jungfrau/ dero allezeit beywohnet Schaam/ Keuschheit/ und Einfalt. Dannenhero man/ vor Alters/ die Könige ehrsame/ und erbare genennet: dann es sich gebüret/ daß die/ so das wenigste zu förchten/ auch mehr Schaam und Ehre haben: darum ein Fürst sich mehr zu entsetzen vor bösem Thun/ weder vor Empfangung desselben. Die Stunden werden/ vom Pausanias genennt Carpo und Thallote/ die dritte nennet er gar nicht. Carpos bedeutet eine Frucht/ und Thallain grünen/ oder hervorsprossen. Sie werden genennet die langsamste/ unter allen Göttern/ und bringen dem Menschen allezeit was neues. Sie wurden nicht allein/ vom Homerus/ genennet Thürhüterinnen des Himmels/ sondern waren auch bestellt/ die Wolcken vom Olympus/ oder Himmel zu vertreiben. Dann alsdenn wird der Himmel/ oder die Lufft/ wie man sagt/ eröffnet und aufgeschlossen. Auch verdüsterten oder beschlossen sie den Himmel/ nach eignem Belieben. Ihr Nam hat seinen Ursprung von dem Wort Horéein, (ὠρέσιν, oder ὠρεῖν) welches wachen/ oder bewahren heisst; weil sie des Himmels zu hüten hatten. Sie sind des Geschlechts der Gratien/ oder Holdgöttinnen: weil Themis ihre Mutter/ die Gerechtigkeit/ und Nomos das Gesetz/ Dice die Billigkeit/ und Irene der Friede: welche drey/ als die Gesetze/ Gerechtigkeit und der Friede/ die Früchte und Gebäue bewahren und unterhalten/ da hingegen der Krieg/ Ungerechtigkeit und Zwietracht alles verderben und zunichte machen. So ists nun die Erhaltung der göttlichen Ordnung und burgerlichen Gesetze/ die sie zeuget und hervor bringet: sintemal Themis die Billig- oder Aufrichtigkeit/ welche die Natur selbst des Menschen Geiste eingedruckt/ bemerckt: und ist solche eben der Anfang/ woraus die Gesetze entstanden sind. Jupiter hat diese Aufrichtigkeit geehlicht: und sie ist von seinem Geschlecht: dann Gott ist rechtfertig und getreu. Jupiter/ der Vatter der Stunden/ mässiget die Lufft: das ist/ Gott bewahrt und erhält die Frommen/ und himmlisch gesinnte. Dann der Uberfluß wird gerne/ von der Frömmigkeit/ vergesellet/ wie der Hunger und die Theurung/ auf viel und grosse Sünden erfolgen. Also daß der Unterscheid der fruchtbaren oder magern Zeiten wol der helleste Spiegel ist/ der Menschen gute oder böse Wercke zu erkennen/ dergestalt kan man verstehen/ wie den Stunden/ die Thüren des Himmels zu bewahren anbefohlen seyn. Bey der Themis ist auch wol gewest das älteste Geheimnus/ oder Orakel/ allda man die Götter um Raht zu fragen pflegen. Allhier wollen wir nun den/ von ihr/ vorbedeuteten Thebischen Krieg beschreiben/ und den unglücklich- oder unseligen Oedipus vorstellen. Von der Themis Herkunft und Geburt. Themis und ihre Tochter des Jupiters Rahtgeberinnen. Vom Oedipus. OEdipus war ein Sohn Laius/ des Königs von Thebe/ und dieser ein Sohn des verstorbenen Königs Labdacus. Dieser Laius hatte zur Gemahlin seine Schwester von der Mutter/ oder die Schwester und Tochter des Creons/ so das schönste Weib war/ die man mit Augen sehen mögen/ Namens Jocasta. Nachdem diese geschwängert worden/ war der König Laius begierig zu wissen/ wie es dem Kinde/ so ihm von ihr solte geboren werden/ ergehen würde. Das Oraculum des Apollo zu Delphis/ antwortete ihme/ daß er von desselben Kindes Hand sterben solte. Weil er nun sich diese Antwort zu Hertzen zoge/ gab er das Kind/ so bald es geboren wurde/ einem von seiner Leib-Wacht/ oder andern Diener/ solches heimlich umzubringen: welcher aber nicht wolte ein Werckzeug seyn seines Herrn unmenschlicher Grausamkeit: und weil er gleichwol von seinem Gebot nicht gäntzlich abweichen durffte/ erwehlte er den Mittelweg/ nahm dannenhero das Kind/ durchstach ihm beyde Füßlein/ steckte ein Stricklein durch/ und hinge es darbey an einen Baum/ in einer Wildnus/ bey dem Berge Cytheron: in Meinung/ daß es hülfflos bald sterben solte/ allein Phorbas/ einer von des Königs Polybius (welchen Comes sonst Polybum nennet) von Corinthen seinen Hirten/ gieng ohngefehr allda vorbey/ und hörte dieses armen Kindleins Winselen/ lieff dannenhero hinzu/ und nachdem ers loß gemacht/ nahm er solches mit nach Corintho/ und gab es der Königin. Welche/ weil sie unfruchtbar war/ es auferzoch/ und in solchem Wehrt hielte/ als obs ihr vom Himmel zugesand wäre. Und weil ihm die Füsse wegen der Wunden geschwollen waren/ wurde es Oedipus/ das ist/ geschwollen-Fuß genennt: dann Oidein, (ὀιδεῖν) ist/ und bedeutet geschwellen/ und Pous/ einen Fuß. Einige sagen/ es habe der Vatter Laius ihme die Füsse selbst durchstochen/ und solches denen Thieren zum besten/ auf den Berg Cytheron/ aufzuhencken befohlen: welches aber die Botten nicht gethan/ sondern es der Königin von Corinthen geschencket hätten. Nachdem nun Oedipus zu Verstand und Jahren kommen/ und verstanden habe/ daß er nicht des Polybius/ (oder Polybus) Königs von Corinthen/ Sohn wäre/ nahm er sich vor/ zu erforschen/ wer sein Vatter gewest/ dahero er sich erhube nach dem Orakul des Apollo zu Delphis: welches ihme dann antwortete; daß er seinen Oedipus geboren/ wird durch die Füsse gestochen/ und an einen Baum gehangen.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 112]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/288>, abgerufen am 08.05.2024.