Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

Bild:
<< vorherige Seite

Vrsach/ warumben Judas ein Dieb worden.
keuschen Susannae tapfferer Widerstand den Sieg erhal-
ten; weilen aber diser gewissenlose Mensch die Lieb nicht
köndte finden/ also suchte/ vnd ersuchte er an statt Lieb/
Dieb.
Trohet ihr alsobald mit verstelltem Augesicht
den Todt/ wann sie nicht alsobalden ihr Gut vnd Gelt
hertrage. Nachdem sie mit vilen wainen vnd kläglicher
Entschuldigung bekennet/ daß ihr gantzer Reichthumb
bestehe in zwey Ducaten. Verlangte er von ihr einen
Strick/ zweiffels ohne die arme Haut darmit zu erdroß-
len/ welche dann im gantzen Hauß vmb keinen wuste/ aus-
ser dessen/ wormit ihr Esel im Stahl angebunden. Muste
also hierüber das betrangte Weib den Mörder in den
Stahl führen; woselbsten er den Strick mit aignen Hän-
den wolte herunder lösen. Weilen er aber etwas lang-
samb mit diser Arbeit vmbgangen/ so fallt dem Weib ein/
wie daß solcher gestalten besser seye vmbbringen/ als vmb-
gebracht werden. Forderist/ weilen solche Begebenheit/
ohne Belaydigung der Göttlichen vnd natürlichen Gebot-
ten/ solches zulasse. Besinnet sich demnach nicht länger/
vnd im wehrenden/ daß er den Strick herunder löset/ er-
greifft sie einen grossen Brügl/ der vngefehr an der Wand
lainte/ vnd versetzt ihm hinderwerts einen solchen Straich
auff den Kopff/ daß er zu Boden gefallen. Da er aber
wider auffzustehen sich bemühete/ widerholt sie die erste
Couraschi/ vnd gibt ihm also mit solchem dreydoppelten
hültzernen Willkomb den Rest/ den Cörper last sie selbi-
ge Nacht bey dem Esel ligen/ damit er ein gleichen Com-
pagno
hätte/ vnd danckt mit auffgehebten Händen dem
allmächtigen GOtt/ daß er sie in diser Noth nit verlassen.
Aber diser glorreiche Sieg verursachet nicht wenige Aeng-
sten in dem Hertzen diser Judith, in Erwögung/ daß man
ihr bey der hohen Obrigkeit kein Glauben werde erstatten/

auß

Vrſach/ warumben Judas ein Dieb worden.
keuſchen Suſannæ tapfferer Widerſtand den Sieg erhal-
ten; weilen aber diſer gewiſſenloſe Menſch die Lieb nicht
koͤndte finden/ alſo ſuchte/ vnd erſuchte er an ſtatt Lieb/
Dieb.
Trohet ihr alſobald mit verſtelltem Augeſicht
den Todt/ wann ſie nicht alſobalden ihr Gut vnd Gelt
hertrage. Nachdem ſie mit vilen wainen vnd klaͤglicher
Entſchuldigung bekennet/ daß ihr gantzer Reichthumb
beſtehe in zwey Ducaten. Verlangte er von ihr einen
Strick/ zweiffels ohne die arme Haut darmit zu erdroß-
len/ welche dann im gantzen Hauß vmb keinen wuſte/ auſ-
ſer deſſen/ wormit ihr Eſel im Stahl angebunden. Muſte
alſo hieruͤber das betrangte Weib den Moͤrder in den
Stahl fuͤhren; woſelbſten er den Strick mit aignen Haͤn-
den wolte herunder loͤſen. Weilen er aber etwas lang-
ſamb mit diſer Arbeit vmbgangen/ ſo fallt dem Weib ein/
wie daß ſolcher geſtalten beſſer ſeye vmbbringen/ als vmb-
gebracht werden. Forderiſt/ weilen ſolche Begebenheit/
ohne Belaydigung der Goͤttlichen vnd natuͤrlichen Gebot-
ten/ ſolches zulaſſe. Beſinnet ſich demnach nicht laͤnger/
vnd im wehrenden/ daß er den Strick herunder loͤſet/ er-
greifft ſie einen groſſen Bruͤgl/ der vngefehr an der Wand
lainte/ vnd verſetzt ihm hinderwerts einen ſolchen Straich
auff den Kopff/ daß er zu Boden gefallen. Da er aber
wider auffzuſtehen ſich bemuͤhete/ widerholt ſie die erſte
Couraſchi/ vnd gibt ihm alſo mit ſolchem dreydoppelten
huͤltzernen Willkomb den Reſt/ den Coͤrper laſt ſie ſelbi-
ge Nacht bey dem Eſel ligen/ damit er ein gleichen Com-
pagno
haͤtte/ vnd danckt mit auffgehebten Haͤnden dem
allmaͤchtigen GOtt/ daß er ſie in diſer Noth nit verlaſſen.
Aber diſer glorreiche Sieg verurſachet nicht wenige Aeng-
ſten in dem Hertzen diſer Judith, in Erwoͤgung/ daß man
ihr bey der hohen Obrigkeit kein Glauben werde erſtatten/

auß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0392" n="356"/><fw place="top" type="header">Vr&#x017F;ach/ warumben Judas ein Dieb worden.</fw><lb/>
keu&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Su&#x017F;annæ</hi> tapfferer Wider&#x017F;tand den Sieg erhal-<lb/>
ten; weilen aber di&#x017F;er gewi&#x017F;&#x017F;enlo&#x017F;e Men&#x017F;ch die Lieb nicht<lb/>
ko&#x0364;ndte finden/ al&#x017F;o &#x017F;uchte/ vnd er&#x017F;uchte er an &#x017F;tatt <hi rendition="#fr">Lieb/<lb/>
Dieb.</hi> Trohet ihr al&#x017F;obald mit ver&#x017F;telltem Auge&#x017F;icht<lb/>
den Todt/ wann &#x017F;ie nicht al&#x017F;obalden ihr Gut vnd Gelt<lb/>
hertrage. Nachdem &#x017F;ie mit vilen wainen vnd kla&#x0364;glicher<lb/>
Ent&#x017F;chuldigung bekennet/ daß ihr gantzer Reichthumb<lb/>
be&#x017F;tehe in zwey Ducaten. Verlangte er von ihr einen<lb/>
Strick/ zweiffels ohne die arme Haut darmit zu erdroß-<lb/>
len/ welche dann im gantzen Hauß vmb keinen wu&#x017F;te/ au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er de&#x017F;&#x017F;en/ wormit ihr E&#x017F;el im Stahl angebunden. Mu&#x017F;te<lb/>
al&#x017F;o hieru&#x0364;ber das betrangte Weib den Mo&#x0364;rder in den<lb/>
Stahl fu&#x0364;hren; wo&#x017F;elb&#x017F;ten er den Strick mit aignen Ha&#x0364;n-<lb/>
den wolte herunder lo&#x0364;&#x017F;en. Weilen er aber etwas lang-<lb/>
&#x017F;amb mit di&#x017F;er Arbeit vmbgangen/ &#x017F;o fallt dem Weib ein/<lb/>
wie daß &#x017F;olcher ge&#x017F;talten be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eye vmbbringen/ als vmb-<lb/>
gebracht werden. Forderi&#x017F;t/ weilen &#x017F;olche Begebenheit/<lb/>
ohne Belaydigung der Go&#x0364;ttlichen vnd natu&#x0364;rlichen Gebot-<lb/>
ten/ &#x017F;olches zula&#x017F;&#x017F;e. Be&#x017F;innet &#x017F;ich demnach nicht la&#x0364;nger/<lb/>
vnd im wehrenden/ daß er den Strick herunder lo&#x0364;&#x017F;et/ er-<lb/>
greifft &#x017F;ie einen gro&#x017F;&#x017F;en Bru&#x0364;gl/ der vngefehr an der Wand<lb/>
lainte/ vnd ver&#x017F;etzt ihm hinderwerts einen &#x017F;olchen Straich<lb/>
auff den Kopff/ daß er zu Boden gefallen. Da er aber<lb/>
wider auffzu&#x017F;tehen &#x017F;ich bemu&#x0364;hete/ widerholt &#x017F;ie die er&#x017F;te<lb/>
Coura&#x017F;chi/ vnd gibt ihm al&#x017F;o mit &#x017F;olchem dreydoppelten<lb/>
hu&#x0364;ltzernen <hi rendition="#fr">Willkomb</hi> den Re&#x017F;t/ den Co&#x0364;rper la&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;elbi-<lb/>
ge Nacht bey dem E&#x017F;el ligen/ damit er ein gleichen <hi rendition="#aq">Com-<lb/>
pagno</hi> ha&#x0364;tte/ vnd danckt mit auffgehebten Ha&#x0364;nden dem<lb/>
allma&#x0364;chtigen GOtt/ daß er &#x017F;ie in di&#x017F;er Noth nit verla&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Aber di&#x017F;er glorreiche Sieg verur&#x017F;achet nicht wenige Aeng-<lb/>
&#x017F;ten in dem Hertzen di&#x017F;er <hi rendition="#aq">Judith,</hi> in Erwo&#x0364;gung/ daß man<lb/>
ihr bey der hohen Obrigkeit kein Glauben werde er&#x017F;tatten/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auß</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0392] Vrſach/ warumben Judas ein Dieb worden. keuſchen Suſannæ tapfferer Widerſtand den Sieg erhal- ten; weilen aber diſer gewiſſenloſe Menſch die Lieb nicht koͤndte finden/ alſo ſuchte/ vnd erſuchte er an ſtatt Lieb/ Dieb. Trohet ihr alſobald mit verſtelltem Augeſicht den Todt/ wann ſie nicht alſobalden ihr Gut vnd Gelt hertrage. Nachdem ſie mit vilen wainen vnd klaͤglicher Entſchuldigung bekennet/ daß ihr gantzer Reichthumb beſtehe in zwey Ducaten. Verlangte er von ihr einen Strick/ zweiffels ohne die arme Haut darmit zu erdroß- len/ welche dann im gantzen Hauß vmb keinen wuſte/ auſ- ſer deſſen/ wormit ihr Eſel im Stahl angebunden. Muſte alſo hieruͤber das betrangte Weib den Moͤrder in den Stahl fuͤhren; woſelbſten er den Strick mit aignen Haͤn- den wolte herunder loͤſen. Weilen er aber etwas lang- ſamb mit diſer Arbeit vmbgangen/ ſo fallt dem Weib ein/ wie daß ſolcher geſtalten beſſer ſeye vmbbringen/ als vmb- gebracht werden. Forderiſt/ weilen ſolche Begebenheit/ ohne Belaydigung der Goͤttlichen vnd natuͤrlichen Gebot- ten/ ſolches zulaſſe. Beſinnet ſich demnach nicht laͤnger/ vnd im wehrenden/ daß er den Strick herunder loͤſet/ er- greifft ſie einen groſſen Bruͤgl/ der vngefehr an der Wand lainte/ vnd verſetzt ihm hinderwerts einen ſolchen Straich auff den Kopff/ daß er zu Boden gefallen. Da er aber wider auffzuſtehen ſich bemuͤhete/ widerholt ſie die erſte Couraſchi/ vnd gibt ihm alſo mit ſolchem dreydoppelten huͤltzernen Willkomb den Reſt/ den Coͤrper laſt ſie ſelbi- ge Nacht bey dem Eſel ligen/ damit er ein gleichen Com- pagno haͤtte/ vnd danckt mit auffgehebten Haͤnden dem allmaͤchtigen GOtt/ daß er ſie in diſer Noth nit verlaſſen. Aber diſer glorreiche Sieg verurſachet nicht wenige Aeng- ſten in dem Hertzen diſer Judith, in Erwoͤgung/ daß man ihr bey der hohen Obrigkeit kein Glauben werde erſtatten/ auß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/392
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/392>, abgerufen am 16.06.2024.