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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas will erst auf die letzt gut thun/
möglichst an sein sündiges Hertz geklopfft haben? Soll er
nit den Namen JEsus und Maria stets auf seiner Zun-
gen gehabt haben? O/ sagt mancher/ der solches lieset/ ich
will einen andern Tod nehmen/ ich will mich besser hier-
zu schicken etc. O elender Tropff/ wie weist du/ daß dir da-
zumal der allmächtige GOtt die Gnade werde geben/
dich recht zum Tod zu schicken? Ohne sondere seine Gnad
ist es nit möglich/ und solche Gnad aber ist gar unsicher/
aus viel tausenden/ die da übel gelebt haben/ ist kaum ei-
ner/ der die Gnade hat/ gut zu sterben Diesem unglückse-
ligen Menschen ware sein Miedl der einige Abgott/ wie
gelebt/ also gestorben: Nach seinem Tod hat man aus
vielen Sachen/ die sich bey nächtlicher Weile gezeigt/
leicht können abnehmen den ewigen Untergang seiner
Seelen.

Nonne Mors est sicut vita? Ech. Ita.

Bellisarius, der berühmte Kriegs-Held/ hat mit der
Kayserl. Armee die Stadt Orvieti ein gantzes Jahr hin-
durch belagert/ wordurch eine so grosse Hungers-Noth
in gantz Toscana entstanden/ zumalen der Bauersmann
dem Acker nit konnte vorstehen/ daß sich die meiste Leut
in das Gebürg begeben/ daselbsten die Aicheln zusam-
men gesammlet/ und selbige zu Mehl zerstossen/ folgsam
Brod daraus gebachen/ welches aber ihnen so übel ge-
deyet/ daß hiervon allerley Kranckheiten entsprungen/
ja die mehriste von solcher Aichel-Speiß im Tod dahin
de bello.
Goth. lib.
2.
gefallen. Procopius, welcher solche Geschicht umstän-
dig beschrieben/ setzt hinzu/ daß solches durch sonderer
Verhängnuß GOttes geschehen seye/ sicut bruta vixe-
runt, sicut bruta pereunt.
Dann diese Leute haben kein
anders Leben geführt/ als daß sie sich wie die Schwein
in dem Wust der schändlichen Wollüsten herum ge-
wätzlt/ weil sie dann wie die Schwein gelebt/ so dann hat
GOtt zugelassen/ daß sie wie die Schwein verreckten.

O Pa-

Judas will erſt auf die letzt gut thun/
moͤglichſt an ſein ſuͤndiges Hertz geklopfft haben? Soll er
nit den Namen JEſus und Maria ſtets auf ſeiner Zun-
gen gehabt haben? O/ ſagt mancher/ der ſolches lieſet/ ich
will einen andern Tod nehmen/ ich will mich beſſer hier-
zu ſchicken ꝛc. O elender Tropff/ wie weiſt du/ daß dir da-
zumal der allmaͤchtige GOtt die Gnade werde geben/
dich recht zum Tod zu ſchicken? Ohne ſondere ſeine Gnad
iſt es nit moͤglich/ und ſolche Gnad aber iſt gar unſicher/
aus viel tauſenden/ die da uͤbel gelebt haben/ iſt kaum ei-
ner/ der die Gnade hat/ gut zu ſterben Dieſem ungluͤckſe-
ligen Menſchen ware ſein Miedl der einige Abgott/ wie
gelebt/ alſo geſtorben: Nach ſeinem Tod hat man aus
vielen Sachen/ die ſich bey naͤchtlicher Weile gezeigt/
leicht koͤnnen abnehmen den ewigen Untergang ſeiner
Seelen.

Nonne Mors eſt ſicut vita? Ech. Ita.

Belliſarius, der beruͤhmte Kriegs-Held/ hat mit der
Kayſerl. Armee die Stadt Orvieti ein gantzes Jahr hin-
durch belagert/ wordurch eine ſo groſſe Hungers-Noth
in gantz Toſcana entſtanden/ zumalen der Bauersmann
dem Acker nit konnte vorſtehen/ daß ſich die meiſte Leut
in das Gebuͤrg begeben/ daſelbſten die Aicheln zuſam-
men geſammlet/ und ſelbige zu Mehl zerſtoſſen/ folgſam
Brod daraus gebachen/ welches aber ihnen ſo uͤbel ge-
deyet/ daß hiervon allerley Kranckheiten entſprungen/
ja die mehriſte von ſolcher Aichel-Speiß im Tod dahin
de bello.
Goth. lib.
2.
gefallen. Procopius, welcher ſolche Geſchicht umſtaͤn-
dig beſchrieben/ ſetzt hinzu/ daß ſolches durch ſonderer
Verhaͤngnuß GOttes geſchehen ſeye/ ſicut bruta vixe-
runt, ſicut bruta pereunt.
Dann dieſe Leute haben kein
anders Leben gefuͤhrt/ als daß ſie ſich wie die Schwein
in dem Wuſt der ſchaͤndlichen Wolluͤſten herum ge-
waͤtzlt/ weil ſie dann wie die Schwein gelebt/ ſo dann hat
GOtt zugelaſſen/ daß ſie wie die Schwein verreckten.

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[432/0464] Judas will erſt auf die letzt gut thun/ moͤglichſt an ſein ſuͤndiges Hertz geklopfft haben? Soll er nit den Namen JEſus und Maria ſtets auf ſeiner Zun- gen gehabt haben? O/ ſagt mancher/ der ſolches lieſet/ ich will einen andern Tod nehmen/ ich will mich beſſer hier- zu ſchicken ꝛc. O elender Tropff/ wie weiſt du/ daß dir da- zumal der allmaͤchtige GOtt die Gnade werde geben/ dich recht zum Tod zu ſchicken? Ohne ſondere ſeine Gnad iſt es nit moͤglich/ und ſolche Gnad aber iſt gar unſicher/ aus viel tauſenden/ die da uͤbel gelebt haben/ iſt kaum ei- ner/ der die Gnade hat/ gut zu ſterben Dieſem ungluͤckſe- ligen Menſchen ware ſein Miedl der einige Abgott/ wie gelebt/ alſo geſtorben: Nach ſeinem Tod hat man aus vielen Sachen/ die ſich bey naͤchtlicher Weile gezeigt/ leicht koͤnnen abnehmen den ewigen Untergang ſeiner Seelen. Nonne Mors eſt ſicut vita? Ech. Ita. Belliſarius, der beruͤhmte Kriegs-Held/ hat mit der Kayſerl. Armee die Stadt Orvieti ein gantzes Jahr hin- durch belagert/ wordurch eine ſo groſſe Hungers-Noth in gantz Toſcana entſtanden/ zumalen der Bauersmann dem Acker nit konnte vorſtehen/ daß ſich die meiſte Leut in das Gebuͤrg begeben/ daſelbſten die Aicheln zuſam- men geſammlet/ und ſelbige zu Mehl zerſtoſſen/ folgſam Brod daraus gebachen/ welches aber ihnen ſo uͤbel ge- deyet/ daß hiervon allerley Kranckheiten entſprungen/ ja die mehriſte von ſolcher Aichel-Speiß im Tod dahin gefallen. Procopius, welcher ſolche Geſchicht umſtaͤn- dig beſchrieben/ ſetzt hinzu/ daß ſolches durch ſonderer Verhaͤngnuß GOttes geſchehen ſeye/ ſicut bruta vixe- runt, ſicut bruta pereunt. Dann dieſe Leute haben kein anders Leben gefuͤhrt/ als daß ſie ſich wie die Schwein in dem Wuſt der ſchaͤndlichen Wolluͤſten herum ge- waͤtzlt/ weil ſie dann wie die Schwein gelebt/ ſo dann hat GOtt zugelaſſen/ daß ſie wie die Schwein verreckten. de bello. Goth. lib. 2. O Pa-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/464>, abgerufen am 28.11.2024.