Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

damit er JEsum in die Händ der Feind liefern möge
te Brocken geniessen/ wann ich nur einen schönen Procath kan
tragen; ich will lieber mit einer Wassersuppen verlieb nehmen/
wann ich nur einen gewässerten Taffet am Leib habe; ich will
lieber rockene Knödel oder Knöpffle essen/ wann ich nur ein
sauberen Rock kan haben/ Gewiß ist es daß viel Weiber
einen Fasttag am Maul haben/ damit sie nur einen Festtag in
Kleidern haben/ und folgsam den Leib mit Abbruch und Mässig-
keit casteyen wegen des Teuffels; wann sie es wegen GOtt thä-
ten/ wurden sie derentwgen von dem Allerhöchsten ein sondere
Cron darvon tragen.

Vor etlichen Jahren ware zu Wienn/ in unserer grossen Hof-
Kirchen ein bsondere Solemnität/ bey welcher ein Menge des
Volcks erschienen/ und folgsam ein starckes Gedräng unter den
Leuten/ unter welchen sich auch neben andern ein Weibs-Bild
hat eingefunden/ die da in einem sehr prächtigen Aufzug daher gan-
gen/ weil nun bey solchem Gedräng die Dieb gemeiniglich den be-
sten Marckt haben/ also hat es an dergleichen Bößwicht damal auch
nicht gemanglet unter denen einer so freventlich gewesen/ daß er in
Mitte des Gedrengs besagtem Weibs-Bild mit einer Scheer den
gantzen Theil des schönen Ober-Rocks von hinden her völlig abge-
schnitten und solches sie im geringsten nicht wargenommen/ biß sie
nach einem kleinen Verlauff des Volcks zu der Kirchen-Thür hin
aus gangen und durch das ungestümme Gelächter des Volcks un-
ter den Handel kommen/ alle konten nicht gnugsam das Maul aufreis-
sen über diese elende Hoffart/ dann es ihr weit übler angestanden als
den Davidischen Gesandten/ so fast dergleichen Schmach von
dem Amonischen König erlitten/ massen sie/ wie die Anwesende
bekennt/ ein so elendes Unter-Röckel getragen/ daß man mehrer
Fleck an demselben gezehlt/ als der Jacob an den Schaafen des La-
bans: die allerschlechtigste Tändler-Buthen war mit besserer Wahr
versehen/ als dieses Unter-Kleid; die alten Lumpen/ wormit der Pro-
phet Jeremias aus der tieffen Gruben gezogen worden/ waren
bey weiten nicht so schlecht/ wie dieser Küttel/ zweiffels ohne/ wann sie

bey
Pars IV. T t t

damit er JEſum in die Haͤnd der Feind liefern moͤge
te Brocken genieſſen/ wann ich nur einen ſchoͤnen Procath kan
tragen; ich will lieber mit einer Waſſerſuppen verlieb nehmen/
wann ich nur einen gewaͤſſerten Taffet am Leib habe; ich will
lieber rockene Knoͤdel oder Knoͤpffle eſſen/ wann ich nur ein
ſauberen Rock kan haben/ Gewiß iſt es daß viel Weiber
einen Faſttag am Maul haben/ damit ſie nur einen Feſttag in
Kleidern haben/ und folgſam den Leib mit Abbruch und Maͤſſig-
keit caſteyen wegen des Teuffels; wann ſie es wegen GOtt thaͤ-
ten/ wurden ſie derentwgen von dem Allerhoͤchſten ein ſondere
Cron darvon tragen.

Vor etlichen Jahren ware zu Wienn/ in unſerer groſſen Hof-
Kirchen ein bſondere Solemnitaͤt/ bey welcher ein Menge des
Volcks erſchienen/ und folgſam ein ſtarckes Gedraͤng unter den
Leuten/ unter welchen ſich auch neben andern ein Weibs-Bild
hat eingefunden/ die da in einem ſehr praͤchtigen Aufzug daher gan-
gen/ weil nun bey ſolchem Gedraͤng die Dieb gemeiniglich den be-
ſten Marckt haben/ alſo hat es an dergleichen Boͤßwicht damal auch
nicht gemanglet unter denen einer ſo freventlich geweſen/ daß er in
Mitte des Gedrengs beſagtem Weibs-Bild mit einer Scheer den
gantzen Theil des ſchoͤnen Ober-Rocks von hinden her voͤllig abge-
ſchnitten und ſolches ſie im geringſten nicht wargenommen/ biß ſie
nach einem kleinen Verlauff des Volcks zu der Kirchen-Thuͤr hin
aus gangen und durch das ungeſtuͤmme Gelaͤchter des Volcks un-
ter den Handel kom̃en/ alle konten nicht gnugſam das Maul aufreiſ-
ſen uͤber dieſe elende Hoffart/ dann es ihr weit uͤbler angeſtanden als
den Davidiſchen Geſandten/ ſo faſt dergleichen Schmach von
dem Amoniſchen Koͤnig erlitten/ maſſen ſie/ wie die Anweſende
bekennt/ ein ſo elendes Unter-Roͤckel getragen/ daß man mehrer
Fleck an demſelben gezehlt/ als der Jacob an den Schaafen des La-
bans: die allerſchlechtigſte Taͤndler-Buthen war mit beſſerer Wahr
verſehen/ als dieſes Unter-Kleid; die alten Lumpen/ wormit der Pro-
phet Jeremias aus der tieffen Gruben gezogen worden/ waren
bey weiten nicht ſo ſchlecht/ wie dieſer Kuͤttel/ zweiffels ohne/ wann ſie

bey
Pars IV. T t t
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0525" n="513"/><fw type="header" place="top">damit er JE&#x017F;um in die Ha&#x0364;nd der Feind liefern mo&#x0364;ge</fw><lb/>
te Brocken genie&#x017F;&#x017F;en/ wann ich nur einen &#x017F;cho&#x0364;nen Procath kan<lb/>
tragen; ich will lieber mit einer Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;uppen verlieb nehmen/<lb/>
wann ich nur einen gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erten Taffet am Leib habe; ich will<lb/>
lieber rockene Kno&#x0364;del oder Kno&#x0364;pffle e&#x017F;&#x017F;en/ wann ich nur ein<lb/>
&#x017F;auberen Rock kan haben/ Gewiß i&#x017F;t es daß viel Weiber<lb/>
einen Fa&#x017F;ttag am Maul haben/ damit &#x017F;ie nur einen Fe&#x017F;ttag in<lb/>
Kleidern haben/ und folg&#x017F;am den Leib mit Abbruch und Ma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig-<lb/>
keit ca&#x017F;teyen wegen des Teuffels; wann &#x017F;ie es wegen GOtt tha&#x0364;-<lb/>
ten/ wurden &#x017F;ie derentwgen von dem Allerho&#x0364;ch&#x017F;ten ein &#x017F;ondere<lb/>
Cron darvon tragen.</p><lb/>
        <p>Vor etlichen Jahren ware zu Wienn/ in un&#x017F;erer gro&#x017F;&#x017F;en Hof-<lb/>
Kirchen ein b&#x017F;ondere <hi rendition="#aq">Solemni</hi>ta&#x0364;t/ bey welcher ein Menge des<lb/>
Volcks er&#x017F;chienen/ und folg&#x017F;am ein &#x017F;tarckes Gedra&#x0364;ng unter den<lb/>
Leuten/ unter welchen &#x017F;ich auch neben andern ein Weibs-Bild<lb/>
hat eingefunden/ die da in einem &#x017F;ehr pra&#x0364;chtigen Aufzug daher gan-<lb/>
gen/ weil nun bey &#x017F;olchem Gedra&#x0364;ng die Dieb gemeiniglich den be-<lb/>
&#x017F;ten Marckt haben/ al&#x017F;o hat es an dergleichen Bo&#x0364;ßwicht damal auch<lb/>
nicht gemanglet unter denen einer &#x017F;o freventlich gewe&#x017F;en/ daß er in<lb/>
Mitte des Gedrengs be&#x017F;agtem Weibs-Bild mit einer Scheer den<lb/>
gantzen Theil des &#x017F;cho&#x0364;nen Ober-Rocks von hinden her vo&#x0364;llig abge-<lb/>
&#x017F;chnitten und &#x017F;olches &#x017F;ie im gering&#x017F;ten nicht wargenommen/ biß &#x017F;ie<lb/>
nach einem kleinen Verlauff des Volcks zu der Kirchen-Thu&#x0364;r hin<lb/>
aus gangen und durch das unge&#x017F;tu&#x0364;mme Gela&#x0364;chter des Volcks un-<lb/>
ter den Handel kom&#x0303;en/ alle konten nicht gnug&#x017F;am das Maul aufrei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en u&#x0364;ber die&#x017F;e elende Hoffart/ dann es ihr weit u&#x0364;bler ange&#x017F;tanden als<lb/>
den Davidi&#x017F;chen Ge&#x017F;andten/ &#x017F;o fa&#x017F;t dergleichen Schmach von<lb/>
dem Amoni&#x017F;chen Ko&#x0364;nig erlitten/ ma&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie/ wie die Anwe&#x017F;ende<lb/>
bekennt/ ein &#x017F;o elendes <hi rendition="#fr">U</hi>nter-Ro&#x0364;ckel getragen/ daß man mehrer<lb/>
Fleck an dem&#x017F;elben gezehlt/ als der Jacob an den Schaafen des La-<lb/>
bans: die aller&#x017F;chlechtig&#x017F;te Ta&#x0364;ndler-Buthen war mit be&#x017F;&#x017F;erer Wahr<lb/>
ver&#x017F;ehen/ als die&#x017F;es <hi rendition="#fr">U</hi>nter-Kleid; die alten Lumpen/ wormit der Pro-<lb/>
phet Jeremias aus der tieffen Gruben gezogen worden/ waren<lb/>
bey weiten nicht &#x017F;o &#x017F;chlecht/ wie die&#x017F;er Ku&#x0364;ttel/ zweiffels ohne/ wann &#x017F;ie<lb/>
<fw type="sig" place="bottom"><hi rendition="#aq">Pars IV.</hi> T t t</fw><fw type="catch" place="bottom">bey</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[513/0525] damit er JEſum in die Haͤnd der Feind liefern moͤge te Brocken genieſſen/ wann ich nur einen ſchoͤnen Procath kan tragen; ich will lieber mit einer Waſſerſuppen verlieb nehmen/ wann ich nur einen gewaͤſſerten Taffet am Leib habe; ich will lieber rockene Knoͤdel oder Knoͤpffle eſſen/ wann ich nur ein ſauberen Rock kan haben/ Gewiß iſt es daß viel Weiber einen Faſttag am Maul haben/ damit ſie nur einen Feſttag in Kleidern haben/ und folgſam den Leib mit Abbruch und Maͤſſig- keit caſteyen wegen des Teuffels; wann ſie es wegen GOtt thaͤ- ten/ wurden ſie derentwgen von dem Allerhoͤchſten ein ſondere Cron darvon tragen. Vor etlichen Jahren ware zu Wienn/ in unſerer groſſen Hof- Kirchen ein bſondere Solemnitaͤt/ bey welcher ein Menge des Volcks erſchienen/ und folgſam ein ſtarckes Gedraͤng unter den Leuten/ unter welchen ſich auch neben andern ein Weibs-Bild hat eingefunden/ die da in einem ſehr praͤchtigen Aufzug daher gan- gen/ weil nun bey ſolchem Gedraͤng die Dieb gemeiniglich den be- ſten Marckt haben/ alſo hat es an dergleichen Boͤßwicht damal auch nicht gemanglet unter denen einer ſo freventlich geweſen/ daß er in Mitte des Gedrengs beſagtem Weibs-Bild mit einer Scheer den gantzen Theil des ſchoͤnen Ober-Rocks von hinden her voͤllig abge- ſchnitten und ſolches ſie im geringſten nicht wargenommen/ biß ſie nach einem kleinen Verlauff des Volcks zu der Kirchen-Thuͤr hin aus gangen und durch das ungeſtuͤmme Gelaͤchter des Volcks un- ter den Handel kom̃en/ alle konten nicht gnugſam das Maul aufreiſ- ſen uͤber dieſe elende Hoffart/ dann es ihr weit uͤbler angeſtanden als den Davidiſchen Geſandten/ ſo faſt dergleichen Schmach von dem Amoniſchen Koͤnig erlitten/ maſſen ſie/ wie die Anweſende bekennt/ ein ſo elendes Unter-Roͤckel getragen/ daß man mehrer Fleck an demſelben gezehlt/ als der Jacob an den Schaafen des La- bans: die allerſchlechtigſte Taͤndler-Buthen war mit beſſerer Wahr verſehen/ als dieſes Unter-Kleid; die alten Lumpen/ wormit der Pro- phet Jeremias aus der tieffen Gruben gezogen worden/ waren bey weiten nicht ſo ſchlecht/ wie dieſer Kuͤttel/ zweiffels ohne/ wann ſie bey Pars IV. T t t

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/525
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/525>, abgerufen am 05.12.2024.