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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Vier und Zwantzigste Geistliche Lection
Seel saubern/ und vor meinem Angesicht lieblich/ schön und annemb-
lich machen: diese obangezogene Warheit wird mit folgendem Exempel be-
In vit?
Oper.
praefixa.
Historia.
kräfftiget: Taulerus ein gottselig- und Gelehrter Doctor auß dem Orden
deß H. Dominici wird mit einem Schlag-Fluß getroffen/ und gibt nach auß-
gestandener zwantzig tägiger sehr schmertzlicher Schwacheit den Geist auff:
nicht lang nach seinem Todt erscheinet er einem sichern frommen Mann/ wel-
cher auß Befelch Gottes/ die Ursach seiner Heiligkeit gewesen ware/ und ihm
auch in seinen letzten Nöthen beygestanden hatte: da er nun von selbigem ge-
fragt wird/ warumb er nach so langwiriger und schmertzhaffter Kranckheit
sein Leben mit einem so erschröcklichen Ende beschlossen habe; daß auch viele
von seiner Seeligkeit zu zweifflen angefangen: gibt er zur Antwort/ daß die-
ses derhalben geschehen seye/ damit es von dem Feegfeuer unverletzt die himm-
lische Wohnung habe beziehen mögen: im übrigen sagt er./ bin ich von den
Teufflen eben vor meinem Hinscheiden dergestalt geängstiget worden/ daß ich
bald in eine Verzweifflung gerathen wäre: es hat mir aber der gütige Gott
eben zur selben Zeit seine Engelen gesendet/ von denen ich in den Vorhoff deß
Himmels getragen/ und mir daselbst 5. Tag lang zu verbleiben befohlen wor-
den; hab aber keine andere Schmertzen erlitten./ als die jenige/ so da auß der
Begierde Gott zu sehen/ verursachet werden.

10. Weiters werden durch Creutz und Leiden auch die Tugenden eingt-
In Ps. 21.pflantzet und vermehret: dan nach Zeugnuß deß H. Aug seynd in dem Fewer
keine veränderliche Naturen/ und gleichwohl verändert selbiges das Strohe
in Aschen; dem Golt aber benimbt es nur seine Unreinigkeit. Die jenige in
welchen Gott wohnet/ werden in den Widerwärtigkeiten gebessert/ und gleich
Jacob. 1.
v.
2.
wie das Golt probirt: darumb sagt der H. Jacobus. Meine liebe Bru-
der/ haltet es fur lauter Freude/ wann ihr in mancherley
Versuchungen fallet: und wisset/ daß die Bewehrung ewe-
res Glaubenns Gedult wircket: die Gedult aber hat ein voll-
kommen Werck:
auch werden wir vermittelst der Trübsalen unseres ewi-
Instit.
spirit. c.
8.
gen Heyls versichert: zumahlen nach Aussag deß gottseligen Blosii, kein ge-
wisseres Zeichen der Außerwählung gefunden wird/ als wan der Mensch die
vorfallende Widerwärtigkeiten umb Gottes willen demütiglich und gedültig-
lich traget; dan dieser ist der kostbahre Ring/ mit dem sich Gott die Seelen sei-
[H] 21. mora[.]
c.
4.
ner Außerwählten vermählet: und gleich wie ein Kalb/ sagt gar schön der H.
Gregorius/ dessen man sich zum arbeiten zu gebrauchen gedenckt/ kurtz gehal-
ten/ und zogbar gemacht: daß man aber schlachten will/ in den freyen Weiden
feist gemacht wird: und gleich wie die fruchtbare Bäum in der Versamblung
der Früchten geschüttelt/ zerrissen und beraubet/ und dannoch am längsten

beym

Die Vier und Zwantzigſte Geiſtliche Lection
Seel ſaubern/ und vor meinem Angeſicht lieblich/ ſchoͤn und annemb-
lich machen: dieſe obangezogene Warheit wird mit folgendem Exempel be-
In vit?
Oper.
præfixa.
Hiſtoria.
kraͤfftiget: Taulerus ein gottſelig- und Gelehrter Doctor auß dem Orden
deß H. Dominici wird mit einem Schlag-Fluß getroffen/ und gibt nach auß-
geſtandener zwantzig taͤgiger ſehr ſchmertzlicher Schwacheit den Geiſt auff:
nicht lang nach ſeinem Todt erſcheinet er einem ſichern frommen Mann/ wel-
cher auß Befelch Gottes/ die Urſach ſeiner Heiligkeit geweſen ware/ und ihm
auch in ſeinen letzten Noͤthen beygeſtanden hatte: da er nun von ſelbigem ge-
fragt wird/ warumb er nach ſo langwiriger und ſchmertzhaffter Kranckheit
ſein Leben mit einem ſo erſchroͤcklichen Ende beſchloſſen habe; daß auch viele
von ſeiner Seeligkeit zu zweifflen angefangen: gibt er zur Antwort/ daß die-
ſes derhalben geſchehen ſeye/ damit es von dem Feegfeuer unverletzt die himm-
liſche Wohnung habe beziehen moͤgen: im uͤbrigen ſagt er./ bin ich von den
Teufflen eben vor meinem Hinſcheiden dergeſtalt geaͤngſtiget worden/ daß ich
bald in eine Verzweifflung gerathen waͤre: es hat mir aber der guͤtige Gott
eben zur ſelben Zeit ſeine Engelen geſendet/ von denen ich in den Vorhoff deß
Himmels getragen/ und mir daſelbſt 5. Tag lang zu verbleiben befohlen wor-
den; hab aber keine andere Schmertzen erlitten./ als die jenige/ ſo da auß der
Begierde Gott zu ſehen/ verurſachet werden.

10. Weiters werden durch Creutz und Leiden auch die Tugenden eingt-
In Pſ. 21.pflantzet und vermehret: dan nach Zeugnuß deß H. Aug ſeynd in dem Fewer
keine veraͤnderliche Naturen/ und gleichwohl veraͤndert ſelbiges das Strohe
in Aſchen; dem Golt aber benimbt es nur ſeine Unreinigkeit. Die jenige in
welchen Gott wohnet/ werden in den Widerwaͤrtigkeiten gebeſſert/ und gleich
Jacob. 1.
v.
2.
wie das Golt probirt: darumb ſagt der H. Jacobus. Meine liebe Brů-
der/ haltet es fůr lauter Freude/ wann ihr in mancherley
Verſuchungen fallet: und wiſſet/ daß die Bewehrung ewe-
res Glaubẽns Gedult wircket: die Gedult aber hat ein voll-
kommen Werck:
auch werden wir vermittelſt der Truͤbſalen unſeres ewi-
Inſtit.
ſpirit. c.
8.
gen Heyls verſichert: zumahlen nach Auſſag deß gottſeligen Bloſii, kein ge-
wiſſeres Zeichen der Außerwaͤhlung gefunden wird/ als wan der Menſch die
vorfallende Widerwaͤrtigkeiten umb Gottes willen demuͤtiglich und geduͤltig-
lich traget; dan dieſer iſt der koſtbahre Ring/ mit dem ſich Gott die Seelen ſei-
[H] 21. mora[.]
c.
4.
ner Außerwaͤhlten vermaͤhlet: und gleich wie ein Kalb/ ſagt gar ſchoͤn der H.
Gregorius/ deſſen man ſich zum arbeiten zu gebrauchen gedenckt/ kurtz gehal-
ten/ und zogbar gemacht: daß man aber ſchlachten will/ in den freyen Weiden
feiſt gemacht wird: und gleich wie die fruchtbare Baͤum in der Verſamblung
der Fruͤchten geſchuͤttelt/ zerriſſen und beraubet/ und dannoch am laͤngſten

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[300/0328] Die Vier und Zwantzigſte Geiſtliche Lection Seel ſaubern/ und vor meinem Angeſicht lieblich/ ſchoͤn und annemb- lich machen: dieſe obangezogene Warheit wird mit folgendem Exempel be- kraͤfftiget: Taulerus ein gottſelig- und Gelehrter Doctor auß dem Orden deß H. Dominici wird mit einem Schlag-Fluß getroffen/ und gibt nach auß- geſtandener zwantzig taͤgiger ſehr ſchmertzlicher Schwacheit den Geiſt auff: nicht lang nach ſeinem Todt erſcheinet er einem ſichern frommen Mann/ wel- cher auß Befelch Gottes/ die Urſach ſeiner Heiligkeit geweſen ware/ und ihm auch in ſeinen letzten Noͤthen beygeſtanden hatte: da er nun von ſelbigem ge- fragt wird/ warumb er nach ſo langwiriger und ſchmertzhaffter Kranckheit ſein Leben mit einem ſo erſchroͤcklichen Ende beſchloſſen habe; daß auch viele von ſeiner Seeligkeit zu zweifflen angefangen: gibt er zur Antwort/ daß die- ſes derhalben geſchehen ſeye/ damit es von dem Feegfeuer unverletzt die himm- liſche Wohnung habe beziehen moͤgen: im uͤbrigen ſagt er./ bin ich von den Teufflen eben vor meinem Hinſcheiden dergeſtalt geaͤngſtiget worden/ daß ich bald in eine Verzweifflung gerathen waͤre: es hat mir aber der guͤtige Gott eben zur ſelben Zeit ſeine Engelen geſendet/ von denen ich in den Vorhoff deß Himmels getragen/ und mir daſelbſt 5. Tag lang zu verbleiben befohlen wor- den; hab aber keine andere Schmertzen erlitten./ als die jenige/ ſo da auß der Begierde Gott zu ſehen/ verurſachet werden. In vit? Oper. præfixa. Hiſtoria. 10. Weiters werden durch Creutz und Leiden auch die Tugenden eingt- pflantzet und vermehret: dan nach Zeugnuß deß H. Aug ſeynd in dem Fewer keine veraͤnderliche Naturen/ und gleichwohl veraͤndert ſelbiges das Strohe in Aſchen; dem Golt aber benimbt es nur ſeine Unreinigkeit. Die jenige in welchen Gott wohnet/ werden in den Widerwaͤrtigkeiten gebeſſert/ und gleich wie das Golt probirt: darumb ſagt der H. Jacobus. Meine liebe Brů- der/ haltet es fůr lauter Freude/ wann ihr in mancherley Verſuchungen fallet: und wiſſet/ daß die Bewehrung ewe- res Glaubẽns Gedult wircket: die Gedult aber hat ein voll- kommen Werck: auch werden wir vermittelſt der Truͤbſalen unſeres ewi- gen Heyls verſichert: zumahlen nach Auſſag deß gottſeligen Bloſii, kein ge- wiſſeres Zeichen der Außerwaͤhlung gefunden wird/ als wan der Menſch die vorfallende Widerwaͤrtigkeiten umb Gottes willen demuͤtiglich und geduͤltig- lich traget; dan dieſer iſt der koſtbahre Ring/ mit dem ſich Gott die Seelen ſei- ner Außerwaͤhlten vermaͤhlet: und gleich wie ein Kalb/ ſagt gar ſchoͤn der H. Gregorius/ deſſen man ſich zum arbeiten zu gebrauchen gedenckt/ kurtz gehal- ten/ und zogbar gemacht: daß man aber ſchlachten will/ in den freyen Weiden feiſt gemacht wird: und gleich wie die fruchtbare Baͤum in der Verſamblung der Fruͤchten geſchuͤttelt/ zerriſſen und beraubet/ und dannoch am laͤngſten beym In Pſ. 21. Jacob. 1. v. 2. Inſtit. ſpirit. c. 8. H 21. mora. c. 4.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/328>, abgerufen am 27.11.2024.