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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Acht und zwantzigste Geistliche Lection
wohl-Leben nötig ist. Der gute Will aber bestehet darin/ daß wir alle Sün-
den zu fliehen/ uns embsig bemühen: und wann wir zu zeiten fallen/ alsbald
wiederumb auffstehen/ und uns festiglich fürnehmen/ die begangene Fehler
fortan mit mehrerem Eyffer zu bessern. Diese Ubung gefallet GOtt über alle
massen. Dahero meldet der Gottseelige Blosius von der H. Gertrudis/ daß
C. [p.]mon
Spir.
selbige wegen einer geringen Unvollkommenheit über sich selbsten sehr geeiffert/
und vom Herrn begehrt habe/ er wolle doch selbige Unvollkommenheit an ihr
gäntzlich bessern und vernichtigen: der HErr aber habe seiner lieben Braut
in aller Freundlichkeit geantwortet: wolstu dann/ daß ich einer grossen Eh-
ren/ und du eines grossen Lohns beraubet würdest? du verdienst eine An-
schnliche Belohnung/ so offt du diese/ und dergleichen Fehler erkennest/ und
dir vornimbst/ dieselbe zu besseren: und so offt ein Mensche sich bemühet/
mir zu lieb seine Mängel zu überwinden; so erzeigt derselbige mir so grosse
Ehr/ und leistet mir so grosse Treu/ als ein tapfferer Soldat seinem Obri-
sten erweiset/ wann er sich im Kriegen seinem Feind mit grossem Muth wi-
dersetzte/ und denselben überwindete.

12. Es muß auch ein Mensch/ der gutes Willens ist/ nicht alsbald ver-
zagen/ wann er schon bißweilen mehr auß Schwachheit/ als Bößheit auch
in einige grobe Sünden fallet: sondern er muß alsbald hurtig wiederumb
auffstehen/ sich eines bessern Wandels befleissen/ und immerzu den guten
Willen/ nicht mehr zu sündigen behalten/ dann GOtt so gütig ist/ daß er
gleichsamb gezwungen werde/ krafft seiner Gütigkeit/ sich über die jenige
zu erbarmen/ die eines guten Willen seynd; welches auß folgender Histori
Drex. in
Trib. L. 2.
c. 8. §. 1.
Historia.
klärlich bewiesen wird. Sanet Brigitta auß Schweden/ ein heilige Witt-
we/ zog Pilgrambs-Weiß mit ihrem Sohn Carl ins heilige Land: der
Sohn starb unterwegen zu Neapol: die Mutter kam gen Hierusalem/ alda
sie durch embsiges Gebett/ in sonderbahre geheime Lieb und Freundschafft
mit Christo dem HErrn kommen: und wie dann der gütigste GOtt sich
von den Seinigen in Freygebigkeit nicht lasset überwinden; also begabte er
diese H. Wittib mit sonderlichen Gnaden: sintemahl sie in allen Dingen dieß
allein suchte/ wie sie Christo am besten gefallen mögte. Weil aber diese Wit-
tib gegen den den Heyland und dessen werthe Mutter höchste Andacht truge;
verlangte sie sonderlich zu wissen/ wie es doch umb ihren verstorbenen Sohn
in jener Welt stünde: darumb hatte sie wachend und bettend ein solche Er-
scheinung.

13. Sie höret eine Stimm/ die sprach zu ihr: Brigitta/ auß GOttes
Gnaden ist dir jetzt erlaubt zu sehen und anzuhören/ was über deinen Sohn

im

Die Acht und zwantzigſte Geiſtliche Lection
wohl-Leben noͤtig iſt. Der gute Will aber beſtehet darin/ daß wir alle Suͤn-
den zu fliehen/ uns embſig bemuͤhen: und wann wir zu zeiten fallen/ alsbald
wiederumb auffſtehen/ und uns feſtiglich fuͤrnehmen/ die begangene Fehler
fortan mit mehrerem Eyffer zu beſſern. Dieſe Ubung gefallet GOtt uͤber alle
maſſen. Dahero meldet der Gottſeelige Bloſius von der H. Gertrudis/ daß
C. [p.]mon
Spir.
ſelbige wegen einer geringen Unvollkom̃enheit uͤber ſich ſelbſten ſehr geeiffert/
und vom Herrn begehrt habe/ er wolle doch ſelbige Unvollkommenheit an ihr
gaͤntzlich beſſern und vernichtigen: der HErr aber habe ſeiner lieben Braut
in aller Freundlichkeit geantwortet: wolſtu dann/ daß ich einer groſſen Eh-
ren/ und du eines groſſen Lohns beraubet wuͤrdeſt? du verdienſt eine An-
ſchnliche Belohnung/ ſo offt du dieſe/ und dergleichen Fehler erkenneſt/ und
dir vornimbſt/ dieſelbe zu beſſeren: und ſo offt ein Menſche ſich bemuͤhet/
mir zu lieb ſeine Maͤngel zu uͤberwinden; ſo erzeigt derſelbige mir ſo groſſe
Ehr/ und leiſtet mir ſo groſſe Treu/ als ein tapfferer Soldat ſeinem Obri-
ſten erweiſet/ wann er ſich im Kriegen ſeinem Feind mit groſſem Muth wi-
derſetzte/ und denſelben uͤberwindete.

12. Es muß auch ein Menſch/ der gutes Willens iſt/ nicht alsbald ver-
zagen/ wann er ſchon bißweilen mehr auß Schwachheit/ als Boͤßheit auch
in einige grobe Suͤnden fallet: ſondern er muß alsbald hurtig wiederumb
auffſtehen/ ſich eines beſſern Wandels befleiſſen/ und immerzu den guten
Willen/ nicht mehr zu ſuͤndigen behalten/ dann GOtt ſo guͤtig iſt/ daß er
gleichſamb gezwungen werde/ krafft ſeiner Guͤtigkeit/ ſich uͤber die jenige
zu erbarmen/ die eines guten Willen ſeynd; welches auß folgender Hiſtori
Drex. in
Trib. L. 2.
c. 8. §. 1.
Hiſtoria.
klaͤrlich bewieſen wird. Sanet Brigitta auß Schweden/ ein heilige Witt-
we/ zog Pilgrambs-Weiß mit ihrem Sohn Carl ins heilige Land: der
Sohn ſtarb unterwegen zu Neapol: die Mutter kam gen Hieruſalem/ alda
ſie durch embſiges Gebett/ in ſonderbahre geheime Lieb und Freundſchafft
mit Chriſto dem HErrn kommen: und wie dann der guͤtigſte GOtt ſich
von den Seinigen in Freygebigkeit nicht laſſet uͤberwinden; alſo begabte er
dieſe H. Wittib mit ſonderlichen Gnaden: ſintemahl ſie in allen Dingen dieß
allein ſuchte/ wie ſie Chriſto am beſten gefallen moͤgte. Weil aber dieſe Wit-
tib gegen den den Heyland und deſſen werthe Mutter hoͤchſte Andacht truge;
verlangte ſie ſonderlich zu wiſſen/ wie es doch umb ihren verſtorbenen Sohn
in jener Welt ſtuͤnde: darumb hatte ſie wachend und bettend ein ſolche Er-
ſcheinung.

13. Sie hoͤret eine Stimm/ die ſprach zu ihr: Brigitta/ auß GOttes
Gnaden iſt dir jetzt erlaubt zu ſehen und anzuhoͤren/ was uͤber deinen Sohn

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[360/0388] Die Acht und zwantzigſte Geiſtliche Lection wohl-Leben noͤtig iſt. Der gute Will aber beſtehet darin/ daß wir alle Suͤn- den zu fliehen/ uns embſig bemuͤhen: und wann wir zu zeiten fallen/ alsbald wiederumb auffſtehen/ und uns feſtiglich fuͤrnehmen/ die begangene Fehler fortan mit mehrerem Eyffer zu beſſern. Dieſe Ubung gefallet GOtt uͤber alle maſſen. Dahero meldet der Gottſeelige Bloſius von der H. Gertrudis/ daß ſelbige wegen einer geringen Unvollkom̃enheit uͤber ſich ſelbſten ſehr geeiffert/ und vom Herrn begehrt habe/ er wolle doch ſelbige Unvollkommenheit an ihr gaͤntzlich beſſern und vernichtigen: der HErr aber habe ſeiner lieben Braut in aller Freundlichkeit geantwortet: wolſtu dann/ daß ich einer groſſen Eh- ren/ und du eines groſſen Lohns beraubet wuͤrdeſt? du verdienſt eine An- ſchnliche Belohnung/ ſo offt du dieſe/ und dergleichen Fehler erkenneſt/ und dir vornimbſt/ dieſelbe zu beſſeren: und ſo offt ein Menſche ſich bemuͤhet/ mir zu lieb ſeine Maͤngel zu uͤberwinden; ſo erzeigt derſelbige mir ſo groſſe Ehr/ und leiſtet mir ſo groſſe Treu/ als ein tapfferer Soldat ſeinem Obri- ſten erweiſet/ wann er ſich im Kriegen ſeinem Feind mit groſſem Muth wi- derſetzte/ und denſelben uͤberwindete. C. p.mon Spir. 12. Es muß auch ein Menſch/ der gutes Willens iſt/ nicht alsbald ver- zagen/ wann er ſchon bißweilen mehr auß Schwachheit/ als Boͤßheit auch in einige grobe Suͤnden fallet: ſondern er muß alsbald hurtig wiederumb auffſtehen/ ſich eines beſſern Wandels befleiſſen/ und immerzu den guten Willen/ nicht mehr zu ſuͤndigen behalten/ dann GOtt ſo guͤtig iſt/ daß er gleichſamb gezwungen werde/ krafft ſeiner Guͤtigkeit/ ſich uͤber die jenige zu erbarmen/ die eines guten Willen ſeynd; welches auß folgender Hiſtori klaͤrlich bewieſen wird. Sanet Brigitta auß Schweden/ ein heilige Witt- we/ zog Pilgrambs-Weiß mit ihrem Sohn Carl ins heilige Land: der Sohn ſtarb unterwegen zu Neapol: die Mutter kam gen Hieruſalem/ alda ſie durch embſiges Gebett/ in ſonderbahre geheime Lieb und Freundſchafft mit Chriſto dem HErrn kommen: und wie dann der guͤtigſte GOtt ſich von den Seinigen in Freygebigkeit nicht laſſet uͤberwinden; alſo begabte er dieſe H. Wittib mit ſonderlichen Gnaden: ſintemahl ſie in allen Dingen dieß allein ſuchte/ wie ſie Chriſto am beſten gefallen moͤgte. Weil aber dieſe Wit- tib gegen den den Heyland und deſſen werthe Mutter hoͤchſte Andacht truge; verlangte ſie ſonderlich zu wiſſen/ wie es doch umb ihren verſtorbenen Sohn in jener Welt ſtuͤnde: darumb hatte ſie wachend und bettend ein ſolche Er- ſcheinung. Drex. in Trib. L. 2. c. 8. §. 1. Hiſtoria. 13. Sie hoͤret eine Stimm/ die ſprach zu ihr: Brigitta/ auß GOttes Gnaden iſt dir jetzt erlaubt zu ſehen und anzuhoͤren/ was uͤber deinen Sohn im

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/388>, abgerufen am 24.11.2024.