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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von Anhörung und Lesung der geistlichen Dingen.
und in ein ungeweites Orth verscharret. Hierauß lernen wir/ daß man die
Predigen/ geistliche Reden und Bücher zu lesen/ nicht fliehen solle.

4. Es ist aber nicht gnug/ daß du die Lehr bloß allein anhörest oder lesest;
sondern du must auch die gehörte und gelesene Sachen bey dir betrachten und
widerholen: Dann gleich wie deine Ampel erlöschet/ sagt der H.Hom. 52.
in c. 24.
Matt.

Chrisost wan du kein Oel dar zu giessest: also gehet das Wort
unseres Glaubens/ daß wir durch den Glauben empfangen
haben/ auß/ gleich einer Ampel/ und ist zu Erleuchtung
der Seelen krafftloß.
Und gleich wie der Weirauch/ spricht der
H. Vatter Augustinus keinen Geruch von sich gibt/ es sey dann/ daß er
ins Feuer geworffen werde; und der Senff oder Mostart seine krafft nicht
spühren lasset/ wann er nicht zerrieben wird; also kan kein eintziger Spruch
der H. Schrifft oder sonst anderes geistlichen Buchs seine Kräfften zeigen/
wann sie nicht im Hertzen gekochet werden. Auch sagt Rupertus: Wann
wir die Speisen mit den Zähnen nicht zermahlen/ so empfinden wir dersel-
ben Geschmack nicht: also/ wann wir das Wort/ daß wir hören/ nicht
zermahlen/ und bey uns betrachten; so können wir die Krafft deß Worts
nit begreiffen. Hierüber hat uns ein herrliches Exempel hinterlassen die Aller-
seeligste Jungfrau Maria/ so da alle Wort/ welche ihr geliebter Sohn zu ihr
gesprochen/ in ihrem Hertzen behalten hat. Jm übrigen wird kein bessere
Weiß und Manier/ geistliche Sachen zu lesen/ gefunden werden/ als die
jenige/ welche der H. Vincencius Ferrerius beobachtet/ und uns seinen
Nachkömlingen in diesen Worten schrifftlich hinterlassen hat. Niemand
soll etwas unterlassen/ daß zur Andacht gehöret/ wann er schon ein gutes und
spitzfindiges Verstand hat: ja so gar/ er soll nichts lesen noch lernen/ in dem
er sich nicht auff seinen Heyland beziehe. Wann einer ein Buch leset/
soll er seine Augen öffters auff selbiges schlagen: und nachmahlen die Augen
zuthun/ und alsdann in dessen H. H. Wunden legen/ was er gelesen hat/
und also zu lesen fortfahren. Wann einer zu lesen auffhört/ so knie er nie-
der/ und spreche ein kürtzers Gebettlein/ nach seiner Einfalt und Andacht
gegen seinen Herrn JEsum/ seuffze von Hertzen nach den Göttlichen Gna-
den/ und bringe alsdann vor seinem Herrn und GOtt/ was er begehre. So
bald der erste Eiffer deß Geistes/ welcher gemeiniglich nit lang beständig ist/
nachlasset; soll man alles/ was vorhin gelesen worden/ wiederumb zur Ge-
dächtnuß bringen/ und GOtt bitten/ daß er seine Gnad verleyhe/ alles zu
verstehen. Nach diesem soll das Studiren folgen/ und darauff das Gebett/
daß also eins das andere abwechsele: dann durch solche ordentliche Ablösung

wird
Z z z 2

Von Anhoͤrung und Leſung der geiſtlichen Dingen.
und in ein ungeweites Orth verſcharret. Hierauß lernen wir/ daß man die
Predigen/ geiſtliche Reden und Buͤcher zu leſen/ nicht fliehen ſolle.

4. Es iſt aber nicht gnug/ daß du die Lehr bloß allein anhoͤreſt oder leſeſt;
ſondern du muſt auch die gehoͤrte und geleſene Sachen bey dir betrachten und
widerholen: Dann gleich wie deine Ampel erloͤſchet/ ſagt der H.Hom. 52.
in c. 24.
Matt.

Chriſoſt wan du kein Oel dar zu gieſſeſt: alſo gehet das Wort
unſeres Glaubens/ daß wir durch den Glauben empfangen
haben/ auß/ gleich einer Ampel/ und iſt zu Erleuchtung
der Seelen krafftloß.
Und gleich wie der Weirauch/ ſpricht der
H. Vatter Auguſtinus keinen Geruch von ſich gibt/ es ſey dann/ daß er
ins Feuer geworffen werde; und der Senff oder Moſtart ſeine krafft nicht
ſpuͤhren laſſet/ wann er nicht zerrieben wird; alſo kan kein eintziger Spruch
der H. Schrifft oder ſonſt anderes geiſtlichen Buchs ſeine Kraͤfften zeigen/
wann ſie nicht im Hertzen gekochet werden. Auch ſagt Rupertus: Wann
wir die Speiſen mit den Zaͤhnen nicht zermahlen/ ſo empfinden wir derſel-
ben Geſchmack nicht: alſo/ wann wir das Wort/ daß wir hoͤren/ nicht
zermahlen/ und bey uns betrachten; ſo koͤnnen wir die Krafft deß Worts
nit begreiffen. Hieruͤber hat uns ein herrliches Exempel hinterlaſſen die Aller-
ſeeligſte Jungfrau Maria/ ſo da alle Wort/ welche ihr geliebter Sohn zu ihr
geſprochen/ in ihrem Hertzen behalten hat. Jm uͤbrigen wird kein beſſere
Weiß und Manier/ geiſtliche Sachen zu leſen/ gefunden werden/ als die
jenige/ welche der H. Vincencius Ferrerius beobachtet/ und uns ſeinen
Nachkoͤmlingen in dieſen Worten ſchrifftlich hinterlaſſen hat. Niemand
ſoll etwas unterlaſſen/ daß zur Andacht gehoͤret/ wann er ſchon ein gutes und
ſpitzfindiges Verſtand hat: ja ſo gar/ er ſoll nichts leſen noch lernen/ in dem
er ſich nicht auff ſeinen Heyland beziehe. Wann einer ein Buch leſet/
ſoll er ſeine Augen oͤffters auff ſelbiges ſchlagen: und nachmahlen die Augen
zuthun/ und alsdann in deſſen H. H. Wunden legen/ was er geleſen hat/
und alſo zu leſen fortfahren. Wann einer zu leſen auffhoͤrt/ ſo knie er nie-
der/ und ſpreche ein kuͤrtzers Gebettlein/ nach ſeiner Einfalt und Andacht
gegen ſeinen Herrn JEſum/ ſeuffze von Hertzen nach den Goͤttlichen Gna-
den/ und bringe alsdann vor ſeinem Herrn und GOtt/ was er begehre. So
bald der erſte Eiffer deß Geiſtes/ welcher gemeiniglich nit lang beſtaͤndig iſt/
nachlaſſet; ſoll man alles/ was vorhin geleſen worden/ wiederumb zur Ge-
daͤchtnuß bringen/ und GOtt bitten/ daß er ſeine Gnad verleyhe/ alles zu
verſtehen. Nach dieſem ſoll das Studiren folgen/ und darauff das Gebett/
daß alſo eins das andere abwechſele: dann durch ſolche ordentliche Abloͤſung

wird
Z z z 2
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[547/0575] Von Anhoͤrung und Leſung der geiſtlichen Dingen. und in ein ungeweites Orth verſcharret. Hierauß lernen wir/ daß man die Predigen/ geiſtliche Reden und Buͤcher zu leſen/ nicht fliehen ſolle. 4. Es iſt aber nicht gnug/ daß du die Lehr bloß allein anhoͤreſt oder leſeſt; ſondern du muſt auch die gehoͤrte und geleſene Sachen bey dir betrachten und widerholen: Dann gleich wie deine Ampel erloͤſchet/ ſagt der H. Chriſoſt wan du kein Oel dar zu gieſſeſt: alſo gehet das Wort unſeres Glaubens/ daß wir durch den Glauben empfangen haben/ auß/ gleich einer Ampel/ und iſt zu Erleuchtung der Seelen krafftloß. Und gleich wie der Weirauch/ ſpricht der H. Vatter Auguſtinus keinen Geruch von ſich gibt/ es ſey dann/ daß er ins Feuer geworffen werde; und der Senff oder Moſtart ſeine krafft nicht ſpuͤhren laſſet/ wann er nicht zerrieben wird; alſo kan kein eintziger Spruch der H. Schrifft oder ſonſt anderes geiſtlichen Buchs ſeine Kraͤfften zeigen/ wann ſie nicht im Hertzen gekochet werden. Auch ſagt Rupertus: Wann wir die Speiſen mit den Zaͤhnen nicht zermahlen/ ſo empfinden wir derſel- ben Geſchmack nicht: alſo/ wann wir das Wort/ daß wir hoͤren/ nicht zermahlen/ und bey uns betrachten; ſo koͤnnen wir die Krafft deß Worts nit begreiffen. Hieruͤber hat uns ein herrliches Exempel hinterlaſſen die Aller- ſeeligſte Jungfrau Maria/ ſo da alle Wort/ welche ihr geliebter Sohn zu ihr geſprochen/ in ihrem Hertzen behalten hat. Jm uͤbrigen wird kein beſſere Weiß und Manier/ geiſtliche Sachen zu leſen/ gefunden werden/ als die jenige/ welche der H. Vincencius Ferrerius beobachtet/ und uns ſeinen Nachkoͤmlingen in dieſen Worten ſchrifftlich hinterlaſſen hat. Niemand ſoll etwas unterlaſſen/ daß zur Andacht gehoͤret/ wann er ſchon ein gutes und ſpitzfindiges Verſtand hat: ja ſo gar/ er ſoll nichts leſen noch lernen/ in dem er ſich nicht auff ſeinen Heyland beziehe. Wann einer ein Buch leſet/ ſoll er ſeine Augen oͤffters auff ſelbiges ſchlagen: und nachmahlen die Augen zuthun/ und alsdann in deſſen H. H. Wunden legen/ was er geleſen hat/ und alſo zu leſen fortfahren. Wann einer zu leſen auffhoͤrt/ ſo knie er nie- der/ und ſpreche ein kuͤrtzers Gebettlein/ nach ſeiner Einfalt und Andacht gegen ſeinen Herrn JEſum/ ſeuffze von Hertzen nach den Goͤttlichen Gna- den/ und bringe alsdann vor ſeinem Herrn und GOtt/ was er begehre. So bald der erſte Eiffer deß Geiſtes/ welcher gemeiniglich nit lang beſtaͤndig iſt/ nachlaſſet; ſoll man alles/ was vorhin geleſen worden/ wiederumb zur Ge- daͤchtnuß bringen/ und GOtt bitten/ daß er ſeine Gnad verleyhe/ alles zu verſtehen. Nach dieſem ſoll das Studiren folgen/ und darauff das Gebett/ daß alſo eins das andere abwechſele: dann durch ſolche ordentliche Abloͤſung wird Hom. 52. in c. 24. Matt. Z z z 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/575>, abgerufen am 22.11.2024.