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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von den Peynen der Höllen.
Peynen erlediget würden/ welches sie ohne End/ aber umbsonst verlangen.
Dahero sagt der heilige Gregorius: Es ist nicht zu zweiffeln/ daß die jeni-
ge/ so in der Höllen seynd/ das Loß der Seeligen verlangen: darumb ist ge-
sadt worden/ daß am Tag deß allgemeinen Gerichts/ erstlich die Außerwähl-
te zum Himmel-Reich werden beruffen werden/ und im Angesicht der Ver-
dambten mit Herrligkeit hinauff steigen zu der Fülle der ewigen Freuden;
auff daß die Gottlose sehen/ was sie verabsanmet und verlohren haben; und
also darüber in Ewigkeit betrübet werden. Die Ursach aber/ daß die Ver-
dambte so wohl mit den Peynen deß Gefühls/ als eben mit der Peyn deß Ver-
lusts gestrafft werden/ ist diese: Dieweilen in einer jeden Todt- Sünd zwey
Ding müssen unterschieden werden. Eins ist die Abwendung deß Gemüts
von dem Allerhöchsten und unveränderlichen Gut: dieser Abwendung ge-
bühret die Peyn deß Verlusts/ nemblich die Enthaltung der Göttlichen An-
schauung. Daß ander ist die unordentliche Gemüts-Wendung zu dem
erschaffenen/ zergänglichen und eitelen Guth: und dieser unrechtfertigen
Zuwendung gebühret die Peyn deß Gefühls. Die Peyn deß Verlusts
aber ist nach aller Gelehrten und H. H. Vätter Meinung viel schwährer und
empfindlicher als die Peynen deß Gefühls: dahero sagt der H. Chrysostomus:
Es werden einige thorrechte Menschen gefunden/ welche vermeinen/ es
sey ihnen genug/ wan sie von den empfindlichen Peynen der Höllen befreyet
bleiben. Jch bin aber der Meinung/ daß es die gröste Peyn unter allen
seye/ von dem Angesicht GOttes verworffen/ und dessen seeligste Geniessung
beraubet zu werden. Und wiederumb sagt dieser heilige Lehrer: Daß ein
Mensch von den ewigen Güttern außgeschlossen werde/ und von denen Din-
gen/ welche GOtt den jenigen zubereitet hat/ die ihn lieben/ entfernet werde;
dieses bringet so grossen Schmertzen/ daß/ wann schon kein äusserliche Peyn
zu leyden wäre/ selbiges doch allein alle andere Tormenten weit übertreffe.
So fliehe dan/ fliehe/ mein Christliche Seel/ fliehe vielmehr als den erschröck-
lichen Todt selbsten/ diesen allerhöchsten Verlust/ fliche den allerbitteristen
Schaden deiner Seelen: Siehe dich vor/ daß du durch die Todt-
Sünde von diesem deinem Allerhöchsten Guth im Leben nicht ge-
scheidet werdest.

7. Unglaublich sehr schmertzet auch die Verdambte/ daß ihre Peynen
in alle Ewigkeit dauren werden: zumalen solches die heilige Schrifft an vie-
len Orthen gnugsamb bedeutet/ sonderlich Jsaiä am 66. alwo von

den
G h h h 2

Von den Peynen der Hoͤllen.
Peynen erlediget wuͤrden/ welches ſie ohne End/ aber umbſonſt verlangen.
Dahero ſagt der heilige Gregorius: Es iſt nicht zu zweiffeln/ daß die jeni-
ge/ ſo in der Hoͤllen ſeynd/ das Loß der Seeligen verlangen: darumb iſt ge-
ſadt worden/ daß am Tag deß allgemeinen Gerichts/ erſtlich die Außerwaͤhl-
te zum Himmel-Reich werden beruffen werden/ und im Angeſicht der Ver-
dambten mit Herrligkeit hinauff ſteigen zu der Fuͤlle der ewigen Freuden;
auff daß die Gottloſe ſehen/ was ſie verabſanmet und verlohren haben; und
alſo daruͤber in Ewigkeit betruͤbet werden. Die Urſach aber/ daß die Ver-
dambte ſo wohl mit den Peynen deß Gefuͤhls/ als eben mit der Peyn deß Ver-
luſts geſtrafft werden/ iſt dieſe: Dieweilen in einer jeden Todt- Suͤnd zwey
Ding muͤſſen unterſchieden werden. Eins iſt die Abwendung deß Gemuͤts
von dem Allerhoͤchſten und unveraͤnderlichen Gut: dieſer Abwendung ge-
buͤhret die Peyn deß Verluſts/ nemblich die Enthaltung der Goͤttlichen An-
ſchauung. Daß ander iſt die unordentliche Gemuͤts-Wendung zu dem
erſchaffenen/ zergaͤnglichen und eitelen Guth: und dieſer unrechtfertigen
Zuwendung gebuͤhret die Peyn deß Gefuͤhls. Die Peyn deß Verluſts
aber iſt nach aller Gelehrten und H. H. Vaͤtter Meinung viel ſchwaͤhrer und
empfindlicher als die Peynen deß Gefuͤhls: dahero ſagt der H. Chryſoſtomus:
Es werden einige thorrechte Menſchen gefunden/ welche vermeinen/ es
ſey ihnen genug/ wan ſie von den empfindlichen Peynen der Hoͤllen befreyet
bleiben. Jch bin aber der Meinung/ daß es die groͤſte Peyn unter allen
ſeye/ von dem Angeſicht GOttes verworffen/ und deſſen ſeeligſte Genieſſung
beraubet zu werden. Und wiederumb ſagt dieſer heilige Lehrer: Daß ein
Menſch von den ewigen Guͤttern außgeſchloſſen werde/ und von denen Din-
gen/ welche GOtt den jenigen zubereitet hat/ die ihn lieben/ entfernet werde;
dieſes bringet ſo groſſen Schmertzen/ daß/ wann ſchon kein aͤuſſerliche Peyn
zu leyden waͤre/ ſelbiges doch allein alle andere Tormenten weit uͤbertreffe.
So fliehe dan/ fliehe/ mein Chriſtliche Seel/ fliehe vielmehr als den erſchroͤck-
lichen Todt ſelbſten/ dieſen allerhoͤchſten Verluſt/ fliche den allerbitteriſten
Schaden deiner Seelen: Siehe dich vor/ daß du durch die Todt-
Suͤnde von dieſem deinem Allerhoͤchſten Guth im Leben nicht ge-
ſcheidet werdeſt.

7. Unglaublich ſehr ſchmertzet auch die Verdambte/ daß ihre Peynen
in alle Ewigkeit dauren werden: zumalen ſolches die heilige Schrifft an vie-
len Orthen gnugſamb bedeutet/ ſonderlich Jſaiaͤ am 66. alwo von

den
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[611/0639] Von den Peynen der Hoͤllen. Peynen erlediget wuͤrden/ welches ſie ohne End/ aber umbſonſt verlangen. Dahero ſagt der heilige Gregorius: Es iſt nicht zu zweiffeln/ daß die jeni- ge/ ſo in der Hoͤllen ſeynd/ das Loß der Seeligen verlangen: darumb iſt ge- ſadt worden/ daß am Tag deß allgemeinen Gerichts/ erſtlich die Außerwaͤhl- te zum Himmel-Reich werden beruffen werden/ und im Angeſicht der Ver- dambten mit Herrligkeit hinauff ſteigen zu der Fuͤlle der ewigen Freuden; auff daß die Gottloſe ſehen/ was ſie verabſanmet und verlohren haben; und alſo daruͤber in Ewigkeit betruͤbet werden. Die Urſach aber/ daß die Ver- dambte ſo wohl mit den Peynen deß Gefuͤhls/ als eben mit der Peyn deß Ver- luſts geſtrafft werden/ iſt dieſe: Dieweilen in einer jeden Todt- Suͤnd zwey Ding muͤſſen unterſchieden werden. Eins iſt die Abwendung deß Gemuͤts von dem Allerhoͤchſten und unveraͤnderlichen Gut: dieſer Abwendung ge- buͤhret die Peyn deß Verluſts/ nemblich die Enthaltung der Goͤttlichen An- ſchauung. Daß ander iſt die unordentliche Gemuͤts-Wendung zu dem erſchaffenen/ zergaͤnglichen und eitelen Guth: und dieſer unrechtfertigen Zuwendung gebuͤhret die Peyn deß Gefuͤhls. Die Peyn deß Verluſts aber iſt nach aller Gelehrten und H. H. Vaͤtter Meinung viel ſchwaͤhrer und empfindlicher als die Peynen deß Gefuͤhls: dahero ſagt der H. Chryſoſtomus: Es werden einige thorrechte Menſchen gefunden/ welche vermeinen/ es ſey ihnen genug/ wan ſie von den empfindlichen Peynen der Hoͤllen befreyet bleiben. Jch bin aber der Meinung/ daß es die groͤſte Peyn unter allen ſeye/ von dem Angeſicht GOttes verworffen/ und deſſen ſeeligſte Genieſſung beraubet zu werden. Und wiederumb ſagt dieſer heilige Lehrer: Daß ein Menſch von den ewigen Guͤttern außgeſchloſſen werde/ und von denen Din- gen/ welche GOtt den jenigen zubereitet hat/ die ihn lieben/ entfernet werde; dieſes bringet ſo groſſen Schmertzen/ daß/ wann ſchon kein aͤuſſerliche Peyn zu leyden waͤre/ ſelbiges doch allein alle andere Tormenten weit uͤbertreffe. So fliehe dan/ fliehe/ mein Chriſtliche Seel/ fliehe vielmehr als den erſchroͤck- lichen Todt ſelbſten/ dieſen allerhoͤchſten Verluſt/ fliche den allerbitteriſten Schaden deiner Seelen: Siehe dich vor/ daß du durch die Todt- Suͤnde von dieſem deinem Allerhoͤchſten Guth im Leben nicht ge- ſcheidet werdeſt. 7. Unglaublich ſehr ſchmertzet auch die Verdambte/ daß ihre Peynen in alle Ewigkeit dauren werden: zumalen ſolches die heilige Schrifft an vie- len Orthen gnugſamb bedeutet/ ſonderlich Jſaiaͤ am 66. alwo von den G h h h 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/639>, abgerufen am 22.11.2024.