Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der wenigen Zahl der Außerwählten. gen den andern/ und ist selbig er Streit viel beschwärlicher und gefährlicher/als aller Teufllischen Boßwichten und gottloser Menschen Anfechtungen und Verfolgungen immer seyn können. Wann dann nun ein tugendsamber Mensch/ bey so gestalten Sachen/ über seine Feinde obsieget/ ist daß nicht ein rechtes Wunder-Werck? Vbersteiget nicht ein solcher Sieg alle mensch- liche Kräfften? Dahero müssen wir gestehen/ daß Gott einen solchen Men- schen sonderbahr beygestanden habe/ sonsten es unmöglich hätte geschehen können/ daß selbiger so viele und so starcke Feindt hätte überwältigen können. Merck auff mein Christliche Seel/ wieviel Mühe es koste/ den Himmel zu erwerben. Jch vermeyne/ du wirst nun baldin Erfahrung kommen/ was Christus durch diese Wort: Das Himmelreich leydet Gewalt/Matt. 11. und die Gewältigen reissens hinweg: Habe verstehen wollen. Einmal gewiß ists/ daß der Himmel durch Faulheit und Tragheit nicht gewonnen werde/ sondern durch grosse und stete Sorgfalt/ durch viele Ar- beit und Uberwindung seiner selbsten. 5. Obwohlen aber auch Christus nicht ein - sondern mehrmahl mit auß- euch/
Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten. gen den andern/ und iſt ſelbig er Streit viel beſchwaͤrlicher und gefaͤhrlicher/als aller Teuflliſchen Boßwichten und gottloſer Menſchen Anfechtungen und Verfolgungen immer ſeyn koͤnnen. Wann dann nun ein tugendſamber Menſch/ bey ſo geſtalten Sachen/ uͤber ſeine Feinde obſieget/ iſt daß nicht ein rechtes Wunder-Werck? Vberſteiget nicht ein ſolcher Sieg alle menſch- liche Kraͤfften? Dahero muͤſſen wir geſtehen/ daß Gott einen ſolchen Men- ſchen ſonderbahr beygeſtanden habe/ ſonſten es unmoͤglich haͤtte geſchehen koͤnnen/ daß ſelbiger ſo viele und ſo ſtarcke Feindt haͤtte uͤberwaͤltigen koͤnnen. Merck auff mein Chriſtliche Seel/ wieviel Muͤhe es koſte/ den Himmel zu erwerben. Jch vermeyne/ du wirſt nun baldin Erfahrung kommen/ was Chriſtus durch dieſe Wort: Das Himmelreich leydet Gewalt/Matt. 11. und die Gewaͤltigen reiſſens hinweg: Habe verſtehen wollen. Einmal gewiß iſts/ daß der Himmel durch Faulheit und Tragheit nicht gewonnen werde/ ſondern durch groſſe und ſtete Sorgfalt/ durch viele Ar- beit und Uberwindung ſeiner ſelbſten. 5. Obwohlen aber auch Chriſtus nicht ein - ſondern mehrmahl mit auß- euch/
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Von der wenigen Zahl der Außerwaͤhlten.
gen den andern/ und iſt ſelbig er Streit viel beſchwaͤrlicher und gefaͤhrlicher/
als aller Teuflliſchen Boßwichten und gottloſer Menſchen Anfechtungen
und Verfolgungen immer ſeyn koͤnnen. Wann dann nun ein tugendſamber
Menſch/ bey ſo geſtalten Sachen/ uͤber ſeine Feinde obſieget/ iſt daß nicht
ein rechtes Wunder-Werck? Vberſteiget nicht ein ſolcher Sieg alle menſch-
liche Kraͤfften? Dahero muͤſſen wir geſtehen/ daß Gott einen ſolchen Men-
ſchen ſonderbahr beygeſtanden habe/ ſonſten es unmoͤglich haͤtte geſchehen
koͤnnen/ daß ſelbiger ſo viele und ſo ſtarcke Feindt haͤtte uͤberwaͤltigen koͤnnen.
Merck auff mein Chriſtliche Seel/ wieviel Muͤhe es koſte/ den Himmel zu
erwerben. Jch vermeyne/ du wirſt nun baldin Erfahrung kommen/ was
Chriſtus durch dieſe Wort: Das Himmelreich leydet Gewalt/
und die Gewaͤltigen reiſſens hinweg: Habe verſtehen wollen.
Einmal gewiß iſts/ daß der Himmel durch Faulheit und Tragheit nicht
gewonnen werde/ ſondern durch groſſe und ſtete Sorgfalt/ durch viele Ar-
beit und Uberwindung ſeiner ſelbſten.
Matt. 11.
5. Obwohlen aber auch Chriſtus nicht ein - ſondern mehrmahl mit auß-
trucklichen Worten bedeutet habe/ daß wenig Menſchen ſeelig werden;
und daß der Weg/ ſo zum Himmel leitet/ ſehr eng und beſchwaͤrlich ſeye;
Nichts deſto weniger werden viele gefunden/ welche ſich nicht foͤrchten zu ſa-
gen; Der Weg des Heyls ſetze ſo gefaͤhrlich nicht/ wie einige zagthaffte
Menſchen darvor halten: Chriſtus habe nicht umbſonſt ſo grauſame Tor-
ment en außgeſtanden: Der Himmel ſeye ja nicht fuͤr die Gaͤnß gebauet:
Wann uns Gott nicht haͤtte wollen ſeelig machen/ ſo wuͤrde Er uns auch
nicht erſchaffen haben. Alſo und dergleichen reden die Welt-Kinder: Da-
hero leben ſie wohlgemuthet daher/ lauffen ohne Forcht den gemeinen und
weiten Welt-Weg/ halten ihren Leib wohl/ und was nur dem Fleiſch ange-
nehm und luſtbahr iſt/ daß laſſen ſie ſelbigem zu. Alſo ſtreicht ein Tag nach
dem andern/ ein Jahr nach dem andern ohne weitere Sorg dahin/ als wann
ſie von ihrer Seeligkeit ſchon wuͤreklich verſichert waͤren. Daß aber allſol-
che denrechten Weeg ſehr weit verfehlen/ und die Bahn des Verderbens
betretten; Dieß lehr et uns die Goͤttliche H. Schrifft/ nicht an einem/ ſon-
dern an hundert und hundert Orten; Ja ſo gar das gantze H. Evangelium
zeigt uns gerad das Widerſpiel/ und dreuet den jenigen mit dem ewigen
Todt/ welche dergeſtalt ohne Forcht leben/ und ihren boͤſen Begierden den
Zaum laſſe Hoͤre/ hoͤre/ wer du ein ſolcher biſt/ wil Chriſtus die ewige War-
heit dir ſage/ und wie grauſamblich Er dir zuruffe: Wehe/ wehe
euch Reichen/ dann ihr habt eueren Troſt hinweg: Wehe
euch/
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 663. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/691>, abgerufen am 26.06.2024. |