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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Zwey und Fünfftzigste Geistliche Lection
Juden/ als Heyden betteten alle die auffgerichtete Bildnuß an/ auß Forcht/
daß sie solten in den brennenden Feuer- Ofen geworffen werden.

8. Weiters vergleichet der Prophet Jsaias die Zahl der Außerwählten
den wenigen Aaaren/ so von den Schnittern auffin Acker gelassen werden;
und ebenfals den wenigen Trauben - Körnlein/ so da nach dem gemachten
Herbst im Weingarten verbleiben. Wiederumb vergleichet sie der heilige
Apostel und Evangelist Matthäus dem gereinigten Weitzen/ so da in An-
sehung der Spreuer oder deß Kafe sehr wenig ist. Auß diesen und andern vor-
bildungen der H. Schrifft beweisen die H. H. Vätter die geringe Anzahl
der Außerwählten/ und die grosse Menge der Verdambten: und schreiben
hiervon so scharff/ daß einem billig alle Haar deß Haupts sollen zu Berg
stehen. Höre/ mein Christliche Seel/ den heiligen Vatter Augustinum/
welcher von dem wenigen Hauff der Seeligen also redet: Der guten und
wahren Christ-Glaubigen/ sagt er/ deren in sich viele seynd/ seynd dannoch
in Vergleichung der Bösen wenig: gleich wie wir viele Granen oder Körn-
lein/ mit denen grosse Scheuren erfüllet werden/ wenig zu seyn schätzen/ ge-
gen die Spreuer zu rechnen. Und der heilige Gregorius sagt: zum Glau-
ben kommen viele/ aber wenig werden zum Himmel-Reich geführet Da-
hero hat der heilige Abt Nilus/ wie Baronius schreibt/ unter dem geistlichen
Gespräch sagen dörffen/ daß zu seinen damahligen Zeiten auß hundert tau-
sent kaum ein eintziger zur Zahl der H. H. Engeln gelangen werde. O grau-
sames Urtheil! Ob wohln nun villeicht die Meynung dieses heiligen Manns
sich nicht allein zu den Catholischen; sondern zu allen so wohl Heyden als
Ketzern würde erstreckt haben; so seynd doch diese Wort sehr zu förchten;
dieweilen ohne Zweiffel in derselben Zahl zum wenigsten fünff hundert
Christ-Glaubige seynd gefunden worden. Wann aber der fromme Vat-
ter die Catholische allein hat rechnen wollen/ so wolle GOtt uns lauen und
nachlässigen Tröpffen gnädig seyn. Dieser Meynung fallet bey der heili-
ge Chrysostomus/ welcher in der sehr Volck-reichen Stadt Antiochia in
öffentlicher Predig sich nit gescheuet hat zu sagen: Wieviel vermeinet
ihr Einwohner dieser Stadt/ daß auß euch werden kön-
nen seelig werden: grausamblich ist zwarn/ was ich sa-
gen werde; dannoch will ichs sagen. Es können auß so
viel tausenten in dieser so Volck-reichen Stadt/ hundert
seelig werden; und von diesen hab ich noch einen grossen
Zweifel. Dann/ was ein grosse Trägheit ist bey den
Alten/ was ein übermässige Außgelassenheit und Will-

muth

Die Zwey und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection
Juden/ als Heyden betteten alle die auffgerichtete Bildnuß an/ auß Forcht/
daß ſie ſolten in den brennenden Feuer- Ofen geworffen werden.

8. Weiters vergleichet der Prophet Jſaias die Zahl der Außerwaͤhlten
den wenigen Aaaren/ ſo von den Schnittern auffin Acker gelaſſen werden;
und ebenfals den wenigen Trauben - Koͤrnlein/ ſo da nach dem gemachten
Herbſt im Weingarten verbleiben. Wiederumb vergleichet ſie der heilige
Apoſtel und Evangeliſt Matthaͤus dem gereinigten Weitzen/ ſo da in An-
ſehung der Spreuer oder deß Kafe ſehr wenig iſt. Auß dieſen und andern vor-
bildungen der H. Schrifft beweiſen die H. H. Vaͤtter die geringe Anzahl
der Außerwaͤhlten/ und die groſſe Menge der Verdambten: und ſchreiben
hiervon ſo ſcharff/ daß einem billig alle Haar deß Haupts ſollen zu Berg
ſtehen. Hoͤre/ mein Chriſtliche Seel/ den heiligen Vatter Auguſtinum/
welcher von dem wenigen Hauff der Seeligen alſo redet: Der guten und
wahren Chriſt-Glaubigen/ ſagt er/ deren in ſich viele ſeynd/ ſeynd dannoch
in Vergleichung der Boͤſen wenig: gleich wie wir viele Granen oder Koͤrn-
lein/ mit denen groſſe Scheuren erfuͤllet werden/ wenig zu ſeyn ſchaͤtzen/ ge-
gen die Spreuer zu rechnen. Und der heilige Gregorius ſagt: zum Glau-
ben kommen viele/ aber wenig werden zum Himmel-Reich gefuͤhret Da-
hero hat der heilige Abt Nilus/ wie Baronius ſchreibt/ unter dem geiſtlichen
Geſpraͤch ſagen doͤrffen/ daß zu ſeinen damahligen Zeiten auß hundert tau-
ſent kaum ein eintziger zur Zahl der H. H. Engeln gelangen werde. O grau-
ſames Urtheil! Ob wohln nun villeicht die Meynung dieſes heiligen Manns
ſich nicht allein zu den Catholiſchen; ſondern zu allen ſo wohl Heyden als
Ketzern wuͤrde erſtreckt haben; ſo ſeynd doch dieſe Wort ſehr zu foͤrchten;
dieweilen ohne Zweiffel in derſelben Zahl zum wenigſten fuͤnff hundert
Chriſt-Glaubige ſeynd gefunden worden. Wann aber der fromme Vat-
ter die Catholiſche allein hat rechnen wollen/ ſo wolle GOtt uns lauen und
nachlaͤſſigen Troͤpffen gnaͤdig ſeyn. Dieſer Meynung fallet bey der heili-
ge Chryſoſtomus/ welcher in der ſehr Volck-reichen Stadt Antiochia in
oͤffentlicher Predig ſich nit geſcheuet hat zu ſagen: Wieviel vermeinet
ihr Einwohner dieſer Stadt/ daß auß euch werden koͤn-
nen ſeelig werden: grauſamblich iſt zwarn/ was ich ſa-
gen werde; dannoch will ichs ſagen. Es koͤnnen auß ſo
viel tauſenten in dieſer ſo Volck-reichen Stadt/ hundert
ſeelig werden; und von dieſen hab ich noch einen groſſen
Zweifel. Dann/ was ein groſſe Traͤgheit iſt bey den
Alten/ was ein übermaͤſſige Außgelaſſenheit und Will-

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[666/0694] Die Zwey und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection Juden/ als Heyden betteten alle die auffgerichtete Bildnuß an/ auß Forcht/ daß ſie ſolten in den brennenden Feuer- Ofen geworffen werden. 8. Weiters vergleichet der Prophet Jſaias die Zahl der Außerwaͤhlten den wenigen Aaaren/ ſo von den Schnittern auffin Acker gelaſſen werden; und ebenfals den wenigen Trauben - Koͤrnlein/ ſo da nach dem gemachten Herbſt im Weingarten verbleiben. Wiederumb vergleichet ſie der heilige Apoſtel und Evangeliſt Matthaͤus dem gereinigten Weitzen/ ſo da in An- ſehung der Spreuer oder deß Kafe ſehr wenig iſt. Auß dieſen und andern vor- bildungen der H. Schrifft beweiſen die H. H. Vaͤtter die geringe Anzahl der Außerwaͤhlten/ und die groſſe Menge der Verdambten: und ſchreiben hiervon ſo ſcharff/ daß einem billig alle Haar deß Haupts ſollen zu Berg ſtehen. Hoͤre/ mein Chriſtliche Seel/ den heiligen Vatter Auguſtinum/ welcher von dem wenigen Hauff der Seeligen alſo redet: Der guten und wahren Chriſt-Glaubigen/ ſagt er/ deren in ſich viele ſeynd/ ſeynd dannoch in Vergleichung der Boͤſen wenig: gleich wie wir viele Granen oder Koͤrn- lein/ mit denen groſſe Scheuren erfuͤllet werden/ wenig zu ſeyn ſchaͤtzen/ ge- gen die Spreuer zu rechnen. Und der heilige Gregorius ſagt: zum Glau- ben kommen viele/ aber wenig werden zum Himmel-Reich gefuͤhret Da- hero hat der heilige Abt Nilus/ wie Baronius ſchreibt/ unter dem geiſtlichen Geſpraͤch ſagen doͤrffen/ daß zu ſeinen damahligen Zeiten auß hundert tau- ſent kaum ein eintziger zur Zahl der H. H. Engeln gelangen werde. O grau- ſames Urtheil! Ob wohln nun villeicht die Meynung dieſes heiligen Manns ſich nicht allein zu den Catholiſchen; ſondern zu allen ſo wohl Heyden als Ketzern wuͤrde erſtreckt haben; ſo ſeynd doch dieſe Wort ſehr zu foͤrchten; dieweilen ohne Zweiffel in derſelben Zahl zum wenigſten fuͤnff hundert Chriſt-Glaubige ſeynd gefunden worden. Wann aber der fromme Vat- ter die Catholiſche allein hat rechnen wollen/ ſo wolle GOtt uns lauen und nachlaͤſſigen Troͤpffen gnaͤdig ſeyn. Dieſer Meynung fallet bey der heili- ge Chryſoſtomus/ welcher in der ſehr Volck-reichen Stadt Antiochia in oͤffentlicher Predig ſich nit geſcheuet hat zu ſagen: Wieviel vermeinet ihr Einwohner dieſer Stadt/ daß auß euch werden koͤn- nen ſeelig werden: grauſamblich iſt zwarn/ was ich ſa- gen werde; dannoch will ichs ſagen. Es koͤnnen auß ſo viel tauſenten in dieſer ſo Volck-reichen Stadt/ hundert ſeelig werden; und von dieſen hab ich noch einen groſſen Zweifel. Dann/ was ein groſſe Traͤgheit iſt bey den Alten/ was ein übermaͤſſige Außgelaſſenheit und Will- muth

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/694>, abgerufen am 22.11.2024.