Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

Mercks Wienn.
hebe zu allererst die Stein auf/ und werffe auf sie; welches
dann die tumpere Gesellen nicht verstunden/ oder nicht verste-
ben wolten/ deßwegen der HERR zum andertenmal auf
die Erd geschrieben/ und solche wunderliche Charactern und
Schrifft aufgesetzt/ aus dero ein jeder alle sein lebenlang be-
gangene Sünde und saubere Stückel als aus einem lebendigen
Beichtspiegel könte ersehen/ welches ihnen also in die Nasen
gerochen/ und solchen Purpur in den Wangen gewürckt/ daß ei-
ner nach dem andern Schamrot/ ohne weitere Verweilung/ zum
Tempel hinaus geschlichen.

Vielen thut es nicht unfüglich frembd geduncken/ war-
um CHRJSTUS der HERR allhier nicht genaue
Justitz wegen deß verübten Ehebruchs in Obacht genommen/
und solche wol-doctrirte Leut zu Vollziehung der gebühren-
den Straff ermahnt/ auch etwan sie wegen eyffriger Od-
sicht ihrer Satzung gelobt? hat sich wol loben! Ertz-
Schalck/ Ertz-Böswicht/ Ertz-etc. seynd sie gewest/ indem
sie ein Weib vorgestellet/ welche sie im Ehebruch ertapt/ wie
es dann der Wahrheit gemeß ist/ wo haben sie dann den
Ehebrecher gelassen/ wo? wann sie ertapt worden/ folgt
nothwendiger Weis/ daß er auch muß seyn in die Händ
gerathen/ wann deme also/ wie geschicht/ daß nur das
Weib zum Gericht zogen worden/ und er nicht? Höre die
rechtmässige Ursach/ das Weib ware ein arme Haut/ ein
dürfftige Lappin/ hatte nichts zu spendiren/ er aber ware ein
reicher Vogel/ hat sich wissen mit guldener Erkantnus ein-
zustellen/ dahero solcher Gestalten sich aller fernerer Un-
gelegenheit ausgeschrausst mit dem verruchten Mammon
oder Geld: Also vermag das Geld alles/ das Geld macht
aus den Richtern richtige Gesellen/ das Geld macht aus
Treu/ treulose Leut/ das Geld macht aus Feinden Freund/
aus Freunden Feind/ das Geld kan alles/ wer guldene
Flügel hat/ der fliegt zum höchsten/ wer einen guldenen
Schlüssel hat/ sperret alles auf/ auch die Hertzen der
Menschen/ wer mit guldenen Kugeln schiest/ erobert auch
die stärckeste Vestung/ wer mit guldenen Angel fischt/ der
fängt alles was er will/ wer ein guldenen Praeceptor hat/
der wird der Gelehrteste/ Pecuniae obediunt omnia, O
allmächtiges Gold/ dir geschicht die gröste Ehr.

Jenem
E 2

Mercks Wienn.
hebe zu allererſt die Stein auf/ und werffe auf ſie; welches
dann die tumpere Geſellen nicht verſtunden/ oder nicht verſte-
ben wolten/ deßwegen der HERR zum andertenmal auf
die Erd geſchrieben/ und ſolche wunderliche Charactern und
Schrifft aufgeſetzt/ aus dero ein jeder alle ſein lebenlang be-
gangene Suͤnde und ſaubere Stuͤckel als aus einem lebendigen
Beichtſpiegel koͤnte erſehen/ welches ihnen alſo in die Naſen
gerochen/ und ſolchen Purpur in den Wangen gewuͤrckt/ daß ei-
ner nach dem andern Schamrot/ ohne weitere Verweilung/ zum
Tempel hinaus geſchlichen.

Vielen thut es nicht unfuͤglich frembd geduncken/ war-
um CHRJSTUS der HERR allhier nicht genaue
Juſtitz wegen deß veruͤbten Ehebruchs in Obacht genommen/
und ſolche wol-doctrirte Leut zu Vollziehung der gebuͤhren-
den Straff ermahnt/ auch etwan ſie wegen eyffriger Od-
ſicht ihrer Satzung gelobt? hat ſich wol loben! Ertz-
Schalck/ Ertz-Boͤswicht/ Ertz-ꝛc. ſeynd ſie geweſt/ indem
ſie ein Weib vorgeſtellet/ welche ſie im Ehebruch ertapt/ wie
es dann der Wahrheit gemeß iſt/ wo haben ſie dann den
Ehebrecher gelaſſen/ wo? wann ſie ertapt worden/ folgt
nothwendiger Weis/ daß er auch muß ſeyn in die Haͤnd
gerathen/ wann deme alſo/ wie geſchicht/ daß nur das
Weib zum Gericht zogen worden/ und er nicht? Hoͤre die
rechtmaͤſſige Urſach/ das Weib ware ein arme Haut/ ein
duͤrfftige Lappin/ hatte nichts zu ſpendiren/ er aber ware ein
reicher Vogel/ hat ſich wiſſen mit guldener Erkantnus ein-
zuſtellen/ dahero ſolcher Geſtalten ſich aller fernerer Un-
gelegenheit ausgeſchrauſſt mit dem verruchten Mammon
oder Geld: Alſo vermag das Geld alles/ das Geld macht
aus den Richtern richtige Geſellen/ das Geld macht aus
Treu/ treuloſe Leut/ das Geld macht aus Feinden Freund/
aus Freunden Feind/ das Geld kan alles/ wer guldene
Fluͤgel hat/ der fliegt zum hoͤchſten/ wer einen guldenen
Schluͤſſel hat/ ſperret alles auf/ auch die Hertzen der
Menſchen/ wer mit guldenen Kugeln ſchieſt/ erobert auch
die ſtaͤrckeſte Veſtung/ wer mit guldenen Angel fiſcht/ der
faͤngt alles was er will/ wer ein guldenen Præceptor hat/
der wird der Gelehrteſte/ Pecuniæ obediunt omnia, O
allmaͤchtiges Gold/ dir geſchicht die groͤſte Ehr.

Jenem
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0075" n="65"/><fw place="top" type="header">Mercks Wienn.</fw><lb/>
hebe zu allerer&#x017F;t die Stein auf/ und werffe auf &#x017F;ie; welches<lb/>
dann die tumpere Ge&#x017F;ellen nicht ver&#x017F;tunden/ oder nicht ver&#x017F;te-<lb/>
ben wolten/ deßwegen der <hi rendition="#g">HERR</hi> zum andertenmal auf<lb/>
die Erd ge&#x017F;chrieben/ und &#x017F;olche wunderliche <hi rendition="#aq">Charact</hi>ern und<lb/>
Schrifft aufge&#x017F;etzt/ aus dero ein jeder alle &#x017F;ein lebenlang be-<lb/>
gangene Su&#x0364;nde und &#x017F;aubere Stu&#x0364;ckel als aus einem lebendigen<lb/>
Beicht&#x017F;piegel ko&#x0364;nte er&#x017F;ehen/ welches ihnen al&#x017F;o in die Na&#x017F;en<lb/>
gerochen/ und &#x017F;olchen Purpur in den Wangen gewu&#x0364;rckt/ daß ei-<lb/>
ner nach dem andern Schamrot/ ohne weitere Verweilung/ zum<lb/>
Tempel hinaus ge&#x017F;chlichen.</p><lb/>
        <p>Vielen thut es nicht unfu&#x0364;glich frembd geduncken/ war-<lb/>
um <hi rendition="#g">CHRJSTUS</hi> der <hi rendition="#g">HERR</hi> allhier nicht genaue<lb/>
Ju&#x017F;titz wegen deß veru&#x0364;bten Ehebruchs in Obacht genommen/<lb/>
und &#x017F;olche wol-<hi rendition="#aq">doctri</hi>rte Leut zu Vollziehung der gebu&#x0364;hren-<lb/>
den Straff ermahnt/ auch etwan &#x017F;ie wegen eyffriger Od-<lb/>
&#x017F;icht ihrer Satzung gelobt? hat &#x017F;ich wol loben! Ertz-<lb/>
Schalck/ Ertz-Bo&#x0364;swicht/ Ertz-&#xA75B;c. &#x017F;eynd &#x017F;ie gewe&#x017F;t/ indem<lb/>
&#x017F;ie ein Weib vorge&#x017F;tellet/ welche &#x017F;ie im Ehebruch ertapt/ wie<lb/>
es dann der Wahrheit gemeß i&#x017F;t/ wo haben &#x017F;ie dann den<lb/>
Ehebrecher gela&#x017F;&#x017F;en/ wo? wann &#x017F;ie ertapt worden/ folgt<lb/>
nothwendiger Weis/ daß er auch muß &#x017F;eyn in die Ha&#x0364;nd<lb/>
gerathen/ wann deme al&#x017F;o/ wie ge&#x017F;chicht/ daß nur das<lb/>
Weib zum Gericht zogen worden/ und er nicht? Ho&#x0364;re die<lb/>
rechtma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Ur&#x017F;ach/ das Weib ware ein arme Haut/ ein<lb/>
du&#x0364;rfftige Lappin/ hatte nichts zu &#x017F;pendiren/ er aber ware ein<lb/>
reicher Vogel/ hat &#x017F;ich wi&#x017F;&#x017F;en mit guldener Erkantnus ein-<lb/>
zu&#x017F;tellen/ dahero &#x017F;olcher Ge&#x017F;talten &#x017F;ich aller fernerer Un-<lb/>
gelegenheit ausge&#x017F;chrau&#x017F;&#x017F;t mit dem verruchten Mammon<lb/>
oder Geld: Al&#x017F;o vermag das Geld alles/ das Geld macht<lb/>
aus den Richtern richtige Ge&#x017F;ellen/ das Geld macht aus<lb/>
Treu/ treulo&#x017F;e Leut/ das Geld macht aus Feinden Freund/<lb/>
aus Freunden Feind/ das Geld kan alles/ wer guldene<lb/>
Flu&#x0364;gel hat/ der fliegt zum ho&#x0364;ch&#x017F;ten/ wer einen guldenen<lb/>
Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el hat/ &#x017F;perret alles auf/ auch die Hertzen der<lb/>
Men&#x017F;chen/ wer mit guldenen Kugeln &#x017F;chie&#x017F;t/ erobert auch<lb/>
die &#x017F;ta&#x0364;rcke&#x017F;te Ve&#x017F;tung/ wer mit guldenen Angel fi&#x017F;cht/ der<lb/>
fa&#x0364;ngt alles was er will/ wer ein guldenen <hi rendition="#aq">Præceptor</hi> hat/<lb/>
der wird der Gelehrte&#x017F;te/ <hi rendition="#aq">Pecuniæ obediunt omnia,</hi> O<lb/>
allma&#x0364;chtiges Gold/ dir ge&#x017F;chicht die gro&#x0364;&#x017F;te Ehr.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">E 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Jenem</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0075] Mercks Wienn. hebe zu allererſt die Stein auf/ und werffe auf ſie; welches dann die tumpere Geſellen nicht verſtunden/ oder nicht verſte- ben wolten/ deßwegen der HERR zum andertenmal auf die Erd geſchrieben/ und ſolche wunderliche Charactern und Schrifft aufgeſetzt/ aus dero ein jeder alle ſein lebenlang be- gangene Suͤnde und ſaubere Stuͤckel als aus einem lebendigen Beichtſpiegel koͤnte erſehen/ welches ihnen alſo in die Naſen gerochen/ und ſolchen Purpur in den Wangen gewuͤrckt/ daß ei- ner nach dem andern Schamrot/ ohne weitere Verweilung/ zum Tempel hinaus geſchlichen. Vielen thut es nicht unfuͤglich frembd geduncken/ war- um CHRJSTUS der HERR allhier nicht genaue Juſtitz wegen deß veruͤbten Ehebruchs in Obacht genommen/ und ſolche wol-doctrirte Leut zu Vollziehung der gebuͤhren- den Straff ermahnt/ auch etwan ſie wegen eyffriger Od- ſicht ihrer Satzung gelobt? hat ſich wol loben! Ertz- Schalck/ Ertz-Boͤswicht/ Ertz-ꝛc. ſeynd ſie geweſt/ indem ſie ein Weib vorgeſtellet/ welche ſie im Ehebruch ertapt/ wie es dann der Wahrheit gemeß iſt/ wo haben ſie dann den Ehebrecher gelaſſen/ wo? wann ſie ertapt worden/ folgt nothwendiger Weis/ daß er auch muß ſeyn in die Haͤnd gerathen/ wann deme alſo/ wie geſchicht/ daß nur das Weib zum Gericht zogen worden/ und er nicht? Hoͤre die rechtmaͤſſige Urſach/ das Weib ware ein arme Haut/ ein duͤrfftige Lappin/ hatte nichts zu ſpendiren/ er aber ware ein reicher Vogel/ hat ſich wiſſen mit guldener Erkantnus ein- zuſtellen/ dahero ſolcher Geſtalten ſich aller fernerer Un- gelegenheit ausgeſchrauſſt mit dem verruchten Mammon oder Geld: Alſo vermag das Geld alles/ das Geld macht aus den Richtern richtige Geſellen/ das Geld macht aus Treu/ treuloſe Leut/ das Geld macht aus Feinden Freund/ aus Freunden Feind/ das Geld kan alles/ wer guldene Fluͤgel hat/ der fliegt zum hoͤchſten/ wer einen guldenen Schluͤſſel hat/ ſperret alles auf/ auch die Hertzen der Menſchen/ wer mit guldenen Kugeln ſchieſt/ erobert auch die ſtaͤrckeſte Veſtung/ wer mit guldenen Angel fiſcht/ der faͤngt alles was er will/ wer ein guldenen Præceptor hat/ der wird der Gelehrteſte/ Pecuniæ obediunt omnia, O allmaͤchtiges Gold/ dir geſchicht die groͤſte Ehr. Jenem E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/75
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/75>, abgerufen am 09.11.2024.