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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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Betrachtung der Unreinigkeit.
Nemlich bey denenjenigen, die sich der Mäßigkeit, Zucht und
Tugend befleißigen. Jhre Lebensgeister werden nicht er-
schöpft: die Natur wird nicht unterdrücket; die Munterkeit
ihres Gemüths nicht verschwendet, und das Marck in ihren
Beinen nicht verwüstet. Jhre Jugend hat ihr Alter nicht
beraubet. Jhre frühzeitigen Laster haben die Natur nicht
ausgetrocknet, und das Wasser gleichsam von der Mühle ab-
geleitet. Da hingegen das Laster die Jugend vor der Zeit
unter Kopfschmertzen, Steckflüssen, und Wassersucht ächtzen
und lechtzen lässet. Die Gelencke zittern, und können den
Leib nicht unterstützen; die Nerven sind enerviret und ent-
kräftet; die Spannadern eingekrumpfen. Das Geblüt ist
vergiftet; der Lebensgeist erschöpffet, und die gantze Masse
verderbet. Also muß das Gebäude, wie eine reiche Stadt,
die durch ein Erdbeben verschlungen wird, zu Grunde sin-
cken, daß nichts als ein trauriges Denckmahl des verderbli-
chen Lasters, und ein Opfer der Schwelgerey übrig blei-
bet. - - - - Wie viele fi[n]den wir nicht fast in je-
dem wöchentlichen Todtenzettel, die sich zu todt gesoffen, zu
todt erboset, einander im Duell umgebracht, oder ihr Leben
auf eine andere unglückselige Weise, einer durch diesen, und
der andre durch einen andern groben Exceß geendet haben?
Wolte wol jemand vorgeben, diese hätten ihr Leben nicht selbst
verkürtzet? Soll man nicht vielmehr mit David sagen, daß
sie ihr Leben nicht zur Helfte gebracht haben? Ps. 56, 24.
Man würde die Gerechtigkeit der göttlichen Vorsehung be-
leidigen, wenn man sprechen wolte, sie wären nicht durch ihre
eigene Laster umkommen, und mit den Gottlosen, deren Da-
vid erwehnet, aus dem Lande der Lebendigen hingerissen wor-
den, ehe sie ihre Jahre noch zur Helfte gebracht haben. Da-
mit wir uns aber nicht bey Dingen aufhalten, die zu weit
von unserm Zweck entfernet sind, so ist gewiß, daß, wenn ja
das Leben durch unsere Unmäßigkeit und Laster nicht verkürtzt
werden könnte, dennoch dasselbe viel unvergnügter, beschwer-
licher und verdrüßlicher gemacht werde, wenn man dasselbe
mit Kranckheiten und Sorgen beladet, und sich an statt der
Gesundheit, Stärcke und Munterkeit, tausenderley Elend
über den Hals ziehet. Ein heiteres Antlitz, muntere und
lebhafte Augen, ein beständiges Lächeln, ein hurtiger und
behender Leib, ein klarer Verstand, ein starckes Gedächtniß,
und reine Gliedmassen, sind die natürlichen Zierrathen eines
Menschen von einem unbefleckten Geschlechte. Allein wie
oft müssen diese ursprünglichen Schönheiten, als angebor-
ne Kennzeichen der Jugend und einer guten Leibesbe-
schaffenheit, verwelcken und hinfallen; da hingegen Bleich-
sucht und Magerkeit das Gesicht, Schwermuth das Hertz,

und

Betrachtung der Unreinigkeit.
Nemlich bey denenjenigen, die ſich der Maͤßigkeit, Zucht und
Tugend befleißigen. Jhre Lebensgeiſter werden nicht er-
ſchoͤpft: die Natur wird nicht unterdruͤcket; die Munterkeit
ihres Gemuͤths nicht verſchwendet, und das Marck in ihren
Beinen nicht verwuͤſtet. Jhre Jugend hat ihr Alter nicht
beraubet. Jhre fruͤhzeitigen Laſter haben die Natur nicht
ausgetrocknet, und das Waſſer gleichſam von der Muͤhle ab-
geleitet. Da hingegen das Laſter die Jugend vor der Zeit
unter Kopfſchmertzen, Steckfluͤſſen, und Waſſerſucht aͤchtzen
und lechtzen laͤſſet. Die Gelencke zittern, und koͤnnen den
Leib nicht unterſtuͤtzen; die Nerven ſind enerviret und ent-
kraͤftet; die Spannadern eingekrumpfen. Das Gebluͤt iſt
vergiftet; der Lebensgeiſt erſchoͤpffet, und die gantze Maſſe
verderbet. Alſo muß das Gebaͤude, wie eine reiche Stadt,
die durch ein Erdbeben verſchlungen wird, zu Grunde ſin-
cken, daß nichts als ein trauriges Denckmahl des verderbli-
chen Laſters, und ein Opfer der Schwelgerey uͤbrig blei-
bet. ‒ ‒ ‒ ‒ Wie viele fi[n]den wir nicht faſt in je-
dem woͤchentlichen Todtenzettel, die ſich zu todt geſoffen, zu
todt erboſet, einander im Duell umgebracht, oder ihr Leben
auf eine andere ungluͤckſelige Weiſe, einer durch dieſen, und
der andre durch einen andern groben Exceß geendet haben?
Wolte wol jemand vorgeben, dieſe haͤtten ihr Leben nicht ſelbſt
verkuͤrtzet? Soll man nicht vielmehr mit David ſagen, daß
ſie ihr Leben nicht zur Helfte gebracht haben? Pſ. 56, 24.
Man wuͤrde die Gerechtigkeit der goͤttlichen Vorſehung be-
leidigen, wenn man ſprechen wolte, ſie waͤren nicht durch ihre
eigene Laſter umkommen, und mit den Gottloſen, deren Da-
vid erwehnet, aus dem Lande der Lebendigen hingeriſſen wor-
den, ehe ſie ihre Jahre noch zur Helfte gebracht haben. Da-
mit wir uns aber nicht bey Dingen aufhalten, die zu weit
von unſerm Zweck entfernet ſind, ſo iſt gewiß, daß, wenn ja
das Leben durch unſere Unmaͤßigkeit und Laſter nicht verkuͤrtzt
werden koͤnnte, dennoch daſſelbe viel unvergnuͤgter, beſchwer-
licher und verdruͤßlicher gemacht werde, wenn man daſſelbe
mit Kranckheiten und Sorgen beladet, und ſich an ſtatt der
Geſundheit, Staͤrcke und Munterkeit, tauſenderley Elend
uͤber den Hals ziehet. Ein heiteres Antlitz, muntere und
lebhafte Augen, ein beſtaͤndiges Laͤcheln, ein hurtiger und
behender Leib, ein klarer Verſtand, ein ſtarckes Gedaͤchtniß,
und reine Gliedmaſſen, ſind die natuͤrlichen Zierrathen eines
Menſchen von einem unbefleckten Geſchlechte. Allein wie
oft muͤſſen dieſe urſpruͤnglichen Schoͤnheiten, als angebor-
ne Kennzeichen der Jugend und einer guten Leibesbe-
ſchaffenheit, verwelcken und hinfallen; da hingegen Bleich-
ſucht und Magerkeit das Geſicht, Schwermuth das Hertz,

und
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[207/0227] Betrachtung der Unreinigkeit. Nemlich bey denenjenigen, die ſich der Maͤßigkeit, Zucht und Tugend befleißigen. Jhre Lebensgeiſter werden nicht er- ſchoͤpft: die Natur wird nicht unterdruͤcket; die Munterkeit ihres Gemuͤths nicht verſchwendet, und das Marck in ihren Beinen nicht verwuͤſtet. Jhre Jugend hat ihr Alter nicht beraubet. Jhre fruͤhzeitigen Laſter haben die Natur nicht ausgetrocknet, und das Waſſer gleichſam von der Muͤhle ab- geleitet. Da hingegen das Laſter die Jugend vor der Zeit unter Kopfſchmertzen, Steckfluͤſſen, und Waſſerſucht aͤchtzen und lechtzen laͤſſet. Die Gelencke zittern, und koͤnnen den Leib nicht unterſtuͤtzen; die Nerven ſind enerviret und ent- kraͤftet; die Spannadern eingekrumpfen. Das Gebluͤt iſt vergiftet; der Lebensgeiſt erſchoͤpffet, und die gantze Maſſe verderbet. Alſo muß das Gebaͤude, wie eine reiche Stadt, die durch ein Erdbeben verſchlungen wird, zu Grunde ſin- cken, daß nichts als ein trauriges Denckmahl des verderbli- chen Laſters, und ein Opfer der Schwelgerey uͤbrig blei- bet. ‒ ‒ ‒ ‒ Wie viele finden wir nicht faſt in je- dem woͤchentlichen Todtenzettel, die ſich zu todt geſoffen, zu todt erboſet, einander im Duell umgebracht, oder ihr Leben auf eine andere ungluͤckſelige Weiſe, einer durch dieſen, und der andre durch einen andern groben Exceß geendet haben? Wolte wol jemand vorgeben, dieſe haͤtten ihr Leben nicht ſelbſt verkuͤrtzet? Soll man nicht vielmehr mit David ſagen, daß ſie ihr Leben nicht zur Helfte gebracht haben? Pſ. 56, 24. Man wuͤrde die Gerechtigkeit der goͤttlichen Vorſehung be- leidigen, wenn man ſprechen wolte, ſie waͤren nicht durch ihre eigene Laſter umkommen, und mit den Gottloſen, deren Da- vid erwehnet, aus dem Lande der Lebendigen hingeriſſen wor- den, ehe ſie ihre Jahre noch zur Helfte gebracht haben. Da- mit wir uns aber nicht bey Dingen aufhalten, die zu weit von unſerm Zweck entfernet ſind, ſo iſt gewiß, daß, wenn ja das Leben durch unſere Unmaͤßigkeit und Laſter nicht verkuͤrtzt werden koͤnnte, dennoch daſſelbe viel unvergnuͤgter, beſchwer- licher und verdruͤßlicher gemacht werde, wenn man daſſelbe mit Kranckheiten und Sorgen beladet, und ſich an ſtatt der Geſundheit, Staͤrcke und Munterkeit, tauſenderley Elend uͤber den Hals ziehet. Ein heiteres Antlitz, muntere und lebhafte Augen, ein beſtaͤndiges Laͤcheln, ein hurtiger und behender Leib, ein klarer Verſtand, ein ſtarckes Gedaͤchtniß, und reine Gliedmaſſen, ſind die natuͤrlichen Zierrathen eines Menſchen von einem unbefleckten Geſchlechte. Allein wie oft muͤſſen dieſe urſpruͤnglichen Schoͤnheiten, als angebor- ne Kennzeichen der Jugend und einer guten Leibesbe- ſchaffenheit, verwelcken und hinfallen; da hingegen Bleich- ſucht und Magerkeit das Geſicht, Schwermuth das Hertz, und

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/227>, abgerufen am 27.11.2024.