Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Quellen der Unreinigkeit.
solcher Leute Art behelfen muste, auch anders nicht als
das schwache Bier oder Covent seinen Durst zu stillen
hatte, dennoch immer frölich war, und seine bebende al-
te Stimme frühe, und nach dem Frühstück, wie auch
gegen dem Abend und die Nacht hertzhaft und freudig
erschallen ließ. Dem Kaufmann, der in der Nähe wohn-
te und den Zustand dieses Mannes gar wohl wuste, war
sein Singen nicht nur wunderlich sondern manchmahl
auch verdrießlich vorgekommen: darum er ihm auch ein-
mahl zuredete und ihn befragte, wie er doch bey solcher
Armuth und schlechten Tractamenten könte singen und
frölich seyn? Dieser antwortete: wie? ists denn allein
an den zeitlichen Gütern und an der leiblichen Speise
gelegen? haben denn wir Christen nicht was mehrers
und bessers, als dis vergängliche? der Kaufmann ver-
setzte: was habt ihr denn mehr als ein bißgen Zugemü-
se zu geniessen? etwa Käse und Brot und einen Trunck
Covent? der Arme antwortete: Meines GOttes Gna-
de, ein geruhiges freudiges Gewissen, und die feste
versicherte Hofnung des ewigen Lebens, das GOtt
bereitet hat, denen die Jhn lieben. Dis ist mein Ge-
würtz, damit ich mein Zugemüse schmackhaft kriege;
dis ist mein Zucker, damit ich meinen sauren Co-
vent lieblich mache: dis ist mein Wein davon
mein Hertz und Mund frölich wird: zu dem hab
ich meinen JEsum allzeit bey mir, der ist mein täg-
licher Gast und Fürleger. Er bricht mir mein Brot,
und ich nehme es aus seinen göttlichen und geseg-
neten Händen. Er segnet mir meinen Trunck, und
macht ihn mit seiner Liebe lieblich und süsse; Er
versichert mich der Kindschaft GOttes und meines
Heils, durch das innere Zeugniß des heiligen Gei-
stes, welches kräfftiger und edler ist als der edelste
und beste Wein von der Welt: wie kann ich denn
anders als frölich seyn?
(Dis ist schier auf den Schlag,
als wie ein anderer Zionite bey gleicher Gelegenheit
sagte: Wie freut mich dis mein Essen! ich nehm es
hin aus den versöhnten Händen des Vaters, der
mich ewig lieht. Jch weiß, wie gerne und mit was
für einem innigen Wohlgefallen seines Hertzens er
mirs gibt und gönnet. Jch kanns nicht |so frölich
empfangen, als frölich er mirs darreichet. Jch weiß
auch, daß es mir Kraft des erlangten Gnadenrechts
gewißlich gebühret: denn meine Versöhnung und
Kindschaft bey GOtt ist unläugbar und feste. Und
da gründet sich alles auf JEsum, der mir das Recht
zur Creatur wieder erworben hat. Dieser ist mein

HErr
M m 5

Quellen der Unreinigkeit.
ſolcher Leute Art behelfen muſte, auch anders nicht als
das ſchwache Bier oder Covent ſeinen Durſt zu ſtillen
hatte, dennoch immer froͤlich war, und ſeine bebende al-
te Stimme fruͤhe, und nach dem Fruͤhſtuͤck, wie auch
gegen dem Abend und die Nacht hertzhaft und freudig
erſchallen ließ. Dem Kaufmann, der in der Naͤhe wohn-
te und den Zuſtand dieſes Mannes gar wohl wuſte, war
ſein Singen nicht nur wunderlich ſondern manchmahl
auch verdrießlich vorgekommen: darum er ihm auch ein-
mahl zuredete und ihn befragte, wie er doch bey ſolcher
Armuth und ſchlechten Tractamenten koͤnte ſingen und
froͤlich ſeyn? Dieſer antwortete: wie? iſts denn allein
an den zeitlichen Guͤtern und an der leiblichen Speiſe
gelegen? haben denn wir Chriſten nicht was mehrers
und beſſers, als dis vergaͤngliche? der Kaufmann ver-
ſetzte: was habt ihr denn mehr als ein bißgen Zugemuͤ-
ſe zu genieſſen? etwa Kaͤſe und Brot und einen Trunck
Covent? der Arme antwortete: Meines GOttes Gna-
de, ein geruhiges freudiges Gewiſſen, und die feſte
verſicherte Hofnung des ewigen Lebens, das GOtt
bereitet hat, denen die Jhn lieben. Dis iſt mein Ge-
wuͤrtz, damit ich mein Zugemuͤſe ſchmackhaft kriege;
dis iſt mein Zucker, damit ich meinen ſauren Co-
vent lieblich mache: dis iſt mein Wein davon
mein Hertz und Mund froͤlich wird: zu dem hab
ich meinen JEſum allzeit bey mir, der iſt mein taͤg-
licher Gaſt und Fuͤrleger. Er bricht mir mein Brot,
und ich nehme es aus ſeinen goͤttlichen und geſeg-
neten Haͤnden. Er ſegnet mir meinen Trunck, und
macht ihn mit ſeiner Liebe lieblich und ſuͤſſe; Er
verſichert mich der Kindſchaft GOttes und meines
Heils, durch das innere Zeugniß des heiligen Gei-
ſtes, welches kraͤfftiger und edler iſt als der edelſte
und beſte Wein von der Welt: wie kann ich denn
anders als froͤlich ſeyn?
(Dis iſt ſchier auf den Schlag,
als wie ein anderer Zionite bey gleicher Gelegenheit
ſagte: Wie freut mich dis mein Eſſen! ich nehm es
hin aus den verſoͤhnten Haͤnden des Vaters, der
mich ewig lieht. Jch weiß, wie gerne und mit was
fuͤr einem innigen Wohlgefallen ſeines Hertzens er
mirs gibt und goͤnnet. Jch kanns nicht |ſo froͤlich
empfangen, als froͤlich er mirs darreichet. Jch weiß
auch, daß es mir Kraft des erlangten Gnadenrechts
gewißlich gebuͤhret: denn meine Verſoͤhnung und
Kindſchaft bey GOtt iſt unlaͤugbar und feſte. Und
da gruͤndet ſich alles auf JEſum, der mir das Recht
zur Creatur wieder erworben hat. Dieſer iſt mein

HErr
M m 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0573" n="553"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Quellen der Unreinigkeit.</hi></fw><lb/>
&#x017F;olcher Leute Art behelfen mu&#x017F;te, auch anders nicht als<lb/>
das &#x017F;chwache Bier oder Covent &#x017F;einen Dur&#x017F;t zu &#x017F;tillen<lb/>
hatte, dennoch immer fro&#x0364;lich war, und &#x017F;eine bebende al-<lb/>
te Stimme fru&#x0364;he, und nach dem Fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;ck, wie auch<lb/>
gegen dem Abend und die Nacht hertzhaft und freudig<lb/>
er&#x017F;challen ließ. Dem Kaufmann, der in der Na&#x0364;he wohn-<lb/>
te und den Zu&#x017F;tand die&#x017F;es Mannes gar wohl wu&#x017F;te, war<lb/>
&#x017F;ein Singen nicht nur wunderlich &#x017F;ondern manchmahl<lb/>
auch verdrießlich vorgekommen: darum er ihm auch ein-<lb/>
mahl zuredete und ihn befragte, wie er doch bey &#x017F;olcher<lb/>
Armuth und &#x017F;chlechten Tractamenten ko&#x0364;nte &#x017F;ingen und<lb/>
fro&#x0364;lich &#x017F;eyn? Die&#x017F;er antwortete: wie? i&#x017F;ts denn allein<lb/>
an den zeitlichen Gu&#x0364;tern und an der leiblichen Spei&#x017F;e<lb/>
gelegen? haben denn wir Chri&#x017F;ten nicht was mehrers<lb/>
und be&#x017F;&#x017F;ers, als dis verga&#x0364;ngliche? der Kaufmann ver-<lb/>
&#x017F;etzte: was habt ihr denn mehr als ein bißgen Zugemu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;e zu genie&#x017F;&#x017F;en? etwa Ka&#x0364;&#x017F;e und Brot und einen Trunck<lb/>
Covent? der Arme antwortete: <hi rendition="#fr">Meines GOttes Gna-<lb/>
de, ein geruhiges freudiges Gewi&#x017F;&#x017F;en, und die fe&#x017F;te<lb/>
ver&#x017F;icherte Hofnung des ewigen Lebens, das GOtt<lb/>
bereitet hat, denen die Jhn lieben. Dis i&#x017F;t mein Ge-<lb/>
wu&#x0364;rtz, damit ich mein Zugemu&#x0364;&#x017F;e &#x017F;chmackhaft kriege;<lb/>
dis i&#x017F;t mein Zucker, damit ich meinen &#x017F;auren Co-<lb/>
vent lieblich mache: dis i&#x017F;t mein Wein davon<lb/>
mein Hertz und Mund fro&#x0364;lich wird: zu dem hab<lb/>
ich meinen JE&#x017F;um allzeit bey mir, der i&#x017F;t mein ta&#x0364;g-<lb/>
licher Ga&#x017F;t und Fu&#x0364;rleger. Er bricht mir mein Brot,<lb/>
und ich nehme es aus &#x017F;einen go&#x0364;ttlichen und ge&#x017F;eg-<lb/>
neten Ha&#x0364;nden. Er &#x017F;egnet mir meinen Trunck, und<lb/>
macht ihn mit &#x017F;einer Liebe lieblich und &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; Er<lb/>
ver&#x017F;ichert mich der Kind&#x017F;chaft GOttes und meines<lb/>
Heils, durch das innere Zeugniß des heiligen Gei-<lb/>
&#x017F;tes, welches kra&#x0364;fftiger und edler i&#x017F;t als der edel&#x017F;te<lb/>
und be&#x017F;te Wein von der Welt: wie kann ich denn<lb/>
anders als fro&#x0364;lich &#x017F;eyn?</hi> (Dis i&#x017F;t &#x017F;chier auf den Schlag,<lb/>
als wie ein anderer Zionite bey gleicher Gelegenheit<lb/>
&#x017F;agte: <hi rendition="#fr">Wie freut mich dis mein E&#x017F;&#x017F;en! ich nehm es<lb/>
hin aus den ver&#x017F;o&#x0364;hnten Ha&#x0364;nden des Vaters, der<lb/>
mich ewig lieht. Jch weiß, wie gerne und mit was<lb/>
fu&#x0364;r einem innigen Wohlgefallen &#x017F;eines Hertzens er<lb/>
mirs gibt und go&#x0364;nnet. Jch kanns nicht |&#x017F;o fro&#x0364;lich<lb/>
empfangen, als fro&#x0364;lich er mirs darreichet. Jch weiß<lb/>
auch, daß es mir Kraft des erlangten Gnadenrechts<lb/>
gewißlich gebu&#x0364;hret: denn meine Ver&#x017F;o&#x0364;hnung und<lb/>
Kind&#x017F;chaft bey GOtt i&#x017F;t unla&#x0364;ugbar und fe&#x017F;te. Und<lb/>
da gru&#x0364;ndet &#x017F;ich alles auf JE&#x017F;um, der mir das Recht<lb/>
zur Creatur wieder erworben hat. Die&#x017F;er i&#x017F;t mein</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m 5</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">HErr</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[553/0573] Quellen der Unreinigkeit. ſolcher Leute Art behelfen muſte, auch anders nicht als das ſchwache Bier oder Covent ſeinen Durſt zu ſtillen hatte, dennoch immer froͤlich war, und ſeine bebende al- te Stimme fruͤhe, und nach dem Fruͤhſtuͤck, wie auch gegen dem Abend und die Nacht hertzhaft und freudig erſchallen ließ. Dem Kaufmann, der in der Naͤhe wohn- te und den Zuſtand dieſes Mannes gar wohl wuſte, war ſein Singen nicht nur wunderlich ſondern manchmahl auch verdrießlich vorgekommen: darum er ihm auch ein- mahl zuredete und ihn befragte, wie er doch bey ſolcher Armuth und ſchlechten Tractamenten koͤnte ſingen und froͤlich ſeyn? Dieſer antwortete: wie? iſts denn allein an den zeitlichen Guͤtern und an der leiblichen Speiſe gelegen? haben denn wir Chriſten nicht was mehrers und beſſers, als dis vergaͤngliche? der Kaufmann ver- ſetzte: was habt ihr denn mehr als ein bißgen Zugemuͤ- ſe zu genieſſen? etwa Kaͤſe und Brot und einen Trunck Covent? der Arme antwortete: Meines GOttes Gna- de, ein geruhiges freudiges Gewiſſen, und die feſte verſicherte Hofnung des ewigen Lebens, das GOtt bereitet hat, denen die Jhn lieben. Dis iſt mein Ge- wuͤrtz, damit ich mein Zugemuͤſe ſchmackhaft kriege; dis iſt mein Zucker, damit ich meinen ſauren Co- vent lieblich mache: dis iſt mein Wein davon mein Hertz und Mund froͤlich wird: zu dem hab ich meinen JEſum allzeit bey mir, der iſt mein taͤg- licher Gaſt und Fuͤrleger. Er bricht mir mein Brot, und ich nehme es aus ſeinen goͤttlichen und geſeg- neten Haͤnden. Er ſegnet mir meinen Trunck, und macht ihn mit ſeiner Liebe lieblich und ſuͤſſe; Er verſichert mich der Kindſchaft GOttes und meines Heils, durch das innere Zeugniß des heiligen Gei- ſtes, welches kraͤfftiger und edler iſt als der edelſte und beſte Wein von der Welt: wie kann ich denn anders als froͤlich ſeyn? (Dis iſt ſchier auf den Schlag, als wie ein anderer Zionite bey gleicher Gelegenheit ſagte: Wie freut mich dis mein Eſſen! ich nehm es hin aus den verſoͤhnten Haͤnden des Vaters, der mich ewig lieht. Jch weiß, wie gerne und mit was fuͤr einem innigen Wohlgefallen ſeines Hertzens er mirs gibt und goͤnnet. Jch kanns nicht |ſo froͤlich empfangen, als froͤlich er mirs darreichet. Jch weiß auch, daß es mir Kraft des erlangten Gnadenrechts gewißlich gebuͤhret: denn meine Verſoͤhnung und Kindſchaft bey GOtt iſt unlaͤugbar und feſte. Und da gruͤndet ſich alles auf JEſum, der mir das Recht zur Creatur wieder erworben hat. Dieſer iſt mein HErr M m 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/573
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/573>, abgerufen am 26.11.2024.