Seelenauge in der Einbildungskraft etwas un- keusches betrachtet, als wenn das äussere Auge des Leibes etwa ein Manns- oder Weibsbild an- siehet. Wiewol auch mit den Augen ein Bund ge- macht werden muß, nicht zu sehen nach einer Jung- frauen Job. 31: sintemal durch diese Fenster der Sündentod hinein steiget. So ists auch ein höllischer Undanck, die Augen (so ein theures Ge- schenck des Schöpfers und wunderwürdiges Mei- sterstück unsers unendlichen Gutthäters) zu Waf- fen und Siegespforten der Unkeuschheit zu ma- chen, GOtt zur Schmach und Verdruß.
Ein schöner und wohlgebildeter Leib und eine ausgefüllete weisse Haut hat etwas in sich, das die Sinnen wunderlich bezaubert. Dis ist eine über- aus wichtige Probe unseres Abfalls von GOtt, unserer verlornen Freyheit, und unsers bejam- mernswürdigen Verderbens. Die leibliche Schön- heit ist ja nichts anders, als nur eine gewisse Ein- theilung der Farbe und Bildung der Glieder. Wenn eben dieselbe Haut, eben dis Fleisch und Blut, nur ein jedwedes besonders dem allerun- keuschesten Menschen vorgeleget würde: solte es ihn wol nimmermehr zur Geilheit reitzen. O des unendlichen Elendes des Menschen: daß ihn Blut, Haut und Fleisch fahen, und zur Höllen verstri- cken können; und kein Ding ihn von dieser Zau- berey völlig und gründlich befreyen kann, als al- lein die allmächtige Kraft des heiligen Geistes, welche gantz allein des Satans Zauberkraft im Fleisch zu zerbrechen und zu zerstören vermag.
Es war ein Altvater, der viel und oft angefochten ward wegen eines Weibes, das er etwa angesehen hatte. Da er nun hörte daß sie gestorben war, grub er sie sich zum Tort und Straffe aus, damit er mit dem Gestanck seine Anfechtung vertreiben möchte. Freylich ists auch gut,
daß
C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit.
Seelenauge in der Einbildungskraft etwas un- keuſches betrachtet, als wenn das aͤuſſere Auge des Leibes etwa ein Manns- oder Weibsbild an- ſiehet. Wiewol auch mit den Augen ein Bund ge- macht werden muß, nicht zu ſehen nach einer Jung- frauen Job. 31: ſintemal durch dieſe Fenſter der Suͤndentod hinein ſteiget. So iſts auch ein hoͤlliſcher Undanck, die Augen (ſo ein theures Ge- ſchenck des Schoͤpfers und wunderwuͤrdiges Mei- ſterſtuͤck unſers unendlichen Gutthaͤters) zu Waf- fen und Siegespforten der Unkeuſchheit zu ma- chen, GOtt zur Schmach und Verdruß.
Ein ſchoͤner und wohlgebildeter Leib und eine ausgefuͤllete weiſſe Haut hat etwas in ſich, das die Sinnen wunderlich bezaubert. Dis iſt eine uͤber- aus wichtige Probe unſeres Abfalls von GOtt, unſerer verlornen Freyheit, und unſers bejam- mernswuͤrdigen Verderbens. Die leibliche Schoͤn- heit iſt ja nichts anders, als nur eine gewiſſe Ein- theilung der Farbe und Bildung der Glieder. Wenn eben dieſelbe Haut, eben dis Fleiſch und Blut, nur ein jedwedes beſonders dem allerun- keuſcheſten Menſchen vorgeleget wuͤrde: ſolte es ihn wol nimmermehr zur Geilheit reitzen. O des unendlichen Elendes des Menſchen: daß ihn Blut, Haut und Fleiſch fahen, und zur Hoͤllen verſtri- cken koͤnnen; und kein Ding ihn von dieſer Zau- berey voͤllig und gruͤndlich befreyen kann, als al- lein die allmaͤchtige Kraft des heiligen Geiſtes, welche gantz allein des Satans Zauberkraft im Fleiſch zu zerbrechen und zu zerſtoͤren vermag.
Es war ein Altvater, der viel und oft angefochten ward wegen eines Weibes, das er etwa angeſehen hatte. Da er nun hoͤrte daß ſie geſtorben war, grub er ſie ſich zum Tort und Straffe aus, damit er mit dem Geſtanck ſeine Anfechtung vertreiben moͤchte. Freylich iſts auch gut,
daß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0687"n="667"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit.</hi></fw><lb/>
Seelenauge in der Einbildungskraft etwas un-<lb/>
keuſches betrachtet, als wenn das aͤuſſere Auge<lb/>
des Leibes etwa ein Manns- oder Weibsbild an-<lb/>ſiehet. Wiewol auch mit den Augen ein Bund ge-<lb/>
macht werden muß, nicht zu ſehen nach einer Jung-<lb/>
frauen Job. 31: ſintemal durch dieſe Fenſter<lb/>
der Suͤndentod hinein ſteiget. So iſts auch ein<lb/>
hoͤlliſcher Undanck, die Augen (ſo ein theures Ge-<lb/>ſchenck des Schoͤpfers und wunderwuͤrdiges Mei-<lb/>ſterſtuͤck unſers unendlichen Gutthaͤters) zu Waf-<lb/>
fen und Siegespforten der Unkeuſchheit zu ma-<lb/>
chen, GOtt zur Schmach und Verdruß.</p><lb/><p>Ein ſchoͤner und wohlgebildeter Leib und eine<lb/>
ausgefuͤllete weiſſe Haut hat etwas in ſich, das die<lb/>
Sinnen wunderlich bezaubert. Dis iſt eine uͤber-<lb/>
aus wichtige Probe unſeres Abfalls von GOtt,<lb/>
unſerer verlornen Freyheit, und unſers bejam-<lb/>
mernswuͤrdigen Verderbens. Die leibliche Schoͤn-<lb/>
heit iſt ja nichts anders, als nur eine gewiſſe Ein-<lb/>
theilung der Farbe und Bildung der Glieder.<lb/>
Wenn eben dieſelbe Haut, eben dis Fleiſch und<lb/>
Blut, nur ein jedwedes beſonders dem allerun-<lb/>
keuſcheſten Menſchen vorgeleget wuͤrde: ſolte es<lb/>
ihn wol nimmermehr zur Geilheit reitzen. O des<lb/>
unendlichen Elendes des Menſchen: daß ihn Blut,<lb/>
Haut und Fleiſch fahen, und zur Hoͤllen verſtri-<lb/>
cken koͤnnen; und kein Ding ihn von dieſer Zau-<lb/>
berey voͤllig und gruͤndlich befreyen kann, als al-<lb/>
lein die allmaͤchtige Kraft des heiligen Geiſtes,<lb/>
welche gantz allein des Satans Zauberkraft im<lb/>
Fleiſch zu zerbrechen und zu zerſtoͤren vermag.</p><lb/><p>Es war ein Altvater, der viel und oft angefochten ward<lb/>
wegen eines Weibes, das er etwa angeſehen hatte. Da<lb/>
er nun hoͤrte daß ſie geſtorben war, grub er ſie ſich zum<lb/>
Tort und Straffe aus, damit er mit dem Geſtanck ſeine<lb/>
Anfechtung vertreiben moͤchte. Freylich iſts auch gut,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">daß</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[667/0687]
C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit.
Seelenauge in der Einbildungskraft etwas un-
keuſches betrachtet, als wenn das aͤuſſere Auge
des Leibes etwa ein Manns- oder Weibsbild an-
ſiehet. Wiewol auch mit den Augen ein Bund ge-
macht werden muß, nicht zu ſehen nach einer Jung-
frauen Job. 31: ſintemal durch dieſe Fenſter
der Suͤndentod hinein ſteiget. So iſts auch ein
hoͤlliſcher Undanck, die Augen (ſo ein theures Ge-
ſchenck des Schoͤpfers und wunderwuͤrdiges Mei-
ſterſtuͤck unſers unendlichen Gutthaͤters) zu Waf-
fen und Siegespforten der Unkeuſchheit zu ma-
chen, GOtt zur Schmach und Verdruß.
Ein ſchoͤner und wohlgebildeter Leib und eine
ausgefuͤllete weiſſe Haut hat etwas in ſich, das die
Sinnen wunderlich bezaubert. Dis iſt eine uͤber-
aus wichtige Probe unſeres Abfalls von GOtt,
unſerer verlornen Freyheit, und unſers bejam-
mernswuͤrdigen Verderbens. Die leibliche Schoͤn-
heit iſt ja nichts anders, als nur eine gewiſſe Ein-
theilung der Farbe und Bildung der Glieder.
Wenn eben dieſelbe Haut, eben dis Fleiſch und
Blut, nur ein jedwedes beſonders dem allerun-
keuſcheſten Menſchen vorgeleget wuͤrde: ſolte es
ihn wol nimmermehr zur Geilheit reitzen. O des
unendlichen Elendes des Menſchen: daß ihn Blut,
Haut und Fleiſch fahen, und zur Hoͤllen verſtri-
cken koͤnnen; und kein Ding ihn von dieſer Zau-
berey voͤllig und gruͤndlich befreyen kann, als al-
lein die allmaͤchtige Kraft des heiligen Geiſtes,
welche gantz allein des Satans Zauberkraft im
Fleiſch zu zerbrechen und zu zerſtoͤren vermag.
Es war ein Altvater, der viel und oft angefochten ward
wegen eines Weibes, das er etwa angeſehen hatte. Da
er nun hoͤrte daß ſie geſtorben war, grub er ſie ſich zum
Tort und Straffe aus, damit er mit dem Geſtanck ſeine
Anfechtung vertreiben moͤchte. Freylich iſts auch gut,
daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/687>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.