Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.§. 17. Gesetze. felhaft darstellen (i). Man hat nämlich die Sache soaufgefaßt, als wäre die beschränkte Gültigkeit in dem ausschließenden Gebrauch der glossirten Ausgaben begrün- det, und seitdem diese außer Gebrauch gekommen und durch vollständigere Ausgaben (z. B. die Gothofredischen) verdrängt worden, sey auch deren ganzer Inhalt für reci- pirt zu achten. Allein einen so materiellen und zufälligen Zusammenhang hat die Sache in der That niemals ge- habt; vielmehr war die Reception in bestimmten Gränzen anerkannt und fixirt, längst ehe man an gedruckte Aus- gaben oder gar an eine Verschiedenheit unter solchen den- ken konnte. Allerdings kann man sagen, dieselbe Fähigkeit und Befugniß zur Reception, wie in früheren Zeiten, habe auch noch im sechszehnten Jahrhundert, in welches die Restitutionen größtentheils fallen, fortgedauert. Die Re- ception aber ist eine Thatsache, die sich nicht verbergen läßt, die aber auch nicht ohne wichtige Gründe eintritt. An solchen Gründen hat es bey der wirklichen Reception (i) Beck l. c. § 48. Mühlen-
bruch l § 18. Dabelow Hand- buch des Pandectenrechts Th. I Halle 1816 § 50. Dieser letzte stellt folgende Sätze auf. Nach dem älteren Brauch waren alle unglossirte Stücke ungültig; nach dem neuern Brauch, seitdem die glossirten Ausgaven verschwan- den, sind zwar die unglossirten Novellen noch immer ungültig, die übrigen unglossirten Stücke aber sind jetzt gültig (S. 199. 200.). Dagegen haben auch noch jetzt "die sogenannten leges re- stitutae keine practische Anwend- barkeit" (S. 201), so daß hierin kein alter und neuer Brauch un- terschieden wird. Er hat also das Originelle, daß er die un- glossirten Stücke von den resti- tuirten unterscheidet. Beide sind aber in der That von einander gerade so verschieden, wie die Digesten von den Pandekten. §. 17. Geſetze. felhaft darſtellen (i). Man hat nämlich die Sache ſoaufgefaßt, als wäre die beſchränkte Gültigkeit in dem ausſchließenden Gebrauch der gloſſirten Ausgaben begrün- det, und ſeitdem dieſe außer Gebrauch gekommen und durch vollſtändigere Ausgaben (z. B. die Gothofrediſchen) verdrängt worden, ſey auch deren ganzer Inhalt für reci- pirt zu achten. Allein einen ſo materiellen und zufälligen Zuſammenhang hat die Sache in der That niemals ge- habt; vielmehr war die Reception in beſtimmten Gränzen anerkannt und fixirt, längſt ehe man an gedruckte Aus- gaben oder gar an eine Verſchiedenheit unter ſolchen den- ken konnte. Allerdings kann man ſagen, dieſelbe Fähigkeit und Befugniß zur Reception, wie in früheren Zeiten, habe auch noch im ſechszehnten Jahrhundert, in welches die Reſtitutionen größtentheils fallen, fortgedauert. Die Re- ception aber iſt eine Thatſache, die ſich nicht verbergen läßt, die aber auch nicht ohne wichtige Gründe eintritt. An ſolchen Gründen hat es bey der wirklichen Reception (i) Beck l. c. § 48. Mühlen-
bruch l § 18. Dabelow Hand- buch des Pandectenrechts Th. I Halle 1816 § 50. Dieſer letzte ſtellt folgende Sätze auf. Nach dem älteren Brauch waren alle ungloſſirte Stücke ungültig; nach dem neuern Brauch, ſeitdem die gloſſirten Ausgaven verſchwan- den, ſind zwar die ungloſſirten Novellen noch immer ungültig, die übrigen ungloſſirten Stücke aber ſind jetzt gültig (S. 199. 200.). Dagegen haben auch noch jetzt „die ſogenannten leges re- stitutae keine practiſche Anwend- barkeit“ (S. 201), ſo daß hierin kein alter und neuer Brauch un- terſchieden wird. Er hat alſo das Originelle, daß er die un- gloſſirten Stücke von den reſti- tuirten unterſcheidet. Beide ſind aber in der That von einander gerade ſo verſchieden, wie die Digeſten von den Pandekten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0127" n="71"/><fw place="top" type="header">§. 17. Geſetze.</fw><lb/> felhaft darſtellen <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Beck</hi> l. c. § 48. <hi rendition="#k">Mühlen-<lb/> bruch</hi> l</hi> § 18. <hi rendition="#g">Dabelow</hi> Hand-<lb/> buch des Pandectenrechts Th. <hi rendition="#aq">I</hi><lb/> Halle 1816 § 50. Dieſer letzte<lb/> ſtellt folgende Sätze auf. Nach<lb/> dem älteren Brauch waren alle<lb/> ungloſſirte Stücke ungültig; nach<lb/> dem neuern Brauch, ſeitdem die<lb/> gloſſirten Ausgaven verſchwan-<lb/> den, ſind zwar die ungloſſirten<lb/> Novellen noch immer ungültig,<lb/> die übrigen ungloſſirten Stücke<lb/> aber ſind jetzt gültig (S. 199.<lb/> 200.). Dagegen haben auch noch<lb/> jetzt „die ſogenannten <hi rendition="#aq">leges re-<lb/> stitutae</hi> keine practiſche Anwend-<lb/> barkeit“ (S. 201), ſo daß hierin<lb/> kein alter und neuer Brauch un-<lb/> terſchieden wird. Er hat alſo<lb/> das Originelle, daß er die un-<lb/> gloſſirten Stücke von den reſti-<lb/> tuirten unterſcheidet. Beide ſind<lb/> aber in der That von einander<lb/> gerade ſo verſchieden, wie die<lb/> Digeſten von den Pandekten.</note>. Man hat nämlich die Sache ſo<lb/> aufgefaßt, als wäre die beſchränkte Gültigkeit in dem<lb/> ausſchließenden Gebrauch der gloſſirten Ausgaben begrün-<lb/> det, und ſeitdem dieſe außer Gebrauch gekommen und<lb/> durch vollſtändigere Ausgaben (z. B. die Gothofrediſchen)<lb/> verdrängt worden, ſey auch deren ganzer Inhalt für reci-<lb/> pirt zu achten. Allein einen ſo materiellen und zufälligen<lb/> Zuſammenhang hat die Sache in der That niemals ge-<lb/> habt; vielmehr war die Reception in beſtimmten Gränzen<lb/> anerkannt und fixirt, längſt ehe man an gedruckte Aus-<lb/> gaben oder gar an eine Verſchiedenheit unter ſolchen den-<lb/> ken konnte. Allerdings kann man ſagen, dieſelbe Fähigkeit<lb/> und Befugniß zur Reception, wie in früheren Zeiten, habe<lb/> auch noch im ſechszehnten Jahrhundert, in welches die<lb/> Reſtitutionen größtentheils fallen, fortgedauert. Die Re-<lb/> ception aber iſt eine Thatſache, die ſich nicht verbergen<lb/> läßt, die aber auch nicht ohne wichtige Gründe eintritt.<lb/> An ſolchen Gründen hat es bey der wirklichen Reception<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0127]
§. 17. Geſetze.
felhaft darſtellen (i). Man hat nämlich die Sache ſo
aufgefaßt, als wäre die beſchränkte Gültigkeit in dem
ausſchließenden Gebrauch der gloſſirten Ausgaben begrün-
det, und ſeitdem dieſe außer Gebrauch gekommen und
durch vollſtändigere Ausgaben (z. B. die Gothofrediſchen)
verdrängt worden, ſey auch deren ganzer Inhalt für reci-
pirt zu achten. Allein einen ſo materiellen und zufälligen
Zuſammenhang hat die Sache in der That niemals ge-
habt; vielmehr war die Reception in beſtimmten Gränzen
anerkannt und fixirt, längſt ehe man an gedruckte Aus-
gaben oder gar an eine Verſchiedenheit unter ſolchen den-
ken konnte. Allerdings kann man ſagen, dieſelbe Fähigkeit
und Befugniß zur Reception, wie in früheren Zeiten, habe
auch noch im ſechszehnten Jahrhundert, in welches die
Reſtitutionen größtentheils fallen, fortgedauert. Die Re-
ception aber iſt eine Thatſache, die ſich nicht verbergen
läßt, die aber auch nicht ohne wichtige Gründe eintritt.
An ſolchen Gründen hat es bey der wirklichen Reception
(i) Beck l. c. § 48. Mühlen-
bruch l § 18. Dabelow Hand-
buch des Pandectenrechts Th. I
Halle 1816 § 50. Dieſer letzte
ſtellt folgende Sätze auf. Nach
dem älteren Brauch waren alle
ungloſſirte Stücke ungültig; nach
dem neuern Brauch, ſeitdem die
gloſſirten Ausgaven verſchwan-
den, ſind zwar die ungloſſirten
Novellen noch immer ungültig,
die übrigen ungloſſirten Stücke
aber ſind jetzt gültig (S. 199.
200.). Dagegen haben auch noch
jetzt „die ſogenannten leges re-
stitutae keine practiſche Anwend-
barkeit“ (S. 201), ſo daß hierin
kein alter und neuer Brauch un-
terſchieden wird. Er hat alſo
das Originelle, daß er die un-
gloſſirten Stücke von den reſti-
tuirten unterſcheidet. Beide ſind
aber in der That von einander
gerade ſo verſchieden, wie die
Digeſten von den Pandekten.
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