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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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§. 25. Aussprüche der Römer über das Gewohnheitsrecht.
mächtig war, konnte füglich Rom als Vertreterin der
Nation gelten in der Erzeugung eines neuen Volksrechts,
wo dieses nicht zu entbehren war. Dieses Vorrecht wurde
im östlichen Reich auf Constantinopel übertragen (r), was
eine bloße Folge der allgemeinen Gleichstellung beider
Städte war, und keinesweges durch ein ähnliches ge-
schichtliches Verhältniß gerechtfertigt wurde. Übrigens
kann diese Ergänzung in verschiedenem Umfang vorkom-
men: bald für eine einzelne, bisher unbeachtete Seite eines
schon bekannten Rechtsinstituts, bald als Erzeugung eines
ganz neuen Instituts, mithin als Erweiterung des Rechts-
systems selbst. In dieser wichtigeren Art werden die mo-
res
erwähnt als Entstehungsgründe der cura prodigi, der
verbotenen Schenkung unter Ehegatten, und der Pupillar-
substitution (s).

Zweytens kann sich die Kraft des Gewohnheitsrechts
äußern im Widerstreit mit dem Inhalt eines Gesetzes, sey
es nun, daß es an die Stelle der gesetzlichen Regel eine
andere setze, oder aber jene lediglich aufhebe. Diese
Kraft dem Gewohnheitsrecht zuzuschreiben, würden wir
schon durch die gänzliche Gleichstellung im Ausdruck (legis
vis)
genöthigt seyn. Sie ist aber auch deutlich als all-
gemeine Regel ausgesprochen (t). Und was vollends jeden

(r) L. 1 § 10 C. de vet. j.
enucl.
(1. 17.) § 7 J. de satisd.

(4. 11.).
(s) L. 1 pr. de curat. (27.
10.), L. 1 de don. int. v. et ux.
(24. 1.), L. 2 pr. de vulg. et
pup. subst.
(28. 6.).
(t) L. 32 § 1 de leg. (1. 3.).
".... Quare rectissime etiam
illud receptum est, ut leges

§. 25. Ausſprüche der Römer über das Gewohnheitsrecht.
mächtig war, konnte füglich Rom als Vertreterin der
Nation gelten in der Erzeugung eines neuen Volksrechts,
wo dieſes nicht zu entbehren war. Dieſes Vorrecht wurde
im öſtlichen Reich auf Conſtantinopel übertragen (r), was
eine bloße Folge der allgemeinen Gleichſtellung beider
Städte war, und keinesweges durch ein ähnliches ge-
ſchichtliches Verhältniß gerechtfertigt wurde. Übrigens
kann dieſe Ergänzung in verſchiedenem Umfang vorkom-
men: bald für eine einzelne, bisher unbeachtete Seite eines
ſchon bekannten Rechtsinſtituts, bald als Erzeugung eines
ganz neuen Inſtituts, mithin als Erweiterung des Rechts-
ſyſtems ſelbſt. In dieſer wichtigeren Art werden die mo-
res
erwähnt als Entſtehungsgründe der cura prodigi, der
verbotenen Schenkung unter Ehegatten, und der Pupillar-
ſubſtitution (s).

Zweytens kann ſich die Kraft des Gewohnheitsrechts
äußern im Widerſtreit mit dem Inhalt eines Geſetzes, ſey
es nun, daß es an die Stelle der geſetzlichen Regel eine
andere ſetze, oder aber jene lediglich aufhebe. Dieſe
Kraft dem Gewohnheitsrecht zuzuſchreiben, würden wir
ſchon durch die gänzliche Gleichſtellung im Ausdruck (legis
vis)
genöthigt ſeyn. Sie iſt aber auch deutlich als all-
gemeine Regel ausgeſprochen (t). Und was vollends jeden

(r) L. 1 § 10 C. de vet. j.
enucl.
(1. 17.) § 7 J. de satisd.

(4. 11.).
(s) L. 1 pr. de curat. (27.
10.), L. 1 de don. int. v. et ux.
(24. 1.), L. 2 pr. de vulg. et
pup. subst.
(28. 6.).
(t) L. 32 § 1 de leg. (1. 3.).
„.... Quare rectissime etiam
illud receptum est, ut leges
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[151/0207] §. 25. Ausſprüche der Römer über das Gewohnheitsrecht. mächtig war, konnte füglich Rom als Vertreterin der Nation gelten in der Erzeugung eines neuen Volksrechts, wo dieſes nicht zu entbehren war. Dieſes Vorrecht wurde im öſtlichen Reich auf Conſtantinopel übertragen (r), was eine bloße Folge der allgemeinen Gleichſtellung beider Städte war, und keinesweges durch ein ähnliches ge- ſchichtliches Verhältniß gerechtfertigt wurde. Übrigens kann dieſe Ergänzung in verſchiedenem Umfang vorkom- men: bald für eine einzelne, bisher unbeachtete Seite eines ſchon bekannten Rechtsinſtituts, bald als Erzeugung eines ganz neuen Inſtituts, mithin als Erweiterung des Rechts- ſyſtems ſelbſt. In dieſer wichtigeren Art werden die mo- res erwähnt als Entſtehungsgründe der cura prodigi, der verbotenen Schenkung unter Ehegatten, und der Pupillar- ſubſtitution (s). Zweytens kann ſich die Kraft des Gewohnheitsrechts äußern im Widerſtreit mit dem Inhalt eines Geſetzes, ſey es nun, daß es an die Stelle der geſetzlichen Regel eine andere ſetze, oder aber jene lediglich aufhebe. Dieſe Kraft dem Gewohnheitsrecht zuzuſchreiben, würden wir ſchon durch die gänzliche Gleichſtellung im Ausdruck (legis vis) genöthigt ſeyn. Sie iſt aber auch deutlich als all- gemeine Regel ausgeſprochen (t). Und was vollends jeden (r) L. 1 § 10 C. de vet. j. enucl. (1. 17.) § 7 J. de satisd. (4. 11.). (s) L. 1 pr. de curat. (27. 10.), L. 1 de don. int. v. et ux. (24. 1.), L. 2 pr. de vulg. et pup. subst. (28. 6.). (t) L. 32 § 1 de leg. (1. 3.). „.... Quare rectissime etiam illud receptum est, ut leges

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/207>, abgerufen am 21.11.2024.