Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. I. Wesen und Arten. milie darstellte, hat hier keine Stelle gefunden; allein dieseDifferenz ist wohl zu gering, als daß sie die Identität des Hauptgesichtspunktes zweifelhaft machen könnte: auch muß es jedem Rigoristen überlassen bleiben, die Verwandt- schaft aus der Darstellung des Römischen Familienrechts wegzulassen, wodurch dann die Übereinstimmung zwischen dem Inhalt des Familienrechts und dem des ersten Buchs der Institutionen vollständig werden würde (l). Daß Ga- jus in der inneren Anordnung jener Rechtsinstitute ab- weicht, und daß er den Begriff des Familienrechts nicht mit Namen nennt, wozu ihm ohnehin kein Kunstausdruck zu Gebote stand, wird wohl Niemand als Widerlegung meiner Behauptung ansehen. Einige Hindeutung finde ich jedoch in den hier vorkommenden Ausdrücken. Status und conditio hominum hat nämlich nicht die ganz unbestimmte Bedeutung eines Zustandes oder einer Eigenschaft über- haupt, sondern es bezeichnet ganz besonders die Stellung, die der einzelne Mensch in den verschiedenen Familien- verhältnissen, als Ehegatte, Vater, Vormund u. s. w., einnimmt (§ 54 Note e). Auch jus personarum hat, wie ich glaube, völlig dieselbe Bedeutung, da es mit jenen Ausdrücken abwechslend gebraucht wird. Es bezeichnet also nicht einen Theil der Rechtstheorie, wie jus publicum (l) Wenn übrigens die neue-
ren Schriftsteller, nach dem un- läugbaren Vorgang von Gajus und Justinian, der Verwandt- schaft keine eigene Stelle unter den Instituten der Familie an- weisen, so ist dieses ganz incon- sequent, da sie doch der Agnaten- familie in der Lehre von der ca- pitis deminutio eine ganz beson- dere Wichtigkeit beylegen, wovon weiter unten die Rede seyn wird. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I. Weſen und Arten. milie darſtellte, hat hier keine Stelle gefunden; allein dieſeDifferenz iſt wohl zu gering, als daß ſie die Identität des Hauptgeſichtspunktes zweifelhaft machen koͤnnte: auch muß es jedem Rigoriſten überlaſſen bleiben, die Verwandt- ſchaft aus der Darſtellung des Roͤmiſchen Familienrechts wegzulaſſen, wodurch dann die Übereinſtimmung zwiſchen dem Inhalt des Familienrechts und dem des erſten Buchs der Inſtitutionen vollſtändig werden würde (l). Daß Ga- jus in der inneren Anordnung jener Rechtsinſtitute ab- weicht, und daß er den Begriff des Familienrechts nicht mit Namen nennt, wozu ihm ohnehin kein Kunſtausdruck zu Gebote ſtand, wird wohl Niemand als Widerlegung meiner Behauptung anſehen. Einige Hindeutung finde ich jedoch in den hier vorkommenden Ausdrücken. Status und conditio hominum hat nämlich nicht die ganz unbeſtimmte Bedeutung eines Zuſtandes oder einer Eigenſchaft über- haupt, ſondern es bezeichnet ganz beſonders die Stellung, die der einzelne Menſch in den verſchiedenen Familien- verhaͤltniſſen, als Ehegatte, Vater, Vormund u. ſ. w., einnimmt (§ 54 Note e). Auch jus personarum hat, wie ich glaube, voͤllig dieſelbe Bedeutung, da es mit jenen Ausdrücken abwechslend gebraucht wird. Es bezeichnet alſo nicht einen Theil der Rechtstheorie, wie jus publicum (l) Wenn übrigens die neue-
ren Schriftſteller, nach dem un- läugbaren Vorgang von Gajus und Juſtinian, der Verwandt- ſchaft keine eigene Stelle unter den Inſtituten der Familie an- weiſen, ſo iſt dieſes ganz incon- ſequent, da ſie doch der Agnaten- familie in der Lehre von der ca- pitis deminutio eine ganz beſon- dere Wichtigkeit beylegen, wovon weiter unten die Rede ſeyn wird. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0456" n="400"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> Weſen und Arten.</fw><lb/> milie darſtellte, hat hier keine Stelle gefunden; allein dieſe<lb/> Differenz iſt wohl zu gering, als daß ſie die Identität<lb/> des Hauptgeſichtspunktes zweifelhaft machen koͤnnte: auch<lb/> muß es jedem Rigoriſten überlaſſen bleiben, die Verwandt-<lb/> ſchaft aus der Darſtellung des Roͤmiſchen Familienrechts<lb/> wegzulaſſen, wodurch dann die Übereinſtimmung zwiſchen<lb/> dem Inhalt des Familienrechts und dem des erſten Buchs<lb/> der Inſtitutionen vollſtändig werden würde <note place="foot" n="(l)">Wenn übrigens die neue-<lb/> ren Schriftſteller, nach dem un-<lb/> läugbaren Vorgang von Gajus<lb/> und Juſtinian, der Verwandt-<lb/> ſchaft keine eigene Stelle unter<lb/> den Inſtituten der Familie an-<lb/> weiſen, ſo iſt dieſes ganz incon-<lb/> ſequent, da ſie doch der Agnaten-<lb/> familie in der Lehre von der <hi rendition="#aq">ca-<lb/> pitis deminutio</hi> eine ganz beſon-<lb/> dere Wichtigkeit beylegen, wovon<lb/> weiter unten die Rede ſeyn wird.</note>. Daß Ga-<lb/> jus in der inneren Anordnung jener Rechtsinſtitute ab-<lb/> weicht, und daß er den Begriff des Familienrechts nicht<lb/> mit Namen nennt, wozu ihm ohnehin kein Kunſtausdruck<lb/> zu Gebote ſtand, wird wohl Niemand als Widerlegung<lb/> meiner Behauptung anſehen. Einige Hindeutung finde ich<lb/> jedoch in den hier vorkommenden Ausdrücken. <hi rendition="#aq">Status</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">conditio hominum</hi> hat nämlich nicht die ganz unbeſtimmte<lb/> Bedeutung eines Zuſtandes oder einer Eigenſchaft über-<lb/> haupt, ſondern es bezeichnet ganz beſonders die Stellung,<lb/> die der einzelne Menſch in den verſchiedenen <hi rendition="#g">Familien-<lb/> verhaͤltniſſen</hi>, als Ehegatte, Vater, Vormund u. ſ. w.,<lb/> einnimmt (§ 54 Note <hi rendition="#aq">e</hi>). Auch <hi rendition="#aq">jus personarum</hi> hat, wie<lb/> ich glaube, voͤllig dieſelbe Bedeutung, da es mit jenen<lb/> Ausdrücken abwechslend gebraucht wird. Es bezeichnet<lb/> alſo nicht einen Theil der Rechtstheorie, wie <hi rendition="#aq">jus publicum</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [400/0456]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I. Weſen und Arten.
milie darſtellte, hat hier keine Stelle gefunden; allein dieſe
Differenz iſt wohl zu gering, als daß ſie die Identität
des Hauptgeſichtspunktes zweifelhaft machen koͤnnte: auch
muß es jedem Rigoriſten überlaſſen bleiben, die Verwandt-
ſchaft aus der Darſtellung des Roͤmiſchen Familienrechts
wegzulaſſen, wodurch dann die Übereinſtimmung zwiſchen
dem Inhalt des Familienrechts und dem des erſten Buchs
der Inſtitutionen vollſtändig werden würde (l). Daß Ga-
jus in der inneren Anordnung jener Rechtsinſtitute ab-
weicht, und daß er den Begriff des Familienrechts nicht
mit Namen nennt, wozu ihm ohnehin kein Kunſtausdruck
zu Gebote ſtand, wird wohl Niemand als Widerlegung
meiner Behauptung anſehen. Einige Hindeutung finde ich
jedoch in den hier vorkommenden Ausdrücken. Status und
conditio hominum hat nämlich nicht die ganz unbeſtimmte
Bedeutung eines Zuſtandes oder einer Eigenſchaft über-
haupt, ſondern es bezeichnet ganz beſonders die Stellung,
die der einzelne Menſch in den verſchiedenen Familien-
verhaͤltniſſen, als Ehegatte, Vater, Vormund u. ſ. w.,
einnimmt (§ 54 Note e). Auch jus personarum hat, wie
ich glaube, voͤllig dieſelbe Bedeutung, da es mit jenen
Ausdrücken abwechslend gebraucht wird. Es bezeichnet
alſo nicht einen Theil der Rechtstheorie, wie jus publicum
(l) Wenn übrigens die neue-
ren Schriftſteller, nach dem un-
läugbaren Vorgang von Gajus
und Juſtinian, der Verwandt-
ſchaft keine eigene Stelle unter
den Inſtituten der Familie an-
weiſen, ſo iſt dieſes ganz incon-
ſequent, da ſie doch der Agnaten-
familie in der Lehre von der ca-
pitis deminutio eine ganz beſon-
dere Wichtigkeit beylegen, wovon
weiter unten die Rede ſeyn wird.
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