den dadurch bestimmten besonderen Modificationen. Diese Modificationen aber sind fast nur in den Reichsgesetzen enthalten, und von geringer Erheblichkeit. Denn alle wichtige Abweichungen vom reinen Römischen Recht, wie z. B. die Klagbarkeit aller Verträge ohne Stipulation, die ausgedehntere Wichtigkeit der bona fides, sind niemals dem Deutschen Reich eigenthümlich gewesen, sondern überall gleichmäßig anerkannt worden, so weit im neueren Eu- ropa Römisches Recht Anwendung gefunden hat.
Daher wird denn auch eine Darstellung des heutigen Römischen Rechts, wozu dieses Werk zunächst bestimmt ist, nur weniger Zusätze bedürfen, um zugleich als Darstellung des gemeinen Rechts für Deutschland gelten zu können.
§. 3. Gränzen der Aufgabe.
Durch die festgestellten Gränzen unsrer Aufgabe ist jedes außer derselben liegende Gebiet als ihr fremd be- zeichnet. In dieser Beziehung hat die Darstellung zwey entgegengesetzte Fehler zu vermeiden. Der eine besteht in willkührlicher Ueberschreitung derselben, aus Vorliebe bald für ein nahe liegendes Fach überhaupt, bald für eine ein- zelne derselben angehörende Untersuchung; der andere in ängstlicher Beobachtung der Gränzen, da wo eine Ueber- schreitung unvermeidlich ist, wenn nicht die Gründlichkeit der eigenen Forschung oder die Klarheit der Darstellung leiden soll (a). Diese letzte Rücksicht macht zugleich von
(a) So wird es z. B. nöthig, von mancher Lehre auch antiquirte
§. 3. Gränzen der Aufgabe.
den dadurch beſtimmten beſonderen Modificationen. Dieſe Modificationen aber ſind faſt nur in den Reichsgeſetzen enthalten, und von geringer Erheblichkeit. Denn alle wichtige Abweichungen vom reinen Römiſchen Recht, wie z. B. die Klagbarkeit aller Verträge ohne Stipulation, die ausgedehntere Wichtigkeit der bona fides, ſind niemals dem Deutſchen Reich eigenthümlich geweſen, ſondern überall gleichmäßig anerkannt worden, ſo weit im neueren Eu- ropa Römiſches Recht Anwendung gefunden hat.
Daher wird denn auch eine Darſtellung des heutigen Römiſchen Rechts, wozu dieſes Werk zunächſt beſtimmt iſt, nur weniger Zuſätze bedürfen, um zugleich als Darſtellung des gemeinen Rechts für Deutſchland gelten zu können.
§. 3. Gränzen der Aufgabe.
Durch die feſtgeſtellten Gränzen unſrer Aufgabe iſt jedes außer derſelben liegende Gebiet als ihr fremd be- zeichnet. In dieſer Beziehung hat die Darſtellung zwey entgegengeſetzte Fehler zu vermeiden. Der eine beſteht in willkührlicher Ueberſchreitung derſelben, aus Vorliebe bald für ein nahe liegendes Fach überhaupt, bald für eine ein- zelne derſelben angehörende Unterſuchung; der andere in ängſtlicher Beobachtung der Gränzen, da wo eine Ueber- ſchreitung unvermeidlich iſt, wenn nicht die Gründlichkeit der eigenen Forſchung oder die Klarheit der Darſtellung leiden ſoll (a). Dieſe letzte Rückſicht macht zugleich von
(a) So wird es z. B. nöthig, von mancher Lehre auch antiquirte
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§. 3. Gränzen der Aufgabe.
den dadurch beſtimmten beſonderen Modificationen. Dieſe
Modificationen aber ſind faſt nur in den Reichsgeſetzen
enthalten, und von geringer Erheblichkeit. Denn alle
wichtige Abweichungen vom reinen Römiſchen Recht, wie
z. B. die Klagbarkeit aller Verträge ohne Stipulation,
die ausgedehntere Wichtigkeit der bona fides, ſind niemals
dem Deutſchen Reich eigenthümlich geweſen, ſondern überall
gleichmäßig anerkannt worden, ſo weit im neueren Eu-
ropa Römiſches Recht Anwendung gefunden hat.
Daher wird denn auch eine Darſtellung des heutigen
Römiſchen Rechts, wozu dieſes Werk zunächſt beſtimmt iſt,
nur weniger Zuſätze bedürfen, um zugleich als Darſtellung
des gemeinen Rechts für Deutſchland gelten zu können.
§. 3.
Gränzen der Aufgabe.
Durch die feſtgeſtellten Gränzen unſrer Aufgabe iſt
jedes außer derſelben liegende Gebiet als ihr fremd be-
zeichnet. In dieſer Beziehung hat die Darſtellung zwey
entgegengeſetzte Fehler zu vermeiden. Der eine beſteht in
willkührlicher Ueberſchreitung derſelben, aus Vorliebe bald
für ein nahe liegendes Fach überhaupt, bald für eine ein-
zelne derſelben angehörende Unterſuchung; der andere in
ängſtlicher Beobachtung der Gränzen, da wo eine Ueber-
ſchreitung unvermeidlich iſt, wenn nicht die Gründlichkeit
der eigenen Forſchung oder die Klarheit der Darſtellung
leiden ſoll (a). Dieſe letzte Rückſicht macht zugleich von
(a) So wird es z. B. nöthig, von mancher Lehre auch antiquirte
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/61>, abgerufen am 16.02.2025.
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