Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
der capitis deminutio inconsequenterweise beybehalten wurde.
Hätte man von jeher die habitatio als usus oder usus-
fructus aedium
angesehen, so wäre ja durchaus kein Grund
denkbar gewesen, weswegen sie weniger juristisch als jeder
andere Usus oder Ususfructus hätte seyn sollen.

Eine ähnliche Bewandniß hatte es mit den operae,
das heißt dem Recht durch einen bestimmten Sklaven
Dienste zu erhalten. Auch dieser Vortheil konnte verschafft
werden durch Eigenthum oder Ususfructus an dem Skla-
ven, welches streng juristische Verhältnisse waren: es konnte
aber auch geschehen als naturalis praestatio, ähnlich der
habitatio. Freylich ist es hier weniger möglich einen Un-
terschied vom Usus an einem Sklaven aufzufinden; auch
gehört die Bedienung nicht so wie die Wohnung zu den
strengen Lebensbedürfnissen, also den Alimenten. Dennoch
war bey den Römern irgend eine Sklavenbedienung für
jeden Freyen so sehr zum hergebrachten Bedürfniß gewor-
den, daß man ohne Zweifel aus denselben Gründen, wie
bey der habitatio, auch bey den operae den Untergang
durch capitis deminutio ausschloß (o). Daß man auch
hier späterhin das Recht so weit ausdehnte wie den Usus-
fructus, ja daß man es endlich auf den Erben übergehen
ließ, gehört zu den Umbildungen, deren Gründe wir nicht
kennen (p). -- Beide Rechte, worauf sich diese Eigen-

(o) L. 2 de op. serv. (7. 7.).
(p) L. 2 de usu leg. (33. 2.).
Es scheint übrigens dieses das
einzige unter den hier zusammen-
gestellten Rechten zu seyn, welches
auf die Erben übergeht: aber
freylich auch nur nach seiner neu-
eren Umbildung, nicht nach dem

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
der capitis deminutio inconſequenterweiſe beybehalten wurde.
Hätte man von jeher die habitatio als usus oder usus-
fructus aedium
angeſehen, ſo wäre ja durchaus kein Grund
denkbar geweſen, weswegen ſie weniger juriſtiſch als jeder
andere Uſus oder Uſusfructus hätte ſeyn ſollen.

Eine ähnliche Bewandniß hatte es mit den operae,
das heißt dem Recht durch einen beſtimmten Sklaven
Dienſte zu erhalten. Auch dieſer Vortheil konnte verſchafft
werden durch Eigenthum oder Uſusfructus an dem Skla-
ven, welches ſtreng juriſtiſche Verhältniſſe waren: es konnte
aber auch geſchehen als naturalis praestatio, ähnlich der
habitatio. Freylich iſt es hier weniger möglich einen Un-
terſchied vom Uſus an einem Sklaven aufzufinden; auch
gehört die Bedienung nicht ſo wie die Wohnung zu den
ſtrengen Lebensbedürfniſſen, alſo den Alimenten. Dennoch
war bey den Römern irgend eine Sklavenbedienung für
jeden Freyen ſo ſehr zum hergebrachten Bedürfniß gewor-
den, daß man ohne Zweifel aus denſelben Gründen, wie
bey der habitatio, auch bey den operae den Untergang
durch capitis deminutio ausſchloß (o). Daß man auch
hier ſpäterhin das Recht ſo weit ausdehnte wie den Uſus-
fructus, ja daß man es endlich auf den Erben übergehen
ließ, gehoͤrt zu den Umbildungen, deren Gründe wir nicht
kennen (p). — Beide Rechte, worauf ſich dieſe Eigen-

(o) L. 2 de op. serv. (7. 7.).
(p) L. 2 de usu leg. (33. 2.).
Es ſcheint übrigens dieſes das
einzige unter den hier zuſammen-
geſtellten Rechten zu ſeyn, welches
auf die Erben übergeht: aber
freylich auch nur nach ſeiner neu-
eren Umbildung, nicht nach dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0126" n="112"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Per&#x017F;onen.</fw><lb/>
der <hi rendition="#aq">capitis deminutio</hi> incon&#x017F;equenterwei&#x017F;e beybehalten wurde.<lb/>
Hätte man von jeher die <hi rendition="#aq">habitatio</hi> als <hi rendition="#aq">usus</hi> oder <hi rendition="#aq">usus-<lb/>
fructus aedium</hi> ange&#x017F;ehen, &#x017F;o wäre ja durchaus kein Grund<lb/>
denkbar gewe&#x017F;en, weswegen &#x017F;ie weniger juri&#x017F;ti&#x017F;ch als jeder<lb/>
andere U&#x017F;us oder U&#x017F;usfructus hätte &#x017F;eyn &#x017F;ollen.</p><lb/>
                <p>Eine ähnliche Bewandniß hatte es mit den <hi rendition="#aq">operae</hi>,<lb/>
das heißt dem Recht durch einen be&#x017F;timmten Sklaven<lb/>
Dien&#x017F;te zu erhalten. Auch die&#x017F;er Vortheil konnte ver&#x017F;chafft<lb/>
werden durch Eigenthum oder U&#x017F;usfructus an dem Skla-<lb/>
ven, welches &#x017F;treng juri&#x017F;ti&#x017F;che Verhältni&#x017F;&#x017F;e waren: es konnte<lb/>
aber auch ge&#x017F;chehen als <hi rendition="#aq">naturalis praestatio</hi>, ähnlich der<lb/><hi rendition="#aq">habitatio.</hi> Freylich i&#x017F;t es hier weniger möglich einen Un-<lb/>
ter&#x017F;chied vom U&#x017F;us an einem Sklaven aufzufinden; auch<lb/>
gehört die Bedienung nicht &#x017F;o wie die Wohnung zu den<lb/>
&#x017F;trengen Lebensbedürfni&#x017F;&#x017F;en, al&#x017F;o den Alimenten. Dennoch<lb/>
war bey den Römern irgend eine Sklavenbedienung für<lb/>
jeden Freyen &#x017F;o &#x017F;ehr zum hergebrachten Bedürfniß gewor-<lb/>
den, daß man ohne Zweifel aus den&#x017F;elben Gründen, wie<lb/>
bey der <hi rendition="#aq">habitatio</hi>, auch bey den <hi rendition="#aq">operae</hi> den Untergang<lb/>
durch <hi rendition="#aq">capitis deminutio</hi> aus&#x017F;chloß <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">de op. serv.</hi></hi> (7. 7.).</note>. Daß man auch<lb/>
hier &#x017F;päterhin das Recht &#x017F;o weit ausdehnte wie den U&#x017F;us-<lb/>
fructus, ja daß man es endlich auf den Erben übergehen<lb/>
ließ, geho&#x0364;rt zu den Umbildungen, deren Gründe wir nicht<lb/>
kennen <note xml:id="seg2pn_23_1" next="#seg2pn_23_2" place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">de usu leg.</hi></hi> (33. 2.).<lb/>
Es &#x017F;cheint übrigens die&#x017F;es das<lb/>
einzige unter den hier zu&#x017F;ammen-<lb/>
ge&#x017F;tellten Rechten zu &#x017F;eyn, welches<lb/>
auf die Erben übergeht: aber<lb/>
freylich auch nur nach &#x017F;einer neu-<lb/>
eren Umbildung, nicht nach dem</note>. &#x2014; Beide Rechte, worauf &#x017F;ich die&#x017F;e Eigen-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0126] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. der capitis deminutio inconſequenterweiſe beybehalten wurde. Hätte man von jeher die habitatio als usus oder usus- fructus aedium angeſehen, ſo wäre ja durchaus kein Grund denkbar geweſen, weswegen ſie weniger juriſtiſch als jeder andere Uſus oder Uſusfructus hätte ſeyn ſollen. Eine ähnliche Bewandniß hatte es mit den operae, das heißt dem Recht durch einen beſtimmten Sklaven Dienſte zu erhalten. Auch dieſer Vortheil konnte verſchafft werden durch Eigenthum oder Uſusfructus an dem Skla- ven, welches ſtreng juriſtiſche Verhältniſſe waren: es konnte aber auch geſchehen als naturalis praestatio, ähnlich der habitatio. Freylich iſt es hier weniger möglich einen Un- terſchied vom Uſus an einem Sklaven aufzufinden; auch gehört die Bedienung nicht ſo wie die Wohnung zu den ſtrengen Lebensbedürfniſſen, alſo den Alimenten. Dennoch war bey den Römern irgend eine Sklavenbedienung für jeden Freyen ſo ſehr zum hergebrachten Bedürfniß gewor- den, daß man ohne Zweifel aus denſelben Gründen, wie bey der habitatio, auch bey den operae den Untergang durch capitis deminutio ausſchloß (o). Daß man auch hier ſpäterhin das Recht ſo weit ausdehnte wie den Uſus- fructus, ja daß man es endlich auf den Erben übergehen ließ, gehoͤrt zu den Umbildungen, deren Gründe wir nicht kennen (p). — Beide Rechte, worauf ſich dieſe Eigen- (o) L. 2 de op. serv. (7. 7.). (p) L. 2 de usu leg. (33. 2.). Es ſcheint übrigens dieſes das einzige unter den hier zuſammen- geſtellten Rechten zu ſeyn, welches auf die Erben übergeht: aber freylich auch nur nach ſeiner neu- eren Umbildung, nicht nach dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/126
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/126>, abgerufen am 21.11.2024.