Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen. des Klägers an der Sache, welches freylich dieser nichthaben könnte, ist auch sonst dazu nicht erforderlich (n), und eben so wenig ein wirkliches materielles Unrecht des Beklagten (o). Auch der unmittelbare Erfolg des Inter- dicts, der in der Restitution der vorgenommenen eigen- mächtigen Veränderung besteht (p), kann zum Vortheil des klagenden filiusfamilias unbedenklich in Erfüllung gebracht werden, wenn z. B. der Sohn ein Haus des Vaters, oder auch ein von einem Fremden gemiethetes Haus be- wohnt, und durch einen eigenmächtigen Bau des Nach- bars in dem bequemen Gebrauch der Wohnung gestört wird. Kommt es freylich zu einem durchgeführten Rechts- ben könne, auf deren Umgehung die Heimlichkeit abzwecken möchte. Das heißt also, wegen vi factum steht das Interdict dem Vater und dem Sohn zu, wegen clam nur dem Vater. -- Ohne Zweifel wird nun auch das Klagrecht des Soh- nes durch capitis deminutio nicht aufgehoben. (n) L. 13 § 5. L. 12 quod vi (43. 24.). -- Eben daher ist es ganz irrig, wenn Manche diese Befugniß des filiusfamilias auch auf die possessorischen Inter- dicte ausdehnen wollen, unter welche das Int. quod vi ganz und gar nicht gehört (so z. B. Bur- chardi, Archiv für civil. Praxis B. 20 S. 33). Denn die posses- sorischen Interdicte sind bedingt durch die juristische possessio, ein Verhältniß des Klägers, wel- ches zwar ursprünglich factisch, durch seine Folgen aber einem Rechte ähnlich ist (Savigny Besitz § 5. 6); zu diesem Ver- hältniß ist ein filiusfamilias ganz unfähig. Durch die Dejection des Sohnes aus einem fundus pe- culiaris erwirbt also der Vater das Interdict, und der Sohn hat zu dessen Anstellung nicht mehr Recht als zur Anstellung der vä- terlichen Vindication. Der Grund liegt eben darin, daß der Zweck des Int. quod vi in der vindicta besteht, der Zweck des Int. de vi dagegen in der Verfolgung eines gewöhnlichen Privatinteresse, so gut als der Zweck der Vindication. (o) L. 1 § 2. 3 quod vi (43. 24.). (p) L. 1 pr. § 1 quod vi (43.
24.). Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. des Klägers an der Sache, welches freylich dieſer nichthaben könnte, iſt auch ſonſt dazu nicht erforderlich (n), und eben ſo wenig ein wirkliches materielles Unrecht des Beklagten (o). Auch der unmittelbare Erfolg des Inter- dicts, der in der Reſtitution der vorgenommenen eigen- mächtigen Veränderung beſteht (p), kann zum Vortheil des klagenden filiusfamilias unbedenklich in Erfüllung gebracht werden, wenn z. B. der Sohn ein Haus des Vaters, oder auch ein von einem Fremden gemiethetes Haus be- wohnt, und durch einen eigenmächtigen Bau des Nach- bars in dem bequemen Gebrauch der Wohnung geſtört wird. Kommt es freylich zu einem durchgeführten Rechts- ben könne, auf deren Umgehung die Heimlichkeit abzwecken möchte. Das heißt alſo, wegen vi factum ſteht das Interdict dem Vater und dem Sohn zu, wegen clam nur dem Vater. — Ohne Zweifel wird nun auch das Klagrecht des Soh- nes durch capitis deminutio nicht aufgehoben. (n) L. 13 § 5. L. 12 quod vi (43. 24.). — Eben daher iſt es ganz irrig, wenn Manche dieſe Befugniß des filiusfamilias auch auf die poſſeſſoriſchen Inter- dicte ausdehnen wollen, unter welche das Int. quod vi ganz und gar nicht gehört (ſo z. B. Bur- chardi, Archiv für civil. Praxis B. 20 S. 33). Denn die poſſeſ- ſoriſchen Interdicte ſind bedingt durch die juriſtiſche possessio, ein Verhältniß des Klägers, wel- ches zwar urſprünglich factiſch, durch ſeine Folgen aber einem Rechte ähnlich iſt (Savigny Beſitz § 5. 6); zu dieſem Ver- hältniß iſt ein filiusfamilias ganz unfähig. Durch die Dejection des Sohnes aus einem fundus pe- culiaris erwirbt alſo der Vater das Interdict, und der Sohn hat zu deſſen Anſtellung nicht mehr Recht als zur Anſtellung der vä- terlichen Vindication. Der Grund liegt eben darin, daß der Zweck des Int. quod vi in der vindicta beſteht, der Zweck des Int. de vi dagegen in der Verfolgung eines gewöhnlichen Privatintereſſe, ſo gut als der Zweck der Vindication. (o) L. 1 § 2. 3 quod vi (43. 24.). (p) L. 1 pr. § 1 quod vi (43.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
des Klägers an der Sache, welches freylich dieſer nicht
haben könnte, iſt auch ſonſt dazu nicht erforderlich (n),
und eben ſo wenig ein wirkliches materielles Unrecht des
Beklagten (o). Auch der unmittelbare Erfolg des Inter-
dicts, der in der Reſtitution der vorgenommenen eigen-
mächtigen Veränderung beſteht (p), kann zum Vortheil des
klagenden filiusfamilias unbedenklich in Erfüllung gebracht
werden, wenn z. B. der Sohn ein Haus des Vaters,
oder auch ein von einem Fremden gemiethetes Haus be-
wohnt, und durch einen eigenmächtigen Bau des Nach-
bars in dem bequemen Gebrauch der Wohnung geſtört
wird. Kommt es freylich zu einem durchgeführten Rechts-
(m)
(n) L. 13 § 5. L. 12 quod vi
(43. 24.). — Eben daher iſt es
ganz irrig, wenn Manche dieſe
Befugniß des filiusfamilias auch
auf die poſſeſſoriſchen Inter-
dicte ausdehnen wollen, unter
welche das Int. quod vi ganz und
gar nicht gehört (ſo z. B. Bur-
chardi, Archiv für civil. Praxis
B. 20 S. 33). Denn die poſſeſ-
ſoriſchen Interdicte ſind bedingt
durch die juriſtiſche possessio,
ein Verhältniß des Klägers, wel-
ches zwar urſprünglich factiſch,
durch ſeine Folgen aber einem
Rechte ähnlich iſt (Savigny
Beſitz § 5. 6); zu dieſem Ver-
hältniß iſt ein filiusfamilias ganz
unfähig. Durch die Dejection des
Sohnes aus einem fundus pe-
culiaris erwirbt alſo der Vater
das Interdict, und der Sohn hat
zu deſſen Anſtellung nicht mehr
Recht als zur Anſtellung der vä-
terlichen Vindication. Der Grund
liegt eben darin, daß der Zweck
des Int. quod vi in der vindicta
beſteht, der Zweck des Int. de vi
dagegen in der Verfolgung eines
gewöhnlichen Privatintereſſe, ſo
gut als der Zweck der Vindication.
(o) L. 1 § 2. 3 quod vi (43. 24.).
(p) L. 1 pr. § 1 quod vi (43.
24.).
(m) ben könne, auf deren Umgehung
die Heimlichkeit abzwecken möchte.
Das heißt alſo, wegen vi factum
ſteht das Interdict dem Vater und
dem Sohn zu, wegen clam nur
dem Vater. — Ohne Zweifel wird
nun auch das Klagrecht des Soh-
nes durch capitis deminutio nicht
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