meinen Grundsatz den einzelnen Mitgliedern aller Corpo- rationen ein blos numerisches Daseyn zugeschrieben wird, von welchem die absolute Gleichheit der Einzelnen unzer- trennlich ist.
Ein dritter Gegensatz endlich, der bey jener Lehre un- beachtet bleibt, ist der zwischen der Totalität der (jetzt- lebenden) Mitglieder, und der Corporation selbst, die eine unvergängliche Dauer hat, unabhängig von dem Wechsel der Individuen (§ 86). Hier nun befinden wir uns in einem Gebiet, auf welchem, im öffentlichen wie im Pri- vatrecht, der heftigste Streit geführt wird, mit einseitiger Übertreibung von Seiten beider Parteyen. Die lebendige Gegenwart hat ihre eigenthümlichen Ansprüche, und sie soll weder durch den Willen der Vergangenheit unbedingt gebunden, noch dem Interesse der Zukunft geopfert wer- den. Aber sie soll ihre vorübergehende Herrschaft über dauernde Güter und Zwecke mit Weisheit und Mäßigung ausüben, nicht aus Beschränktheit und Selbstsucht den nachfolgenden Geschlechtern die Mittel eines erfreulichen Zustandes entziehen. Durch jene Lehre wird den jetztle- benden Mitgliedern eine schrankenlose Macht eingeräumt, ohne alle Rücksicht auf den Zustand einer späteren Zeit. Sucht man sich den möglichen und wahrscheinlichen Er- folg dieser Lehre, in Beziehung auf den hier dargestellten Gegensatz, klar zu machen, so wird uns derselbe je nach zufälligen Umständen mehr oder minder gefährlich erschei- nen. Bey Gemeinden gefährlicher als anderswo, wegen
meinen Grundſatz den einzelnen Mitgliedern aller Corpo- rationen ein blos numeriſches Daſeyn zugeſchrieben wird, von welchem die abſolute Gleichheit der Einzelnen unzer- trennlich iſt.
Ein dritter Gegenſatz endlich, der bey jener Lehre un- beachtet bleibt, iſt der zwiſchen der Totalität der (jetzt- lebenden) Mitglieder, und der Corporation ſelbſt, die eine unvergängliche Dauer hat, unabhängig von dem Wechſel der Individuen (§ 86). Hier nun befinden wir uns in einem Gebiet, auf welchem, im öffentlichen wie im Pri- vatrecht, der heftigſte Streit geführt wird, mit einſeitiger Übertreibung von Seiten beider Parteyen. Die lebendige Gegenwart hat ihre eigenthuͤmlichen Anſprüche, und ſie ſoll weder durch den Willen der Vergangenheit unbedingt gebunden, noch dem Intereſſe der Zukunft geopfert wer- den. Aber ſie ſoll ihre vorübergehende Herrſchaft über dauernde Güter und Zwecke mit Weisheit und Mäßigung ausüben, nicht aus Beſchränktheit und Selbſtſucht den nachfolgenden Geſchlechtern die Mittel eines erfreulichen Zuſtandes entziehen. Durch jene Lehre wird den jetztle- benden Mitgliedern eine ſchrankenloſe Macht eingeräumt, ohne alle Rückſicht auf den Zuſtand einer ſpäteren Zeit. Sucht man ſich den möglichen und wahrſcheinlichen Er- folg dieſer Lehre, in Beziehung auf den hier dargeſtellten Gegenſatz, klar zu machen, ſo wird uns derſelbe je nach zufälligen Umſtänden mehr oder minder gefährlich erſchei- nen. Bey Gemeinden gefährlicher als anderswo, wegen
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§ 97. Juriſtiſche Perſonen. Verfaſſung. (Fortſetzung.)
meinen Grundſatz den einzelnen Mitgliedern aller Corpo-
rationen ein blos numeriſches Daſeyn zugeſchrieben wird,
von welchem die abſolute Gleichheit der Einzelnen unzer-
trennlich iſt.
Ein dritter Gegenſatz endlich, der bey jener Lehre un-
beachtet bleibt, iſt der zwiſchen der Totalität der (jetzt-
lebenden) Mitglieder, und der Corporation ſelbſt, die eine
unvergängliche Dauer hat, unabhängig von dem Wechſel
der Individuen (§ 86). Hier nun befinden wir uns in
einem Gebiet, auf welchem, im öffentlichen wie im Pri-
vatrecht, der heftigſte Streit geführt wird, mit einſeitiger
Übertreibung von Seiten beider Parteyen. Die lebendige
Gegenwart hat ihre eigenthuͤmlichen Anſprüche, und ſie
ſoll weder durch den Willen der Vergangenheit unbedingt
gebunden, noch dem Intereſſe der Zukunft geopfert wer-
den. Aber ſie ſoll ihre vorübergehende Herrſchaft über
dauernde Güter und Zwecke mit Weisheit und Mäßigung
ausüben, nicht aus Beſchränktheit und Selbſtſucht den
nachfolgenden Geſchlechtern die Mittel eines erfreulichen
Zuſtandes entziehen. Durch jene Lehre wird den jetztle-
benden Mitgliedern eine ſchrankenloſe Macht eingeräumt,
ohne alle Rückſicht auf den Zuſtand einer ſpäteren Zeit.
Sucht man ſich den möglichen und wahrſcheinlichen Er-
folg dieſer Lehre, in Beziehung auf den hier dargeſtellten
Gegenſatz, klar zu machen, ſo wird uns derſelbe je nach
zufälligen Umſtänden mehr oder minder gefährlich erſchei-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/349>, abgerufen am 21.11.2024.
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