Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.Beylage III. dagegen folgenden Weg eingeschlagen. Man geht ausvon der möglichen Dauer der Schwangerschaft bis zur Geburt eines lebenden Kindes. Dabey wird, nach Erfah- rungssätzen, angenommen, ein Kind könne lebendig gebo- ren werden schon am 182sten Tage nach der Erzeugung, eben so aber auch weit später, und bis zum Ablauf des zehenten Monats (e). Auf den Grund dieser physiologi- schen Regel wird nun von dem sicheren Tag der Geburt zurückgerechnet, zuerst 182 Tage, dann Zehen Monate. Dadurch entsteht ein Zwischenraum von Vier Monaten. (e) L. 3 § 11. 12 de suis (38.
16.) "Post decem menses mor- tis natus, non admittetur ad le- gitimam hereditatem. -- De eo autem, qui centesimo octoge- simo secundo die natus est, Hippocrates scripsit, et D. Pius pontificibus rescripsit, justo tempore videri natum: nec vi- deri in servitute conceptum, cum mater ipsius ante cente- simum octogesimum secundum diem esset manumissa." Die zehen Monate gründen sich auf die XII Tafeln (Gellius III. 16), und man hat sie in die vierte Tafel aufgenommen. Die 182 Tage werden in der Stelle selbst durch Hippokrates und ein Re- script von Antonin gerechtfertigt. Man hat gefragt, was mit die- ser Sache die pontifices zu schaf- fen hatten? Cujacius meynt, diese hätten die Aufsicht buf ächte Ge- burten gehabt (in L. 38 de V. S. Opp. VIII. 519), was mir eine zu moderne Ansicht scheint. Die Stelle selbst sagt ja aber deut- lich, daß von dem Sohn einer Sklavin die Rede war: ohne Zweifel wollte dieser einen Opfer- dienst oder eine Priesterwürde an- nehmen, wozu nur Freygeborene fähig waren. Über die Zahl 182 vgl. unten § 181 Note h. -- L. 12 de statu hom. (1. 5.). "Septi- mo mense nasci perfectum partum, jam receptum est pro- pter auctoritatem doctissimi viri Hippocratis: et ideo cre- dendum est, eum qui ex justis nuptiis septimo mense natus est, justum filium esse." Per- fectus partus kann in diesem Zu- sammenhang nur heißen, ein wirkliches, lebendes Kind, im Ge- gensatz des abortus; was es au- ßerdem noch heißen könnte, wird unten (Note y) angegeben wer- den. -- Endlich beweist dafür die alte Rechtsregel, daß die Wittwe erst zehen Monate nach des Man- Beylage III. dagegen folgenden Weg eingeſchlagen. Man geht ausvon der möglichen Dauer der Schwangerſchaft bis zur Geburt eines lebenden Kindes. Dabey wird, nach Erfah- rungsſätzen, angenommen, ein Kind könne lebendig gebo- ren werden ſchon am 182ſten Tage nach der Erzeugung, eben ſo aber auch weit ſpäter, und bis zum Ablauf des zehenten Monats (e). Auf den Grund dieſer phyſiologi- ſchen Regel wird nun von dem ſicheren Tag der Geburt zurückgerechnet, zuerſt 182 Tage, dann Zehen Monate. Dadurch entſteht ein Zwiſchenraum von Vier Monaten. (e) L. 3 § 11. 12 de suis (38.
16.) „Post decem menses mor- tis natus, non admittetur ad le- gitimam hereditatem. — De eo autem, qui centesimo octoge- simo secundo die natus est, Hippocrates scripsit, et D. Pius pontificibus rescripsit, justo tempore videri natum: nec vi- deri in servitute conceptum, cum mater ipsius ante cente- simum octogesimum secundum diem esset manumissa.” Die zehen Monate gründen ſich auf die XII Tafeln (Gellius III. 16), und man hat ſie in die vierte Tafel aufgenommen. Die 182 Tage werden in der Stelle ſelbſt durch Hippokrates und ein Re- ſcript von Antonin gerechtfertigt. Man hat gefragt, was mit die- ſer Sache die pontifices zu ſchaf- fen hatten? Cujacius meynt, dieſe hätten die Aufſicht buf ächte Ge- burten gehabt (in L. 38 de V. S. Opp. VIII. 519), was mir eine zu moderne Anſicht ſcheint. Die Stelle ſelbſt ſagt ja aber deut- lich, daß von dem Sohn einer Sklavin die Rede war: ohne Zweifel wollte dieſer einen Opfer- dienſt oder eine Prieſterwürde an- nehmen, wozu nur Freygeborene fähig waren. Über die Zahl 182 vgl. unten § 181 Note h. — L. 12 de statu hom. (1. 5.). „Septi- mo mense nasci perfectum partum, jam receptum est pro- pter auctoritatem doctissimi viri Hippocratis: et ideo cre- dendum est, eum qui ex justis nuptiis septimo mense natus est, justum filium esse.” Per- fectus partus kann in dieſem Zu- ſammenhang nur heißen, ein wirkliches, lebendes Kind, im Ge- genſatz des abortus; was es au- ßerdem noch heißen könnte, wird unten (Note y) angegeben wer- den. — Endlich beweiſt dafür die alte Rechtsregel, daß die Wittwe erſt zehen Monate nach des Man- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0402" n="388"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">III.</hi></fw><lb/> dagegen folgenden Weg eingeſchlagen. Man geht aus<lb/> von der möglichen Dauer der Schwangerſchaft bis zur<lb/> Geburt eines lebenden Kindes. Dabey wird, nach Erfah-<lb/> rungsſätzen, angenommen, ein Kind könne lebendig gebo-<lb/> ren werden ſchon am 182ſten Tage nach der Erzeugung,<lb/> eben ſo aber auch weit ſpäter, und bis zum Ablauf des<lb/> zehenten Monats <note xml:id="seg2pn_68_1" next="#seg2pn_68_2" place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L</hi>. 3 § 11. 12 <hi rendition="#i">de suis</hi> (38.<lb/> 16.) „Post decem menses mor-<lb/> tis natus, non admittetur ad le-<lb/> gitimam hereditatem. — De eo<lb/> autem, qui centesimo octoge-<lb/> simo secundo die natus est,<lb/> Hippocrates scripsit, et D. Pius<lb/> pontificibus rescripsit, justo<lb/> tempore videri natum: nec vi-<lb/> deri in servitute conceptum,<lb/> cum mater ipsius ante cente-<lb/> simum octogesimum secundum<lb/> diem esset manumissa.”</hi> Die<lb/> zehen Monate gründen ſich auf die<lb/><hi rendition="#aq">XII</hi> Tafeln (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gellius</hi> III.</hi> 16),<lb/> und man hat ſie in die vierte<lb/> Tafel aufgenommen. Die 182<lb/> Tage werden in der Stelle ſelbſt<lb/> durch Hippokrates und ein Re-<lb/> ſcript von Antonin gerechtfertigt.<lb/> Man hat gefragt, was mit die-<lb/> ſer Sache die <hi rendition="#aq">pontifices</hi> zu ſchaf-<lb/> fen hatten? Cujacius meynt, dieſe<lb/> hätten die Aufſicht buf ächte Ge-<lb/> burten gehabt (in <hi rendition="#aq">L. 38 de V.<lb/> S. Opp. VIII.</hi> 519), was mir eine<lb/> zu moderne Anſicht ſcheint. Die<lb/> Stelle ſelbſt ſagt ja aber deut-<lb/> lich, daß von dem Sohn einer<lb/> Sklavin die Rede war: ohne<lb/> Zweifel wollte dieſer einen Opfer-<lb/> dienſt oder eine Prieſterwürde an-<lb/> nehmen, wozu nur Freygeborene<lb/> fähig waren. Über die Zahl 182<lb/> vgl. unten § 181 Note <hi rendition="#aq">h. — <hi rendition="#i">L</hi>. 12<lb/><hi rendition="#i">de statu hom</hi>. (1. 5.). „Septi-<lb/> mo mense nasci perfectum<lb/> partum, jam receptum est pro-<lb/> pter auctoritatem doctissimi<lb/> viri Hippocratis: et ideo cre-<lb/> dendum est, eum qui ex justis<lb/> nuptiis septimo mense natus<lb/> est, justum filium esse.” Per-<lb/> fectus partus</hi> kann in dieſem Zu-<lb/> ſammenhang nur heißen, <choice><sic>eiu</sic><corr>ein</corr></choice><lb/> wirkliches, lebendes Kind, im Ge-<lb/> genſatz des <hi rendition="#aq">abortus;</hi> was es au-<lb/> ßerdem noch heißen könnte, wird<lb/> unten (Note <hi rendition="#aq">y</hi>) angegeben wer-<lb/> den. — Endlich beweiſt dafür die<lb/> alte Rechtsregel, daß die Wittwe<lb/> erſt zehen Monate nach des Man-</note>. Auf den Grund dieſer phyſiologi-<lb/> ſchen Regel wird nun von dem ſicheren Tag der Geburt<lb/> zurückgerechnet, zuerſt 182 Tage, dann Zehen Monate.<lb/> Dadurch entſteht ein Zwiſchenraum von Vier Monaten.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [388/0402]
Beylage III.
dagegen folgenden Weg eingeſchlagen. Man geht aus
von der möglichen Dauer der Schwangerſchaft bis zur
Geburt eines lebenden Kindes. Dabey wird, nach Erfah-
rungsſätzen, angenommen, ein Kind könne lebendig gebo-
ren werden ſchon am 182ſten Tage nach der Erzeugung,
eben ſo aber auch weit ſpäter, und bis zum Ablauf des
zehenten Monats (e). Auf den Grund dieſer phyſiologi-
ſchen Regel wird nun von dem ſicheren Tag der Geburt
zurückgerechnet, zuerſt 182 Tage, dann Zehen Monate.
Dadurch entſteht ein Zwiſchenraum von Vier Monaten.
(e) L. 3 § 11. 12 de suis (38.
16.) „Post decem menses mor-
tis natus, non admittetur ad le-
gitimam hereditatem. — De eo
autem, qui centesimo octoge-
simo secundo die natus est,
Hippocrates scripsit, et D. Pius
pontificibus rescripsit, justo
tempore videri natum: nec vi-
deri in servitute conceptum,
cum mater ipsius ante cente-
simum octogesimum secundum
diem esset manumissa.” Die
zehen Monate gründen ſich auf die
XII Tafeln (Gellius III. 16),
und man hat ſie in die vierte
Tafel aufgenommen. Die 182
Tage werden in der Stelle ſelbſt
durch Hippokrates und ein Re-
ſcript von Antonin gerechtfertigt.
Man hat gefragt, was mit die-
ſer Sache die pontifices zu ſchaf-
fen hatten? Cujacius meynt, dieſe
hätten die Aufſicht buf ächte Ge-
burten gehabt (in L. 38 de V.
S. Opp. VIII. 519), was mir eine
zu moderne Anſicht ſcheint. Die
Stelle ſelbſt ſagt ja aber deut-
lich, daß von dem Sohn einer
Sklavin die Rede war: ohne
Zweifel wollte dieſer einen Opfer-
dienſt oder eine Prieſterwürde an-
nehmen, wozu nur Freygeborene
fähig waren. Über die Zahl 182
vgl. unten § 181 Note h. — L. 12
de statu hom. (1. 5.). „Septi-
mo mense nasci perfectum
partum, jam receptum est pro-
pter auctoritatem doctissimi
viri Hippocratis: et ideo cre-
dendum est, eum qui ex justis
nuptiis septimo mense natus
est, justum filium esse.” Per-
fectus partus kann in dieſem Zu-
ſammenhang nur heißen, ein
wirkliches, lebendes Kind, im Ge-
genſatz des abortus; was es au-
ßerdem noch heißen könnte, wird
unten (Note y) angegeben wer-
den. — Endlich beweiſt dafür die
alte Rechtsregel, daß die Wittwe
erſt zehen Monate nach des Man-
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