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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Beylage III.
weis, den Beweis der Unmöglichkeit zu. Wenn jedoch der
Ehemann die Unächtheit eines vor 180 Tagen geborenen
Kindes behauptet, so wird er von dieser Behauptung durch
gewisse früher vorgekommene anerkennende Handlungen aus-
geschlossen (art. 312--315.). Uneheliche Kinder haben ge-
gen den Vater gar keine Ansprüche.

Das Österreichische Gesetzbuch setzt die Vermuthung,
wie das Römische Recht, zwischen Sechs und Zehen Mo-
nate, ohne zu sagen (was jedoch wohl die Meynung ist),
daß dagegen nur der Beweis der Unmöglichkeit gelte. Allein
es bestimmt, daß auch bei einem früher oder später gebo-
renen Kinde die Ächtheit durch ärztliches Gutachten dar-
gethan werden könne (§ 138. 155. 157.). Eine ähnliche
Vermuthung soll auch bey unehelichen Kindern gelten, wenn
die Geburt zwischen Sechs uad Zehen Monaten nach dem
erwiesenen Beyschlaf erfolgte (§ 163.).

Das Preußische Landrecht weicht am stärksten von dem
Römischen Recht ab, und in dem Hauptpunkt, wie es
scheint, weniger mit Absicht, als aus Misverständniß der
Römischen Regel. Die Vermuthung für die Ächtheit des
Kindes gründet sich darauf, daß das Kind "während einer
"Ehe erzeugt oder geboren worden" (II. 2 § 1). Diese
Vermuthung gilt also eben sowohl, die Geburt mag Einen
Monat oder Neun Monate nach geschlossener Ehe erfolgt
seyn (dd). Sie wird nur ausgeschlossen durch den Beweis,
daß der Mann in dem ganzen Zeitraum zwischen 302 und

(dd) Daß es wirklich so gemeynt ist, und wirklich blos aus Mis-

Beylage III.
weis, den Beweis der Unmöglichkeit zu. Wenn jedoch der
Ehemann die Unächtheit eines vor 180 Tagen geborenen
Kindes behauptet, ſo wird er von dieſer Behauptung durch
gewiſſe früher vorgekommene anerkennende Handlungen aus-
geſchloſſen (art. 312—315.). Uneheliche Kinder haben ge-
gen den Vater gar keine Anſprüche.

Das Öſterreichiſche Geſetzbuch ſetzt die Vermuthung,
wie das Römiſche Recht, zwiſchen Sechs und Zehen Mo-
nate, ohne zu ſagen (was jedoch wohl die Meynung iſt),
daß dagegen nur der Beweis der Unmöglichkeit gelte. Allein
es beſtimmt, daß auch bei einem früher oder ſpäter gebo-
renen Kinde die Ächtheit durch ärztliches Gutachten dar-
gethan werden könne (§ 138. 155. 157.). Eine ähnliche
Vermuthung ſoll auch bey unehelichen Kindern gelten, wenn
die Geburt zwiſchen Sechs uad Zehen Monaten nach dem
erwieſenen Beyſchlaf erfolgte (§ 163.).

Das Preußiſche Landrecht weicht am ſtärkſten von dem
Roͤmiſchen Recht ab, und in dem Hauptpunkt, wie es
ſcheint, weniger mit Abſicht, als aus Misverſtändniß der
Römiſchen Regel. Die Vermuthung für die Ächtheit des
Kindes gründet ſich darauf, daß das Kind „während einer
„Ehe erzeugt oder geboren worden“ (II. 2 § 1). Dieſe
Vermuthung gilt alſo eben ſowohl, die Geburt mag Einen
Monat oder Neun Monate nach geſchloſſener Ehe erfolgt
ſeyn (dd). Sie wird nur ausgeſchloſſen durch den Beweis,
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(dd) Daß es wirklich ſo gemeynt iſt, und wirklich blos aus Mis-
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[416/0430] Beylage III. weis, den Beweis der Unmöglichkeit zu. Wenn jedoch der Ehemann die Unächtheit eines vor 180 Tagen geborenen Kindes behauptet, ſo wird er von dieſer Behauptung durch gewiſſe früher vorgekommene anerkennende Handlungen aus- geſchloſſen (art. 312—315.). Uneheliche Kinder haben ge- gen den Vater gar keine Anſprüche. Das Öſterreichiſche Geſetzbuch ſetzt die Vermuthung, wie das Römiſche Recht, zwiſchen Sechs und Zehen Mo- nate, ohne zu ſagen (was jedoch wohl die Meynung iſt), daß dagegen nur der Beweis der Unmöglichkeit gelte. Allein es beſtimmt, daß auch bei einem früher oder ſpäter gebo- renen Kinde die Ächtheit durch ärztliches Gutachten dar- gethan werden könne (§ 138. 155. 157.). Eine ähnliche Vermuthung ſoll auch bey unehelichen Kindern gelten, wenn die Geburt zwiſchen Sechs uad Zehen Monaten nach dem erwieſenen Beyſchlaf erfolgte (§ 163.). Das Preußiſche Landrecht weicht am ſtärkſten von dem Roͤmiſchen Recht ab, und in dem Hauptpunkt, wie es ſcheint, weniger mit Abſicht, als aus Misverſtändniß der Römiſchen Regel. Die Vermuthung für die Ächtheit des Kindes gründet ſich darauf, daß das Kind „während einer „Ehe erzeugt oder geboren worden“ (II. 2 § 1). Dieſe Vermuthung gilt alſo eben ſowohl, die Geburt mag Einen Monat oder Neun Monate nach geſchloſſener Ehe erfolgt ſeyn (dd). Sie wird nur ausgeſchloſſen durch den Beweis, daß der Mann in dem ganzen Zeitraum zwiſchen 302 und (dd) Daß es wirklich ſo gemeynt iſt, und wirklich blos aus Mis-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/430>, abgerufen am 21.11.2024.