wobey jedoch bemerkt werden muß, daß die Gleichartig- keit dieser drey Fälle nur scheinbar ist, indem die zwey ersten in der That einfache Verhältnisse sind, anstatt daß der dritte Fall nur der collective Ausdruck einer Mehr- heit einfacher Verhältnisse ist, also mehrere einzelne Fälle in sich schließt.
Keine dieser beiden Anordnungen hat im Römischen Recht einen unmittelbaren Ausdruck gefunden, aber für jede derselben läßt sich eine indirecte Anerkennung nach- weisen. Auf die erste Anordnung beziehen sich die Römi- schen Ausdrücke magna (major) und minor capitis demi- nutio (§ 68. d); auf die zweyte die gangbareren Aus- drücke maxima, media, minima, capitis deminutio (§ 68).
Wie verhält sich nun dazu die bey den Neueren ge- wöhnliche Lehre von den drey Status? (Num. II. III.). Auf den ersten Blick möchte man sie mit der zweyten An- ordnung für gleichbedeutend halten wollen, das ist sie aber in der That nicht, und zwar in keiner der beider Gestal- ten, die man ihr bisher zu geben versucht hat (Num. III.). Denn die Agnatenfamilie, die nach der einen Erklärung als Status familiae gelten soll, ist doch nur eines unter den zahlreichen Familienverhältnissen; die Eintheilung der Menschen in sui juris und alieni juris (nach der andern
Beylage VI.
2) Durch Aufzählung einzelner Fälle:
Freyheit,
Civität,
Familie (Status hominis),
wobey jedoch bemerkt werden muß, daß die Gleichartig- keit dieſer drey Fälle nur ſcheinbar iſt, indem die zwey erſten in der That einfache Verhältniſſe ſind, anſtatt daß der dritte Fall nur der collective Ausdruck einer Mehr- heit einfacher Verhältniſſe iſt, alſo mehrere einzelne Fälle in ſich ſchließt.
Keine dieſer beiden Anordnungen hat im Roͤmiſchen Recht einen unmittelbaren Ausdruck gefunden, aber für jede derſelben läßt ſich eine indirecte Anerkennung nach- weiſen. Auf die erſte Anordnung beziehen ſich die Römi- ſchen Ausdruͤcke magna (major) und minor capitis demi- nutio (§ 68. d); auf die zweyte die gangbareren Aus- drücke maxima, media, minima, capitis deminutio (§ 68).
Wie verhält ſich nun dazu die bey den Neueren ge- woͤhnliche Lehre von den drey Status? (Num. II. III.). Auf den erſten Blick moͤchte man ſie mit der zweyten An- ordnung für gleichbedeutend halten wollen, das iſt ſie aber in der That nicht, und zwar in keiner der beider Geſtal- ten, die man ihr bisher zu geben verſucht hat (Num. III.). Denn die Agnatenfamilie, die nach der einen Erklärung als Status familiae gelten ſoll, iſt doch nur eines unter den zahlreichen Familienverhältniſſen; die Eintheilung der Menſchen in sui juris und alieni juris (nach der andern
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Beylage VI.
2) Durch Aufzählung einzelner Fälle:
Freyheit,
Civität,
Familie (Status hominis),
wobey jedoch bemerkt werden muß, daß die Gleichartig-
keit dieſer drey Fälle nur ſcheinbar iſt, indem die zwey
erſten in der That einfache Verhältniſſe ſind, anſtatt daß
der dritte Fall nur der collective Ausdruck einer Mehr-
heit einfacher Verhältniſſe iſt, alſo mehrere einzelne Fälle
in ſich ſchließt.
Keine dieſer beiden Anordnungen hat im Roͤmiſchen
Recht einen unmittelbaren Ausdruck gefunden, aber für
jede derſelben läßt ſich eine indirecte Anerkennung nach-
weiſen. Auf die erſte Anordnung beziehen ſich die Römi-
ſchen Ausdruͤcke magna (major) und minor capitis demi-
nutio (§ 68. d); auf die zweyte die gangbareren Aus-
drücke maxima, media, minima, capitis deminutio (§ 68).
Wie verhält ſich nun dazu die bey den Neueren ge-
woͤhnliche Lehre von den drey Status? (Num. II. III.).
Auf den erſten Blick moͤchte man ſie mit der zweyten An-
ordnung für gleichbedeutend halten wollen, das iſt ſie aber
in der That nicht, und zwar in keiner der beider Geſtal-
ten, die man ihr bisher zu geben verſucht hat (Num. III.).
Denn die Agnatenfamilie, die nach der einen Erklärung
als Status familiae gelten ſoll, iſt doch nur eines unter
den zahlreichen Familienverhältniſſen; die Eintheilung der
Menſchen in sui juris und alieni juris (nach der andern
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/486>, abgerufen am 22.11.2024.
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