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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch. II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Tode des Legatars, obgleich er die Bedingung nicht mehr
erfüllen kann (s). Dieses beruht auf einer begünstigenden
Auslegung solcher Legate, als ob der Bedingung des Auf-
enthalts die Worte hinzugefügt wären: "so lange diese
Person lebt". Dieses gehört also zur Interpretation der
Legate, und zwar in einem Fall, dessen Natur ohnehin zu
einer Behandlung nach Milde und Billigkeit auffordert:
die Natur der Bedingungen und ihrer Erfüllung hat damit
Nichts zu schaffen.

3) Wird ein Legat gegeben unter der Bedingung, daß
der Legatar nach dem Gutfinden des Titius heurathe, und
stirbt Titius vor dem Testator, so ist dennoch das Legat
gültig, obgleich die Bedingung unerfüllt bleiben muß. Al-
lein diese Bedingung soll, als unsittlich, ohnehin nicht be-
achtet werden, selbst wenn Titius noch lebte; also kann
natürlich auch dessen Tod hierin Nichts ändern (t).

4) Das Legat unter der Bedingung eines Eides, den
Sklaven Stichus zu manumittiren, ist gültig, auch wenn
die Manumission durch den Tod dieses Sklaven unmöglich
wird. Das gründet sich aber darauf, daß die Bedingung
des eidlichen Versprechens einer Handlung überhaupt nicht
als Bedingung gelten soll; vielmehr wird dann die Hand-
lung selbst als Modus behandelt, und durch dessen Un-

(s) L. 20 pr. de annuis (33.
1.), L. 20 § 3 de alim. (34. 1.),
L. 84 de cond. (35. 1.), L. 1 C.
de leg.
(6. 37.). -- Vergl. auch
L. 18 § 2 de alim. (34. 1.).
(t) L. 72 § 4 L. 28 pr. de
cond.
(35. 1.), L. 54 § 1 de leg. 1
(30. un.)
(s. u. § 123. c).

Buch. II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Tode des Legatars, obgleich er die Bedingung nicht mehr
erfüllen kann (s). Dieſes beruht auf einer begünſtigenden
Auslegung ſolcher Legate, als ob der Bedingung des Auf-
enthalts die Worte hinzugefügt wären: „ſo lange dieſe
Perſon lebt“. Dieſes gehört alſo zur Interpretation der
Legate, und zwar in einem Fall, deſſen Natur ohnehin zu
einer Behandlung nach Milde und Billigkeit auffordert:
die Natur der Bedingungen und ihrer Erfüllung hat damit
Nichts zu ſchaffen.

3) Wird ein Legat gegeben unter der Bedingung, daß
der Legatar nach dem Gutfinden des Titius heurathe, und
ſtirbt Titius vor dem Teſtator, ſo iſt dennoch das Legat
gültig, obgleich die Bedingung unerfüllt bleiben muß. Al-
lein dieſe Bedingung ſoll, als unſittlich, ohnehin nicht be-
achtet werden, ſelbſt wenn Titius noch lebte; alſo kann
natürlich auch deſſen Tod hierin Nichts ändern (t).

4) Das Legat unter der Bedingung eines Eides, den
Sklaven Stichus zu manumittiren, iſt gültig, auch wenn
die Manumiſſion durch den Tod dieſes Sklaven unmöglich
wird. Das gründet ſich aber darauf, daß die Bedingung
des eidlichen Verſprechens einer Handlung überhaupt nicht
als Bedingung gelten ſoll; vielmehr wird dann die Hand-
lung ſelbſt als Modus behandelt, und durch deſſen Un-

(s) L. 20 pr. de annuis (33.
1.), L. 20 § 3 de alim. (34. 1.),
L. 84 de cond. (35. 1.), L. 1 C.
de leg.
(6. 37.). — Vergl. auch
L. 18 § 2 de alim. (34. 1.).
(t) L. 72 § 4 L. 28 pr. de
cond.
(35. 1.), L. 54 § 1 de leg. 1
(30. un.)
(ſ. u. § 123. c).
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[146/0158] Buch. II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Tode des Legatars, obgleich er die Bedingung nicht mehr erfüllen kann (s). Dieſes beruht auf einer begünſtigenden Auslegung ſolcher Legate, als ob der Bedingung des Auf- enthalts die Worte hinzugefügt wären: „ſo lange dieſe Perſon lebt“. Dieſes gehört alſo zur Interpretation der Legate, und zwar in einem Fall, deſſen Natur ohnehin zu einer Behandlung nach Milde und Billigkeit auffordert: die Natur der Bedingungen und ihrer Erfüllung hat damit Nichts zu ſchaffen. 3) Wird ein Legat gegeben unter der Bedingung, daß der Legatar nach dem Gutfinden des Titius heurathe, und ſtirbt Titius vor dem Teſtator, ſo iſt dennoch das Legat gültig, obgleich die Bedingung unerfüllt bleiben muß. Al- lein dieſe Bedingung ſoll, als unſittlich, ohnehin nicht be- achtet werden, ſelbſt wenn Titius noch lebte; alſo kann natürlich auch deſſen Tod hierin Nichts ändern (t). 4) Das Legat unter der Bedingung eines Eides, den Sklaven Stichus zu manumittiren, iſt gültig, auch wenn die Manumiſſion durch den Tod dieſes Sklaven unmöglich wird. Das gründet ſich aber darauf, daß die Bedingung des eidlichen Verſprechens einer Handlung überhaupt nicht als Bedingung gelten ſoll; vielmehr wird dann die Hand- lung ſelbſt als Modus behandelt, und durch deſſen Un- (s) L. 20 pr. de annuis (33. 1.), L. 20 § 3 de alim. (34. 1.), L. 84 de cond. (35. 1.), L. 1 C. de leg. (6. 37.). — Vergl. auch L. 18 § 2 de alim. (34. 1.). (t) L. 72 § 4 L. 28 pr. de cond. (35. 1.), L. 54 § 1 de leg. 1 (30. un.) (ſ. u. § 123. c).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/158>, abgerufen am 09.05.2024.