Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. kannt und in einzelnen Anwendungen durchgeführt werde;will man aber dieses Gemeinsame anerkennen, so ist zur Bezeichnung desselben unser deutscher Kunstausdruck so ge- schickt und bequem, daß es unnatürlich wäre den Vortheil zu versäumen, den uns der Besitz eines passenden Ausdrucks für einen wichtigen Rechtsbegriff darbietet. Und das ist es, was ich durch die gegenwärtige Untersuchung über den Begriff des Vertrags zur allgemeinen Uberzeugung bringen möchte. Die hier an unsren juristischen Schriftstellern gerügte (d) Kant Metaphysische An-
fangsgründe der Rechtslehre Kö- nigsberg 1797. -- Vgl. hierüber oben § 54. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. kannt und in einzelnen Anwendungen durchgeführt werde;will man aber dieſes Gemeinſame anerkennen, ſo iſt zur Bezeichnung deſſelben unſer deutſcher Kunſtausdruck ſo ge- ſchickt und bequem, daß es unnatürlich wäre den Vortheil zu verſäumen, den uns der Beſitz eines paſſenden Ausdrucks für einen wichtigen Rechtsbegriff darbietet. Und das iſt es, was ich durch die gegenwärtige Unterſuchung über den Begriff des Vertrags zur allgemeinen Uberzeugung bringen möchte. Die hier an unſren juriſtiſchen Schriftſtellern gerügte (d) Kant Metaphyſiſche An-
fangsgründe der Rechtslehre Kö- nigsberg 1797. — Vgl. hierüber oben § 54. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0330" n="318"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> kannt und in einzelnen Anwendungen durchgeführt werde;<lb/> will man aber dieſes Gemeinſame anerkennen, ſo iſt zur<lb/> Bezeichnung deſſelben unſer deutſcher Kunſtausdruck ſo ge-<lb/> ſchickt und bequem, daß es unnatürlich wäre den Vortheil<lb/> zu verſäumen, den uns der Beſitz eines paſſenden Ausdrucks<lb/> für einen wichtigen Rechtsbegriff darbietet. Und das iſt<lb/> es, was ich durch die gegenwärtige Unterſuchung über den<lb/> Begriff des Vertrags zur allgemeinen Uberzeugung bringen<lb/> möchte.</p><lb/> <p>Die hier an unſren juriſtiſchen Schriftſtellern gerügte<lb/> einſeitige Auffaſſung der Verträge iſt auch bey den Natur-<lb/> rechtslehrern nicht ohne Einfluß geblieben. <hi rendition="#g">Kant</hi> <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#g">Kant</hi> Metaphyſiſche An-<lb/> fangsgründe der Rechtslehre Kö-<lb/> nigsberg 1797. — Vgl. hierüber<lb/> oben § 54.</note> be-<lb/> ſtimmt ſogar den Begriff noch weit enger, als es unſre<lb/> Juriſten zu thun pflegen. Ihm iſt Vertrag nur diejenige<lb/> vereinigte Willkühr zweyer Perſonen, wodurch Eigenthum<lb/> veräußert (S. 98), oder eigentlich dieſe Veräußerung vor-<lb/> bereitet wird, da ihre Vollendung doch erſt in der Tradi-<lb/> tion ſtattfindet (S. 103). Eigenthum aber nimmt er in<lb/> demſelben Sinn wie die Römer, nämlich für die Herrſchaft<lb/> über eine beſtimmte Sache (S. 95. 96). Unter ſeinen Be-<lb/> griff fallen alſo nicht einmal alle obligatoriſche Verträge,<lb/> z. B. nicht die welche auf Dienſt oder Arbeit gehen, ſon-<lb/> dern nur die worin eine Tradition verſprochen wird, wie<lb/> Kauf oder Tauſch. Dennoch behandelt er ſogar die Ehe<lb/> als Vertrag, und zwar indem er eine Art von Eigenthum<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0330]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
kannt und in einzelnen Anwendungen durchgeführt werde;
will man aber dieſes Gemeinſame anerkennen, ſo iſt zur
Bezeichnung deſſelben unſer deutſcher Kunſtausdruck ſo ge-
ſchickt und bequem, daß es unnatürlich wäre den Vortheil
zu verſäumen, den uns der Beſitz eines paſſenden Ausdrucks
für einen wichtigen Rechtsbegriff darbietet. Und das iſt
es, was ich durch die gegenwärtige Unterſuchung über den
Begriff des Vertrags zur allgemeinen Uberzeugung bringen
möchte.
Die hier an unſren juriſtiſchen Schriftſtellern gerügte
einſeitige Auffaſſung der Verträge iſt auch bey den Natur-
rechtslehrern nicht ohne Einfluß geblieben. Kant (d) be-
ſtimmt ſogar den Begriff noch weit enger, als es unſre
Juriſten zu thun pflegen. Ihm iſt Vertrag nur diejenige
vereinigte Willkühr zweyer Perſonen, wodurch Eigenthum
veräußert (S. 98), oder eigentlich dieſe Veräußerung vor-
bereitet wird, da ihre Vollendung doch erſt in der Tradi-
tion ſtattfindet (S. 103). Eigenthum aber nimmt er in
demſelben Sinn wie die Römer, nämlich für die Herrſchaft
über eine beſtimmte Sache (S. 95. 96). Unter ſeinen Be-
griff fallen alſo nicht einmal alle obligatoriſche Verträge,
z. B. nicht die welche auf Dienſt oder Arbeit gehen, ſon-
dern nur die worin eine Tradition verſprochen wird, wie
Kauf oder Tauſch. Dennoch behandelt er ſogar die Ehe
als Vertrag, und zwar indem er eine Art von Eigenthum
(d) Kant Metaphyſiſche An-
fangsgründe der Rechtslehre Kö-
nigsberg 1797. — Vgl. hierüber
oben § 54.
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