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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 161. Schenkung. Vertragsnatur. (Fortsetzung.)

fieri, cum alia opinione acceperit. Quare, si eos
consumserit, licet condictione teneatur, tamen doli
exceptione uti poterit, quia secundum voluntatem
dantis numi sunt consumti.

In diesen Stellen werden zwey Fragen erörtert, die
von einander großentheils unabhängig sind. Die eine: ob
Eigenthum übergeht. Die andere: ob eine gültige Schen-
kung, oder vielleicht auch ein gültiges Darlehen vorhan-
den ist. Das Verhältniß beider Fragen aber ist dieses.
Wer die zweyte bejaht, muß nothwendig auch die erste
bejahen. Wer die erste bejaht, kann daneben noch immer
die zweyte bejahen oder verneinen.

Der Übergang des Eigenthums ist der einzige Gegen-
stand, der in der ersten Stelle von Julian untersucht
wird. Er behauptet diesen Übergang ganz bestimmt, so-
gar als unzweifelhaft (constat) für alle Fälle, worin
Beide übereinstimmend wollen, daß überhaupt Eigenthum
übergehe, wenngleich ihr Wille durch den Gedanken an
verschiedene Rechtsgeschäfte begründet ist. Er wendet die-
ses an auf zwey verschiedenartige Fälle; in dem einen
wollen Beide sogar dieselbe causa, nämlich die solvendi
causa,
nur in Voraussetzung verschiedener vorhergehender
Obligationen: in dem andern will Einer die donandi, der
Andere die obligandi oder credendi causa; die Entschei-
dung ist für beide Fälle dieselbe. Ulpian berührt die
Frage nach dem Schicksal des Eigenthums nur ganz bey-
läufig, bey Gelegenheit des gültigen Darlehens, und darin

§. 161. Schenkung. Vertragsnatur. (Fortſetzung.)

fieri, cum alia opinione acceperit. Quare, si eos
consumserit, licet condictione teneatur, tamen doli
exceptione uti poterit, quia secundum voluntatem
dantis numi sunt consumti.

In dieſen Stellen werden zwey Fragen erörtert, die
von einander großentheils unabhängig ſind. Die eine: ob
Eigenthum übergeht. Die andere: ob eine gültige Schen-
kung, oder vielleicht auch ein gültiges Darlehen vorhan-
den iſt. Das Verhältniß beider Fragen aber iſt dieſes.
Wer die zweyte bejaht, muß nothwendig auch die erſte
bejahen. Wer die erſte bejaht, kann daneben noch immer
die zweyte bejahen oder verneinen.

Der Übergang des Eigenthums iſt der einzige Gegen-
ſtand, der in der erſten Stelle von Julian unterſucht
wird. Er behauptet dieſen Übergang ganz beſtimmt, ſo-
gar als unzweifelhaft (constat) für alle Fälle, worin
Beide übereinſtimmend wollen, daß überhaupt Eigenthum
übergehe, wenngleich ihr Wille durch den Gedanken an
verſchiedene Rechtsgeſchäfte begründet iſt. Er wendet die-
ſes an auf zwey verſchiedenartige Fälle; in dem einen
wollen Beide ſogar dieſelbe causa, nämlich die solvendi
causa,
nur in Vorausſetzung verſchiedener vorhergehender
Obligationen: in dem andern will Einer die donandi, der
Andere die obligandi oder credendi causa; die Entſchei-
dung iſt für beide Fälle dieſelbe. Ulpian berührt die
Frage nach dem Schickſal des Eigenthums nur ganz bey-
läufig, bey Gelegenheit des gültigen Darlehens, und darin

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[159/0173] §. 161. Schenkung. Vertragsnatur. (Fortſetzung.) fieri, cum alia opinione acceperit. Quare, si eos consumserit, licet condictione teneatur, tamen doli exceptione uti poterit, quia secundum voluntatem dantis numi sunt consumti. In dieſen Stellen werden zwey Fragen erörtert, die von einander großentheils unabhängig ſind. Die eine: ob Eigenthum übergeht. Die andere: ob eine gültige Schen- kung, oder vielleicht auch ein gültiges Darlehen vorhan- den iſt. Das Verhältniß beider Fragen aber iſt dieſes. Wer die zweyte bejaht, muß nothwendig auch die erſte bejahen. Wer die erſte bejaht, kann daneben noch immer die zweyte bejahen oder verneinen. Der Übergang des Eigenthums iſt der einzige Gegen- ſtand, der in der erſten Stelle von Julian unterſucht wird. Er behauptet dieſen Übergang ganz beſtimmt, ſo- gar als unzweifelhaft (constat) für alle Fälle, worin Beide übereinſtimmend wollen, daß überhaupt Eigenthum übergehe, wenngleich ihr Wille durch den Gedanken an verſchiedene Rechtsgeſchäfte begründet iſt. Er wendet die- ſes an auf zwey verſchiedenartige Fälle; in dem einen wollen Beide ſogar dieſelbe causa, nämlich die solvendi causa, nur in Vorausſetzung verſchiedener vorhergehender Obligationen: in dem andern will Einer die donandi, der Andere die obligandi oder credendi causa; die Entſchei- dung iſt für beide Fälle dieſelbe. Ulpian berührt die Frage nach dem Schickſal des Eigenthums nur ganz bey- läufig, bey Gelegenheit des gültigen Darlehens, und darin

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/173>, abgerufen am 24.11.2024.