Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. zwey Senatsschlüsse erlassen seyn möchten (w). Ferner,daß sich in den nicht wenigen Stellen, die davon reden, doch wohl irgend eine Spur von zwey Beschlüssen erhal- ten haben müßte; dieses ist aber so wenig der Fall, daß vielmehr die Juristen und die Kaiser willkührlich und sorg- los ganz abwechselnde Bezeichnungen gebrauchen, welches nur unter der Voraussetzung eines einzigen Beschlusses ge- fahrlos geschehen konnte (x). Ganz besonders aber spricht gegen jene Annahme die historische Einleitung, womit Ulpian die Hauptstelle über diesen Gegenstand eröffnet (Note b). Er setzt hier entgegen den älteren Zustand der Schenkungen (nach jus civile) und den Senatsbeschluß "ut aliquid laxaret ex juris rigore." Der Beschluß, von dem er hier redet, ist (nach Puchta's Meynung) der neuere, und er konnte unmöglich als das Eigenthümliche desselben die Milderung des juris rigor angeben, wenn eine solche Milderung (nur in einem etwas geringeren Grade) schon früher vorgenommen worden war. -- Sehen wir aber ge- nauer zu, so referirt Ulpian zwey verschiedene Behaup- tungen des Papinian: die Anwendung des Senatsschlusses auf die Traditionen, die Nichtanwendung auf Stipulatio- nen. Nur die erste Behauptung billigt er (wenn das recte ächt ist), über die zweyte erklärt er sich wörtlich gar nicht, denn er sagt: recte putabat .. ad rerum donationem per- (w) Der neuere Beschluß fiele sicher in das J. 206 (L. 32 pr. cit.). Der ältere wäre aber auch schon zur Zeit der Mitregierung erlassen (Fragm. Vat. § 294, s. o. Note c), also nicht vor dem J. 198. (x) Vergl. die Stellen in den
Noten a. b. c. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. zwey Senatsſchlüſſe erlaſſen ſeyn möchten (w). Ferner,daß ſich in den nicht wenigen Stellen, die davon reden, doch wohl irgend eine Spur von zwey Beſchlüſſen erhal- ten haben müßte; dieſes iſt aber ſo wenig der Fall, daß vielmehr die Juriſten und die Kaiſer willkührlich und ſorg- los ganz abwechſelnde Bezeichnungen gebrauchen, welches nur unter der Vorausſetzung eines einzigen Beſchluſſes ge- fahrlos geſchehen konnte (x). Ganz beſonders aber ſpricht gegen jene Annahme die hiſtoriſche Einleitung, womit Ulpian die Hauptſtelle über dieſen Gegenſtand eröffnet (Note b). Er ſetzt hier entgegen den älteren Zuſtand der Schenkungen (nach jus civile) und den Senatsbeſchluß „ut aliquid laxaret ex juris rigore.” Der Beſchluß, von dem er hier redet, iſt (nach Puchta’s Meynung) der neuere, und er konnte unmöglich als das Eigenthümliche deſſelben die Milderung des juris rigor angeben, wenn eine ſolche Milderung (nur in einem etwas geringeren Grade) ſchon früher vorgenommen worden war. — Sehen wir aber ge- nauer zu, ſo referirt Ulpian zwey verſchiedene Behaup- tungen des Papinian: die Anwendung des Senatsſchluſſes auf die Traditionen, die Nichtanwendung auf Stipulatio- nen. Nur die erſte Behauptung billigt er (wenn das recte ächt iſt), über die zweyte erklärt er ſich wörtlich gar nicht, denn er ſagt: recte putabat .. ad rerum donationem per- (w) Der neuere Beſchluß fiele ſicher in das J. 206 (L. 32 pr. cit.). Der ältere wäre aber auch ſchon zur Zeit der Mitregierung erlaſſen (Fragm. Vat. § 294, ſ. o. Note c), alſo nicht vor dem J. 198. (x) Vergl. die Stellen in den
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
zwey Senatsſchlüſſe erlaſſen ſeyn möchten (w). Ferner,
daß ſich in den nicht wenigen Stellen, die davon reden,
doch wohl irgend eine Spur von zwey Beſchlüſſen erhal-
ten haben müßte; dieſes iſt aber ſo wenig der Fall, daß
vielmehr die Juriſten und die Kaiſer willkührlich und ſorg-
los ganz abwechſelnde Bezeichnungen gebrauchen, welches
nur unter der Vorausſetzung eines einzigen Beſchluſſes ge-
fahrlos geſchehen konnte (x). Ganz beſonders aber ſpricht
gegen jene Annahme die hiſtoriſche Einleitung, womit
Ulpian die Hauptſtelle über dieſen Gegenſtand eröffnet
(Note b). Er ſetzt hier entgegen den älteren Zuſtand der
Schenkungen (nach jus civile) und den Senatsbeſchluß
„ut aliquid laxaret ex juris rigore.” Der Beſchluß, von
dem er hier redet, iſt (nach Puchta’s Meynung) der neuere,
und er konnte unmöglich als das Eigenthümliche deſſelben
die Milderung des juris rigor angeben, wenn eine ſolche
Milderung (nur in einem etwas geringeren Grade) ſchon
früher vorgenommen worden war. — Sehen wir aber ge-
nauer zu, ſo referirt Ulpian zwey verſchiedene Behaup-
tungen des Papinian: die Anwendung des Senatsſchluſſes
auf die Traditionen, die Nichtanwendung auf Stipulatio-
nen. Nur die erſte Behauptung billigt er (wenn das recte
ächt iſt), über die zweyte erklärt er ſich wörtlich gar nicht,
denn er ſagt: recte putabat .. ad rerum donationem per-
(w) Der neuere Beſchluß fiele
ſicher in das J. 206 (L. 32 pr.
cit.). Der ältere wäre aber auch
ſchon zur Zeit der Mitregierung
erlaſſen (Fragm. Vat. § 294, ſ. o.
Note c), alſo nicht vor dem J. 198.
(x) Vergl. die Stellen in den
Noten a. b. c.
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