Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. 3) Bedeutender Vermögensverlust, der dem Geber nicht blos gedroht, sondern wirklich zugezogen wird (i). 4) Lebensgefahr, in welche der Geber durch den Em- pfänger gebracht wird. 5) Wenn der Empfänger die Verpflichtungen zu erfül- len verweigert, die ihm bey der Schenkung auferlegt wur- den. Hier hätte es dieses besonderen Rechts auf Wider- ruf nicht einmal bedurft, da die gewöhnliche Regel der donatio sub modo schon hinreichende Rechtsmittel dar- bot (§ 175). Es hat also nunmehr für einen solchen Fall der Geber die Wahl, ob er die Schenkung wegen Un- dankbarkeit widerrufen, oder jene allgemeineren Rechtsmit- tel gebrauchen will; auf diese letzten kann die Ausschlie- ßung der beiderseitigen Erben nicht bezogen werden, die für den Widerruf wegen Undankbarkeit vorgeschrieben ist (k). rat." In diesen beiden Fällen sind offenbar die Verbal- und Real-Injurien ausgedrückt. Die Beurtheilung der Schwere ist dem Ermessen des Richters über- lassen, der dabey natürlich auch das persönliche Verhältniß zu er- wägen hat. Dieselben Worte, die im Munde eines Sohnes gegen den Vater injuriae atroces sind, werden es vielleicht nicht seyn, wenn sie ein Höherer gegen ei- nen Niederen gebraucht. (i) Die Größe des Verlustes, die zum Widerruf nöthig ist ("non levem sensum substantiae do- natoris imponat"), ist dem richter- lichen Ermessen überlassen. Ganz willkührlich nimmt Donellus l. c. § 10 den dritten Theil des Ver- mögens als Minimum an, weil dieses die geringste Vermögens- strafe ist, die als Folge eines publicum judicium im R. R. erwähnt wird. (k) Sehr gut hat dieses Ver-
hältniß entwickelt Donellus XIV. 27 § 12--15 und XIV. 30 § 16. 17.-- Mühlenbruch § 443 not. 8 der vierten Ausg. nimmt hieran ohne Grund Anstoß, da doch sonst Fälle genug vorkommen, worin ein Kläger die Wahl hat zwischen meh- reren Klagen von verschiedenen Bedingungen und Folgen. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. 3) Bedeutender Vermögensverluſt, der dem Geber nicht blos gedroht, ſondern wirklich zugezogen wird (i). 4) Lebensgefahr, in welche der Geber durch den Em- pfänger gebracht wird. 5) Wenn der Empfänger die Verpflichtungen zu erfül- len verweigert, die ihm bey der Schenkung auferlegt wur- den. Hier hätte es dieſes beſonderen Rechts auf Wider- ruf nicht einmal bedurft, da die gewöhnliche Regel der donatio sub modo ſchon hinreichende Rechtsmittel dar- bot (§ 175). Es hat alſo nunmehr für einen ſolchen Fall der Geber die Wahl, ob er die Schenkung wegen Un- dankbarkeit widerrufen, oder jene allgemeineren Rechtsmit- tel gebrauchen will; auf dieſe letzten kann die Ausſchlie- ßung der beiderſeitigen Erben nicht bezogen werden, die für den Widerruf wegen Undankbarkeit vorgeſchrieben iſt (k). rat.” In dieſen beiden Fällen ſind offenbar die Verbal- und Real-Injurien ausgedrückt. Die Beurtheilung der Schwere iſt dem Ermeſſen des Richters über- laſſen, der dabey natürlich auch das perſönliche Verhältniß zu er- wägen hat. Dieſelben Worte, die im Munde eines Sohnes gegen den Vater injuriae atroces ſind, werden es vielleicht nicht ſeyn, wenn ſie ein Höherer gegen ei- nen Niederen gebraucht. (i) Die Größe des Verluſtes, die zum Widerruf nöthig iſt („non levem sensum substantiae do- natoris imponat”), iſt dem richter- lichen Ermeſſen überlaſſen. Ganz willkührlich nimmt Donellus l. c. § 10 den dritten Theil des Ver- mögens als Minimum an, weil dieſes die geringſte Vermögens- ſtrafe iſt, die als Folge eines publicum judicium im R. R. erwähnt wird. (k) Sehr gut hat dieſes Ver-
hältniß entwickelt Donellus XIV. 27 § 12—15 und XIV. 30 § 16. 17.— Mühlenbruch § 443 not. 8 der vierten Ausg. nimmt hieran ohne Grund Anſtoß, da doch ſonſt Fälle genug vorkommen, worin ein Kläger die Wahl hat zwiſchen meh- reren Klagen von verſchiedenen Bedingungen und Folgen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0248" n="234"/> <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> <list> <item>3) Bedeutender Vermögensverluſt, der dem Geber nicht<lb/> blos gedroht, ſondern wirklich zugezogen wird <note place="foot" n="(i)">Die Größe des Verluſtes,<lb/> die zum Widerruf nöthig iſt (<hi rendition="#aq">„<hi rendition="#i">non<lb/> levem</hi> sensum substantiae do-<lb/> natoris imponat”</hi>), iſt dem richter-<lb/> lichen Ermeſſen überlaſſen. Ganz<lb/> willkührlich nimmt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Donellus</hi> l. c.</hi><lb/> § 10 den dritten Theil des Ver-<lb/> mögens als Minimum an, weil<lb/> dieſes die geringſte Vermögens-<lb/> ſtrafe iſt, die als Folge eines<lb/><hi rendition="#aq">publicum judicium</hi> im R. R.<lb/> erwähnt wird.</note>.</item><lb/> <item>4) Lebensgefahr, in welche der Geber durch den Em-<lb/> pfänger gebracht wird.</item><lb/> <item>5) Wenn der Empfänger die Verpflichtungen zu erfül-<lb/> len verweigert, die ihm bey der Schenkung auferlegt wur-<lb/> den. Hier hätte es dieſes beſonderen Rechts auf Wider-<lb/> ruf nicht einmal bedurft, da die gewöhnliche Regel der<lb/><hi rendition="#aq">donatio sub modo</hi> ſchon hinreichende Rechtsmittel dar-<lb/> bot (§ 175). Es hat alſo nunmehr für einen ſolchen Fall<lb/> der Geber die Wahl, ob er die Schenkung wegen Un-<lb/> dankbarkeit widerrufen, oder jene allgemeineren Rechtsmit-<lb/> tel gebrauchen will; auf dieſe letzten kann die Ausſchlie-<lb/> ßung der beiderſeitigen Erben nicht bezogen werden, die für<lb/> den Widerruf wegen Undankbarkeit vorgeſchrieben iſt <note place="foot" n="(k)">Sehr gut hat dieſes Ver-<lb/> hältniß entwickelt <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Donellus</hi> XIV.</hi><lb/> 27 § 12—15 und <hi rendition="#aq">XIV.</hi> 30 § 16.<lb/> 17.— <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Mühlenbruch</hi> § 443 not.</hi> 8<lb/> der vierten Ausg. nimmt hieran<lb/> ohne Grund Anſtoß, da doch ſonſt<lb/> Fälle genug vorkommen, worin ein<lb/> Kläger die Wahl hat zwiſchen meh-<lb/> reren Klagen von verſchiedenen<lb/> Bedingungen und Folgen.</note>.</item> </list><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_47_2" prev="#seg2pn_47_1" place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">rat.</hi>”</hi> In dieſen beiden Fällen<lb/> ſind offenbar die Verbal- und<lb/> Real-Injurien ausgedrückt. Die<lb/> Beurtheilung der Schwere iſt<lb/> dem Ermeſſen des Richters über-<lb/> laſſen, der dabey natürlich auch<lb/> das perſönliche Verhältniß zu er-<lb/> wägen hat. Dieſelben Worte, die<lb/> im Munde eines Sohnes gegen<lb/> den Vater <hi rendition="#aq">injuriae atroces</hi> ſind,<lb/> werden es vielleicht nicht ſeyn,<lb/> wenn ſie ein Höherer gegen ei-<lb/> nen Niederen gebraucht.</note> </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [234/0248]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
3) Bedeutender Vermögensverluſt, der dem Geber nicht
blos gedroht, ſondern wirklich zugezogen wird (i).
4) Lebensgefahr, in welche der Geber durch den Em-
pfänger gebracht wird.
5) Wenn der Empfänger die Verpflichtungen zu erfül-
len verweigert, die ihm bey der Schenkung auferlegt wur-
den. Hier hätte es dieſes beſonderen Rechts auf Wider-
ruf nicht einmal bedurft, da die gewöhnliche Regel der
donatio sub modo ſchon hinreichende Rechtsmittel dar-
bot (§ 175). Es hat alſo nunmehr für einen ſolchen Fall
der Geber die Wahl, ob er die Schenkung wegen Un-
dankbarkeit widerrufen, oder jene allgemeineren Rechtsmit-
tel gebrauchen will; auf dieſe letzten kann die Ausſchlie-
ßung der beiderſeitigen Erben nicht bezogen werden, die für
den Widerruf wegen Undankbarkeit vorgeſchrieben iſt (k).
(h)
(i) Die Größe des Verluſtes,
die zum Widerruf nöthig iſt („non
levem sensum substantiae do-
natoris imponat”), iſt dem richter-
lichen Ermeſſen überlaſſen. Ganz
willkührlich nimmt Donellus l. c.
§ 10 den dritten Theil des Ver-
mögens als Minimum an, weil
dieſes die geringſte Vermögens-
ſtrafe iſt, die als Folge eines
publicum judicium im R. R.
erwähnt wird.
(k) Sehr gut hat dieſes Ver-
hältniß entwickelt Donellus XIV.
27 § 12—15 und XIV. 30 § 16.
17.— Mühlenbruch § 443 not. 8
der vierten Ausg. nimmt hieran
ohne Grund Anſtoß, da doch ſonſt
Fälle genug vorkommen, worin ein
Kläger die Wahl hat zwiſchen meh-
reren Klagen von verſchiedenen
Bedingungen und Folgen.
(h) rat.” In dieſen beiden Fällen
ſind offenbar die Verbal- und
Real-Injurien ausgedrückt. Die
Beurtheilung der Schwere iſt
dem Ermeſſen des Richters über-
laſſen, der dabey natürlich auch
das perſönliche Verhältniß zu er-
wägen hat. Dieſelben Worte, die
im Munde eines Sohnes gegen
den Vater injuriae atroces ſind,
werden es vielleicht nicht ſeyn,
wenn ſie ein Höherer gegen ei-
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