jede an ihrem besonderen Orte, erwähnt worden. Wenn man diese Lage der Sache unbefangen erwägt, so wird man die dem Ulpian hier zugeschriebene Auffassung und Ausdrucksweise wohl nicht mehr auffallend und unwahr- scheinlich finden.
Fassen wir das Resultat der bisherigen Untersuchung zusammen, so geht es dahin. In vier verschiedenen Rechts- verhältnissen werden Rechte erworben in Folge eines ab- gelaufenen Zeitraums, und in allen diesen Fällen ist der Erwerb vollendet mit dem Eintritt der dem mathemati- schen Endpunkt vorhergehenden Mitternacht. Daraus kön- nen wir eine allgemeine Regel bilden, anwendbar auf je- den an einen Zeitlauf geknüpften Rechtserwerb. Es kann auch kein Unterschied gemacht werden, ob von einer fort- gesetzten persönlichen Thätigkeit, oder von einem willenlo- sen Zustand die Rede ist; denn in dem ersten jener vier Fälle ist eine Thätigkeit als Inhalt des Zeitlaufs gemeynt (Besitz), in den drey anderen Fällen ein von dem Willen unabhängiger Zustand (Lebensdauer).
Ich gehe jetzt über zur Betrachtung solcher Fälle, worin durch fortgesetzte Unthätigkeit, also durch Versäum- niß, ein Recht verloren wird. Hier war nach allgemei-
jede an ihrem beſonderen Orte, erwähnt worden. Wenn man dieſe Lage der Sache unbefangen erwägt, ſo wird man die dem Ulpian hier zugeſchriebene Auffaſſung und Ausdrucksweiſe wohl nicht mehr auffallend und unwahr- ſcheinlich finden.
Faſſen wir das Reſultat der bisherigen Unterſuchung zuſammen, ſo geht es dahin. In vier verſchiedenen Rechts- verhältniſſen werden Rechte erworben in Folge eines ab- gelaufenen Zeitraums, und in allen dieſen Fällen iſt der Erwerb vollendet mit dem Eintritt der dem mathemati- ſchen Endpunkt vorhergehenden Mitternacht. Daraus kön- nen wir eine allgemeine Regel bilden, anwendbar auf je- den an einen Zeitlauf geknüpften Rechtserwerb. Es kann auch kein Unterſchied gemacht werden, ob von einer fort- geſetzten perſönlichen Thätigkeit, oder von einem willenlo- ſen Zuſtand die Rede iſt; denn in dem erſten jener vier Fälle iſt eine Thätigkeit als Inhalt des Zeitlaufs gemeynt (Beſitz), in den drey anderen Fällen ein von dem Willen unabhängiger Zuſtand (Lebensdauer).
Ich gehe jetzt über zur Betrachtung ſolcher Fälle, worin durch fortgeſetzte Unthätigkeit, alſo durch Verſaͤum- niß, ein Recht verloren wird. Hier war nach allgemei-
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[387/0401]
§. 185. Zeit. 3. Civile Zeitrechnung (Fortſetzung.)
jede an ihrem beſonderen Orte, erwähnt worden. Wenn
man dieſe Lage der Sache unbefangen erwägt, ſo wird
man die dem Ulpian hier zugeſchriebene Auffaſſung und
Ausdrucksweiſe wohl nicht mehr auffallend und unwahr-
ſcheinlich finden.
Faſſen wir das Reſultat der bisherigen Unterſuchung
zuſammen, ſo geht es dahin. In vier verſchiedenen Rechts-
verhältniſſen werden Rechte erworben in Folge eines ab-
gelaufenen Zeitraums, und in allen dieſen Fällen iſt der
Erwerb vollendet mit dem Eintritt der dem mathemati-
ſchen Endpunkt vorhergehenden Mitternacht. Daraus kön-
nen wir eine allgemeine Regel bilden, anwendbar auf je-
den an einen Zeitlauf geknüpften Rechtserwerb. Es kann
auch kein Unterſchied gemacht werden, ob von einer fort-
geſetzten perſönlichen Thätigkeit, oder von einem willenlo-
ſen Zuſtand die Rede iſt; denn in dem erſten jener vier
Fälle iſt eine Thätigkeit als Inhalt des Zeitlaufs gemeynt
(Beſitz), in den drey anderen Fällen ein von dem Willen
unabhängiger Zuſtand (Lebensdauer).
§. 185.
VI. Die Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung.)
Ich gehe jetzt über zur Betrachtung ſolcher Fälle,
worin durch fortgeſetzte Unthätigkeit, alſo durch Verſaͤum-
niß, ein Recht verloren wird. Hier war nach allgemei-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/401>, abgerufen am 22.11.2024.
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