Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. reinen Privatrechts anwendbar wäre. In allen Fällendieser Art müßte Derjenige, welcher die unvordenkliche Zeit geltend machen wollte, einen Besitz während dersel- ben behaupten (§ 198), das heißt einen Zustand, worin der Genuß gewisser Vortheile nicht ein blos zufälliger und willkührlicher Genuß war, sondern als Ausübung eines Rechts erschien. Da nun diese Grundbedingung in allen oben erwähnten Fällen durchaus fehlt, so kann von einer Wirkung der unvordenklichen Zeit nicht die Rede seyn (c). Eine ganz ähnliche Entscheidung des Römischen Rechts setzt diese Behauptung außer Zweifel. Das Interdict de itinere hat Derjenige, welcher im letzten Jahr an 30 ver- schiedenen Tagen den Weg gebraucht hat. Es wird aber hinzugesetzt, daß er nicht blos zufällig den Weg gebraucht haben müsse, sondern so daß der Gebrauch als Ausübung eines Rechts anzusehen war, da der blos factische Ge- brauch das Interdict nicht begründe (d). Derselbe Unter- schied ist es, der in den oben angeführten Fällen die An- wendung der unvordenklichen Zeit ausschließt. -- Liegt nun also der Grund dieser Ausschließung in der Natur der unvordenklichen Zeit selbst, so ist es irrig, wenn manche Schriftsteller hierin eine ganz positive Ausnahme sehen wollen, so daß eigentlich auch die res merae facultatis (c) Pufendorf I. 151 § 9. Thi- baut S. 184. 185. Pfeiffer § 3. 4. (d) L. 1 § 6 de itin. (43. 19.).
L. 7 eod. "Si .. commeavit ali- quis, non tamen tamquam id suo jure faceret, sed si pro- hiberetur non facturus: inutile est ei interdictum .. nam ut hoc interdictum competat, jus fundi possedisse oportet." Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. reinen Privatrechts anwendbar wäre. In allen Fällendieſer Art müßte Derjenige, welcher die unvordenkliche Zeit geltend machen wollte, einen Beſitz während derſel- ben behaupten (§ 198), das heißt einen Zuſtand, worin der Genuß gewiſſer Vortheile nicht ein blos zufälliger und willkührlicher Genuß war, ſondern als Ausübung eines Rechts erſchien. Da nun dieſe Grundbedingung in allen oben erwähnten Fällen durchaus fehlt, ſo kann von einer Wirkung der unvordenklichen Zeit nicht die Rede ſeyn (c). Eine ganz ähnliche Entſcheidung des Römiſchen Rechts ſetzt dieſe Behauptung außer Zweifel. Das Interdict de itinere hat Derjenige, welcher im letzten Jahr an 30 ver- ſchiedenen Tagen den Weg gebraucht hat. Es wird aber hinzugeſetzt, daß er nicht blos zufällig den Weg gebraucht haben müſſe, ſondern ſo daß der Gebrauch als Ausübung eines Rechts anzuſehen war, da der blos factiſche Ge- brauch das Interdict nicht begründe (d). Derſelbe Unter- ſchied iſt es, der in den oben angeführten Fällen die An- wendung der unvordenklichen Zeit ausſchließt. — Liegt nun alſo der Grund dieſer Ausſchließung in der Natur der unvordenklichen Zeit ſelbſt, ſo iſt es irrig, wenn manche Schriftſteller hierin eine ganz poſitive Ausnahme ſehen wollen, ſo daß eigentlich auch die res merae facultatis (c) Pufendorf I. 151 § 9. Thi- baut S. 184. 185. Pfeiffer § 3. 4. (d) L. 1 § 6 de itin. (43. 19.).
L. 7 eod. „Si .. commeavit ali- quis, non tamen tamquam id suo jure faceret, sed si pro- hiberetur non facturus: inutile est ei interdictum .. nam ut hoc interdictum competat, jus fundi possedisse oportet.” <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0530" n="516"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> reinen Privatrechts anwendbar wäre. In allen Fällen<lb/> dieſer Art müßte Derjenige, welcher die unvordenkliche<lb/> Zeit geltend machen wollte, einen <hi rendition="#g">Beſitz</hi> während derſel-<lb/> ben behaupten (§ 198), das heißt einen Zuſtand, worin<lb/> der Genuß gewiſſer Vortheile nicht ein blos zufälliger und<lb/> willkührlicher Genuß war, ſondern als Ausübung eines<lb/> Rechts erſchien. Da nun dieſe Grundbedingung in allen<lb/> oben erwähnten Fällen durchaus fehlt, ſo kann von einer<lb/> Wirkung der unvordenklichen Zeit nicht die Rede ſeyn <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Pufendorf</hi> I.</hi> 151 § 9. <hi rendition="#g">Thi-<lb/> baut</hi> S. 184. 185. <hi rendition="#g">Pfeiffer</hi><lb/> § 3. 4.</note>.<lb/> Eine ganz ähnliche Entſcheidung des Römiſchen Rechts<lb/> ſetzt dieſe Behauptung außer Zweifel. Das Interdict <hi rendition="#aq">de<lb/> itinere</hi> hat Derjenige, welcher im letzten Jahr an 30 ver-<lb/> ſchiedenen Tagen den Weg gebraucht hat. Es wird aber<lb/> hinzugeſetzt, daß er nicht blos zufällig den Weg gebraucht<lb/> haben müſſe, ſondern ſo daß der Gebrauch als Ausübung<lb/> eines Rechts anzuſehen war, da der blos factiſche Ge-<lb/> brauch das Interdict nicht begründe <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 6 <hi rendition="#i">de itin.</hi> (43. 19.).<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 7 <hi rendition="#i">eod.</hi> „Si .. commeavit ali-<lb/> quis, non tamen <hi rendition="#i">tamquam id<lb/> suo jure faceret,</hi> sed si pro-<lb/> hiberetur non facturus: inutile<lb/> est ei interdictum .. nam ut<lb/> hoc interdictum competat, <hi rendition="#i">jus<lb/> fundi possedisse</hi> oportet.”</hi></note>. Derſelbe Unter-<lb/> ſchied iſt es, der in den oben angeführten Fällen die An-<lb/> wendung der unvordenklichen Zeit ausſchließt. — Liegt<lb/> nun alſo der Grund dieſer Ausſchließung in der Natur<lb/> der unvordenklichen Zeit ſelbſt, ſo iſt es irrig, wenn manche<lb/> Schriftſteller hierin eine ganz poſitive Ausnahme ſehen<lb/> wollen, ſo daß eigentlich auch die <hi rendition="#aq">res merae facultatis</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [516/0530]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
reinen Privatrechts anwendbar wäre. In allen Fällen
dieſer Art müßte Derjenige, welcher die unvordenkliche
Zeit geltend machen wollte, einen Beſitz während derſel-
ben behaupten (§ 198), das heißt einen Zuſtand, worin
der Genuß gewiſſer Vortheile nicht ein blos zufälliger und
willkührlicher Genuß war, ſondern als Ausübung eines
Rechts erſchien. Da nun dieſe Grundbedingung in allen
oben erwähnten Fällen durchaus fehlt, ſo kann von einer
Wirkung der unvordenklichen Zeit nicht die Rede ſeyn (c).
Eine ganz ähnliche Entſcheidung des Römiſchen Rechts
ſetzt dieſe Behauptung außer Zweifel. Das Interdict de
itinere hat Derjenige, welcher im letzten Jahr an 30 ver-
ſchiedenen Tagen den Weg gebraucht hat. Es wird aber
hinzugeſetzt, daß er nicht blos zufällig den Weg gebraucht
haben müſſe, ſondern ſo daß der Gebrauch als Ausübung
eines Rechts anzuſehen war, da der blos factiſche Ge-
brauch das Interdict nicht begründe (d). Derſelbe Unter-
ſchied iſt es, der in den oben angeführten Fällen die An-
wendung der unvordenklichen Zeit ausſchließt. — Liegt
nun alſo der Grund dieſer Ausſchließung in der Natur
der unvordenklichen Zeit ſelbſt, ſo iſt es irrig, wenn manche
Schriftſteller hierin eine ganz poſitive Ausnahme ſehen
wollen, ſo daß eigentlich auch die res merae facultatis
(c) Pufendorf I. 151 § 9. Thi-
baut S. 184. 185. Pfeiffer
§ 3. 4.
(d) L. 1 § 6 de itin. (43. 19.).
L. 7 eod. „Si .. commeavit ali-
quis, non tamen tamquam id
suo jure faceret, sed si pro-
hiberetur non facturus: inutile
est ei interdictum .. nam ut
hoc interdictum competat, jus
fundi possedisse oportet.”
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