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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 202. Ungültigkeit der juristischen Thatsachen.
sachen abhängt, also entweder von zufälligen Ereignissen,
oder von menschlicher Willkühr.

Wenn eine Suspensivbedingung vereitelt, oder eine re-
solutive erfüllt wird, so ist die vollständige Ungültigkeit,
also die Nichtigkeit, des Rechtsgeschäfts die Folge eines
zufälligen Ereignisses.

Menschliche Willkühr ist der Grund der Ungültigkeit
in allen Fällen der bloßen Anfechtbarkeit. Denn eine Klage,
Exception, Restitution u. s. w. entkräftet ein Rechtsver-
hältniß nur, wenn eine bestimmte, dazu berechtigte Person
dieses will, und Etwas dazu thut; außerdem bleibt das
ursprüngliche Rechtsverhältniß in seiner ungeschwächten
Kraft. Manche nennen eine solche, von persönlicher Will-
kühr abhängige, Ungültigkeit, eine relative, im Gegensatz
der absoluten, bey welcher diese Abhängigkeit nicht vor-
handen seyn würde.

Es fragt sich aber, ob die Nichtigkeit eben so von
menschlicher Willkühr abhängig seyn kann, oder (nach dem
schon angegebenen Sprachgebrauch) ob es nicht nur eine
absolute, sondern neben dieser, für andere Fälle, eine rela-
tive Nullität giebt; auch dieses muß behauptet werden,
jedoch in ungleich geringerem Umfang, als es von neueren
Schriftstellern angenommen zu werden pflegt. Da sich
hieran oft nicht unbedeutende Misverständnisse anknüpfen,
so ist es nöthig, genauer auf diese Frage einzugehen. --
Nach einer sehr verbreiteten Auffassung soll nämlich in
vielen und wichtigen Fällen Derjenige, welcher durch ein

§. 202. Ungültigkeit der juriſtiſchen Thatſachen.
ſachen abhängt, alſo entweder von zufälligen Ereigniſſen,
oder von menſchlicher Willkühr.

Wenn eine Suspenſivbedingung vereitelt, oder eine re-
ſolutive erfüllt wird, ſo iſt die vollſtändige Ungültigkeit,
alſo die Nichtigkeit, des Rechtsgeſchäfts die Folge eines
zufälligen Ereigniſſes.

Menſchliche Willkühr iſt der Grund der Ungültigkeit
in allen Fällen der bloßen Anfechtbarkeit. Denn eine Klage,
Exception, Reſtitution u. ſ. w. entkräftet ein Rechtsver-
hältniß nur, wenn eine beſtimmte, dazu berechtigte Perſon
dieſes will, und Etwas dazu thut; außerdem bleibt das
urſprüngliche Rechtsverhältniß in ſeiner ungeſchwächten
Kraft. Manche nennen eine ſolche, von perſönlicher Will-
kühr abhängige, Ungültigkeit, eine relative, im Gegenſatz
der abſoluten, bey welcher dieſe Abhängigkeit nicht vor-
handen ſeyn würde.

Es fragt ſich aber, ob die Nichtigkeit eben ſo von
menſchlicher Willkühr abhängig ſeyn kann, oder (nach dem
ſchon angegebenen Sprachgebrauch) ob es nicht nur eine
abſolute, ſondern neben dieſer, für andere Fälle, eine rela-
tive Nullität giebt; auch dieſes muß behauptet werden,
jedoch in ungleich geringerem Umfang, als es von neueren
Schriftſtellern angenommen zu werden pflegt. Da ſich
hieran oft nicht unbedeutende Misverſtändniſſe anknüpfen,
ſo iſt es nöthig, genauer auf dieſe Frage einzugehen. —
Nach einer ſehr verbreiteten Auffaſſung ſoll nämlich in
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[539/0553] §. 202. Ungültigkeit der juriſtiſchen Thatſachen. ſachen abhängt, alſo entweder von zufälligen Ereigniſſen, oder von menſchlicher Willkühr. Wenn eine Suspenſivbedingung vereitelt, oder eine re- ſolutive erfüllt wird, ſo iſt die vollſtändige Ungültigkeit, alſo die Nichtigkeit, des Rechtsgeſchäfts die Folge eines zufälligen Ereigniſſes. Menſchliche Willkühr iſt der Grund der Ungültigkeit in allen Fällen der bloßen Anfechtbarkeit. Denn eine Klage, Exception, Reſtitution u. ſ. w. entkräftet ein Rechtsver- hältniß nur, wenn eine beſtimmte, dazu berechtigte Perſon dieſes will, und Etwas dazu thut; außerdem bleibt das urſprüngliche Rechtsverhältniß in ſeiner ungeſchwächten Kraft. Manche nennen eine ſolche, von perſönlicher Will- kühr abhängige, Ungültigkeit, eine relative, im Gegenſatz der abſoluten, bey welcher dieſe Abhängigkeit nicht vor- handen ſeyn würde. Es fragt ſich aber, ob die Nichtigkeit eben ſo von menſchlicher Willkühr abhängig ſeyn kann, oder (nach dem ſchon angegebenen Sprachgebrauch) ob es nicht nur eine abſolute, ſondern neben dieſer, für andere Fälle, eine rela- tive Nullität giebt; auch dieſes muß behauptet werden, jedoch in ungleich geringerem Umfang, als es von neueren Schriftſtellern angenommen zu werden pflegt. Da ſich hieran oft nicht unbedeutende Misverſtändniſſe anknüpfen, ſo iſt es nöthig, genauer auf dieſe Frage einzugehen. — Nach einer ſehr verbreiteten Auffaſſung ſoll nämlich in vielen und wichtigen Fällen Derjenige, welcher durch ein

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/553>, abgerufen am 22.11.2024.