Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Beylage X. Seite, und dem Dritten auf der andern Seite, die immo-dica donatio keine Wirkung haben solle. Allein diese Stel- len reden ganz ausdrücklich nur von der Zulässigkeit einer Exception, wovon in dem alten Recht der Lex Cincia al- lerdings vorzugsweise die Rede war. Das Justinianische Recht aber läßt aus der versäumten Insinuation gänzliche Nichtigkeit folgen, stellt also dieselbe auf völlig gleiche Linie mit der verbotenen Schenkung unter Ehegatten (§ 167). Wollen wir also nicht bey dieser Frage die innere Conse- quenz der Gesetzgebung gänzlich aufgeben, so müssen wir dieselbe Regel anwenden, welche im Römischen Recht bey der Schenkung unter Ehegatten durchgeführt ist (Num. II. III.), und die angeführten Digestenstellen als unanwend- bare Zeugnisse aus dem Zusammenhang des älteren Rechts betrachten, die, wie so manches Andere, besser nicht auf- genommen worden wären. Eine buchstäbliche Anwendung derselben ist ohnehin unmöglich, da sie nur von der Zu- lässigkeit einer Exception reden, von welcher aber bey der versäumten Insinuation im neuesten Recht gar nicht die Rede seyn kann. Es kommt also bey dieser allerdings zweifelhaften Beylage X. Seite, und dem Dritten auf der andern Seite, die immo-dica donatio keine Wirkung haben ſolle. Allein dieſe Stel- len reden ganz ausdrücklich nur von der Zuläſſigkeit einer Exception, wovon in dem alten Recht der Lex Cincia al- lerdings vorzugsweiſe die Rede war. Das Juſtinianiſche Recht aber läßt aus der verſäumten Inſinuation gänzliche Nichtigkeit folgen, ſtellt alſo dieſelbe auf völlig gleiche Linie mit der verbotenen Schenkung unter Ehegatten (§ 167). Wollen wir alſo nicht bey dieſer Frage die innere Conſe- quenz der Geſetzgebung gänzlich aufgeben, ſo müſſen wir dieſelbe Regel anwenden, welche im Römiſchen Recht bey der Schenkung unter Ehegatten durchgeführt iſt (Num. II. III.), und die angeführten Digeſtenſtellen als unanwend- bare Zeugniſſe aus dem Zuſammenhang des älteren Rechts betrachten, die, wie ſo manches Andere, beſſer nicht auf- genommen worden wären. Eine buchſtäbliche Anwendung derſelben iſt ohnehin unmöglich, da ſie nur von der Zu- läſſigkeit einer Exception reden, von welcher aber bey der verſäumten Inſinuation im neueſten Recht gar nicht die Rede ſeyn kann. Es kommt alſo bey dieſer allerdings zweifelhaften <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0614" n="600"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">X.</hi></fw><lb/> Seite, und dem Dritten auf der andern Seite, die <hi rendition="#aq">immo-<lb/> dica donatio</hi> keine Wirkung haben ſolle. Allein dieſe Stel-<lb/> len reden ganz ausdrücklich nur von der Zuläſſigkeit einer<lb/> Exception, wovon in dem alten Recht der <hi rendition="#aq">Lex Cincia</hi> al-<lb/> lerdings vorzugsweiſe die Rede war. Das Juſtinianiſche<lb/> Recht aber läßt aus der verſäumten Inſinuation gänzliche<lb/> Nichtigkeit folgen, ſtellt alſo dieſelbe auf völlig gleiche<lb/> Linie mit der verbotenen Schenkung unter Ehegatten (§ 167).<lb/> Wollen wir alſo nicht bey dieſer Frage die innere Conſe-<lb/> quenz der Geſetzgebung gänzlich aufgeben, ſo müſſen wir<lb/> dieſelbe Regel anwenden, welche im Römiſchen Recht bey<lb/> der Schenkung unter Ehegatten durchgeführt iſt (Num. <hi rendition="#aq">II.<lb/> III.</hi>), und die angeführten Digeſtenſtellen als unanwend-<lb/> bare Zeugniſſe aus dem Zuſammenhang des älteren Rechts<lb/> betrachten, die, wie ſo manches Andere, beſſer nicht auf-<lb/> genommen worden wären. Eine buchſtäbliche Anwendung<lb/> derſelben iſt ohnehin unmöglich, da ſie nur von der Zu-<lb/> läſſigkeit einer Exception reden, von welcher aber bey der<lb/> verſäumten Inſinuation im neueſten Recht gar nicht die<lb/> Rede ſeyn kann.</p><lb/> <p>Es kommt alſo bey dieſer allerdings zweifelhaften<lb/> Frage darauf an, ob wir höheren Werth legen auf das,<lb/> was aus der Conſequenz unſrer Geſetzgebung folgt, oder<lb/> vielmehr auf die Rettung der (immer noch ſtark modificir-<lb/> ten) Anwendbarkeit der angeführten Digeſtenſtellen.</p> </div><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [600/0614]
Beylage X.
Seite, und dem Dritten auf der andern Seite, die immo-
dica donatio keine Wirkung haben ſolle. Allein dieſe Stel-
len reden ganz ausdrücklich nur von der Zuläſſigkeit einer
Exception, wovon in dem alten Recht der Lex Cincia al-
lerdings vorzugsweiſe die Rede war. Das Juſtinianiſche
Recht aber läßt aus der verſäumten Inſinuation gänzliche
Nichtigkeit folgen, ſtellt alſo dieſelbe auf völlig gleiche
Linie mit der verbotenen Schenkung unter Ehegatten (§ 167).
Wollen wir alſo nicht bey dieſer Frage die innere Conſe-
quenz der Geſetzgebung gänzlich aufgeben, ſo müſſen wir
dieſelbe Regel anwenden, welche im Römiſchen Recht bey
der Schenkung unter Ehegatten durchgeführt iſt (Num. II.
III.), und die angeführten Digeſtenſtellen als unanwend-
bare Zeugniſſe aus dem Zuſammenhang des älteren Rechts
betrachten, die, wie ſo manches Andere, beſſer nicht auf-
genommen worden wären. Eine buchſtäbliche Anwendung
derſelben iſt ohnehin unmöglich, da ſie nur von der Zu-
läſſigkeit einer Exception reden, von welcher aber bey der
verſäumten Inſinuation im neueſten Recht gar nicht die
Rede ſeyn kann.
Es kommt alſo bey dieſer allerdings zweifelhaften
Frage darauf an, ob wir höheren Werth legen auf das,
was aus der Conſequenz unſrer Geſetzgebung folgt, oder
vielmehr auf die Rettung der (immer noch ſtark modificir-
ten) Anwendbarkeit der angeführten Digeſtenſtellen.
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