Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
kung seyn kann (b); denn die Frau ist dazu naturaliter
verpflichtet (c).

Wenn der Besitzer einer fremden Sache diese dem Ei-
genthümer, der vielleicht keine Beweise hatte, ohne Klage
herausgiebt, so liegt darin keine Schenkung; der Umfang
des Vermögens wird nicht verändert. -- Dieses aber muß
in noch allgemeinerer Weise zu folgender Regel ausgebil-
det werden: Der Besitz ist überhaupt niemals Gegenstand
wahrer Schenkung. Denn er ist seinem Wesen nach nicht
Recht, sondern Thatsache; er ist nur die Ausübung des
Eigenthums, so daß der Eigenthümer im juristischen Sinn
nicht reicher ist, wenn er den Besitz hat, nicht ärmer wenn
er ihn entbehrt. Daher giebt es keine juristische Succes-
sion in den Besitz, sondern Jeder, der ihn erwirbt, fängt
ihn in seiner Person neu an. Aus diesem Grunde hindert
auch das Schenkungsverbot unter Ehegatten nicht den
Übergang des bloßen Besitzes; der Empfänger erwirbt
hier wahren Besitz, nur nicht Eigenthum, und auch nicht
civilis possessio, weil zu dieser eine justa causa gehört,
die in jener Schenkung nicht enthalten ist (c1).

Die Übernahme einer Bürgschaft ist niemals eine Schen-

(b) L. 9 pr. § 1 de cond. cau-
sa data
(12. 4.), L. 21 § 1 de
don. int. vir.
(24. 1.), L. 19 de
O. et A.
(44. 7.). -- Derselbe
Satz hat auch noch andere Grün-
de, wovon unten die Rede seyn
wird.
(c) L. 32 § 2 de cond. ind.
(12. 6.).
(c1) Der Beweis und die wei-
tere Ausführung dieser, den Be-
sitz betreffenden, Sätze findet sich
in: Savigny Recht des Be-
sitzes § 5 und 7, S. 26 S. 71 --
75 der 6ten Ausgabe.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
kung ſeyn kann (b); denn die Frau iſt dazu naturaliter
verpflichtet (c).

Wenn der Beſitzer einer fremden Sache dieſe dem Ei-
genthümer, der vielleicht keine Beweiſe hatte, ohne Klage
herausgiebt, ſo liegt darin keine Schenkung; der Umfang
des Vermögens wird nicht verändert. — Dieſes aber muß
in noch allgemeinerer Weiſe zu folgender Regel ausgebil-
det werden: Der Beſitz iſt überhaupt niemals Gegenſtand
wahrer Schenkung. Denn er iſt ſeinem Weſen nach nicht
Recht, ſondern Thatſache; er iſt nur die Ausübung des
Eigenthums, ſo daß der Eigenthümer im juriſtiſchen Sinn
nicht reicher iſt, wenn er den Beſitz hat, nicht ärmer wenn
er ihn entbehrt. Daher giebt es keine juriſtiſche Succeſ-
ſion in den Beſitz, ſondern Jeder, der ihn erwirbt, fängt
ihn in ſeiner Perſon neu an. Aus dieſem Grunde hindert
auch das Schenkungsverbot unter Ehegatten nicht den
Übergang des bloßen Beſitzes; der Empfänger erwirbt
hier wahren Beſitz, nur nicht Eigenthum, und auch nicht
civilis possessio, weil zu dieſer eine justa causa gehört,
die in jener Schenkung nicht enthalten iſt (c¹).

Die Übernahme einer Bürgſchaft iſt niemals eine Schen-

(b) L. 9 pr. § 1 de cond. cau-
sa data
(12. 4.), L. 21 § 1 de
don. int. vir.
(24. 1.), L. 19 de
O. et A.
(44. 7.). — Derſelbe
Satz hat auch noch andere Grün-
de, wovon unten die Rede ſeyn
wird.
(c) L. 32 § 2 de cond. ind.
(12. 6.).
(c¹) Der Beweis und die wei-
tere Ausführung dieſer, den Be-
ſitz betreffenden, Sätze findet ſich
in: Savigny Recht des Be-
ſitzes § 5 und 7, S. 26 S. 71 —
75 der 6ten Ausgabe.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0068" n="54"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
kung &#x017F;eyn kann <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 9 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">pr.</hi></hi> § 1 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">de cond. cau-<lb/>
sa data</hi></hi> (12. 4.), <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 21 § 1 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">de<lb/>
don. int. vir.</hi></hi> (24. 1.), <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 19 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">de<lb/>
O. et A.</hi></hi> (44. 7.). &#x2014; Der&#x017F;elbe<lb/>
Satz hat auch noch andere Grün-<lb/>
de, wovon unten die Rede &#x017F;eyn<lb/>
wird.</note>; denn die Frau i&#x017F;t dazu <hi rendition="#aq">naturaliter</hi><lb/>
verpflichtet <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 32 § 2 <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">de cond. ind.</hi></hi><lb/>
(12. 6.).</note>.</p><lb/>
            <p>Wenn der Be&#x017F;itzer einer fremden Sache die&#x017F;e dem Ei-<lb/>
genthümer, der vielleicht keine Bewei&#x017F;e hatte, ohne Klage<lb/>
herausgiebt, &#x017F;o liegt darin keine Schenkung; der Umfang<lb/>
des Vermögens wird nicht verändert. &#x2014; Die&#x017F;es aber muß<lb/>
in noch allgemeinerer Wei&#x017F;e zu folgender Regel ausgebil-<lb/>
det werden: Der Be&#x017F;itz i&#x017F;t überhaupt niemals Gegen&#x017F;tand<lb/>
wahrer Schenkung. Denn er i&#x017F;t &#x017F;einem We&#x017F;en nach nicht<lb/>
Recht, &#x017F;ondern That&#x017F;ache; er i&#x017F;t nur die Ausübung des<lb/>
Eigenthums, &#x017F;o daß der Eigenthümer im juri&#x017F;ti&#x017F;chen Sinn<lb/>
nicht reicher i&#x017F;t, wenn er den Be&#x017F;itz hat, nicht ärmer wenn<lb/>
er ihn entbehrt. Daher giebt es keine juri&#x017F;ti&#x017F;che Succe&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ion in den Be&#x017F;itz, &#x017F;ondern Jeder, der ihn erwirbt, fängt<lb/>
ihn in &#x017F;einer Per&#x017F;on neu an. Aus die&#x017F;em Grunde hindert<lb/>
auch das Schenkungsverbot unter Ehegatten nicht den<lb/>
Übergang des bloßen Be&#x017F;itzes; der Empfänger erwirbt<lb/>
hier wahren Be&#x017F;itz, nur nicht Eigenthum, und auch nicht<lb/><hi rendition="#aq">civilis possessio,</hi> weil zu die&#x017F;er eine <hi rendition="#aq">justa causa</hi> gehört,<lb/>
die in jener Schenkung nicht enthalten i&#x017F;t <note place="foot" n="(c¹)">Der Beweis und die wei-<lb/>
tere Ausführung die&#x017F;er, den Be-<lb/>
&#x017F;itz betreffenden, Sätze findet &#x017F;ich<lb/>
in: <hi rendition="#g">Savigny</hi> Recht des Be-<lb/>
&#x017F;itzes § 5 und 7, S. 26 S. 71 &#x2014;<lb/>
75 der 6ten Ausgabe.</note>.</p><lb/>
            <p>Die Übernahme einer Bürg&#x017F;chaft i&#x017F;t niemals eine Schen-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0068] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. kung ſeyn kann (b); denn die Frau iſt dazu naturaliter verpflichtet (c). Wenn der Beſitzer einer fremden Sache dieſe dem Ei- genthümer, der vielleicht keine Beweiſe hatte, ohne Klage herausgiebt, ſo liegt darin keine Schenkung; der Umfang des Vermögens wird nicht verändert. — Dieſes aber muß in noch allgemeinerer Weiſe zu folgender Regel ausgebil- det werden: Der Beſitz iſt überhaupt niemals Gegenſtand wahrer Schenkung. Denn er iſt ſeinem Weſen nach nicht Recht, ſondern Thatſache; er iſt nur die Ausübung des Eigenthums, ſo daß der Eigenthümer im juriſtiſchen Sinn nicht reicher iſt, wenn er den Beſitz hat, nicht ärmer wenn er ihn entbehrt. Daher giebt es keine juriſtiſche Succeſ- ſion in den Beſitz, ſondern Jeder, der ihn erwirbt, fängt ihn in ſeiner Perſon neu an. Aus dieſem Grunde hindert auch das Schenkungsverbot unter Ehegatten nicht den Übergang des bloßen Beſitzes; der Empfänger erwirbt hier wahren Beſitz, nur nicht Eigenthum, und auch nicht civilis possessio, weil zu dieſer eine justa causa gehört, die in jener Schenkung nicht enthalten iſt (c¹). Die Übernahme einer Bürgſchaft iſt niemals eine Schen- (b) L. 9 pr. § 1 de cond. cau- sa data (12. 4.), L. 21 § 1 de don. int. vir. (24. 1.), L. 19 de O. et A. (44. 7.). — Derſelbe Satz hat auch noch andere Grün- de, wovon unten die Rede ſeyn wird. (c) L. 32 § 2 de cond. ind. (12. 6.). (c¹) Der Beweis und die wei- tere Ausführung dieſer, den Be- ſitz betreffenden, Sätze findet ſich in: Savigny Recht des Be- ſitzes § 5 und 7, S. 26 S. 71 — 75 der 6ten Ausgabe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/68
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/68>, abgerufen am 24.11.2024.