Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. der Condiction nicht belangt werden könnte, wenn er sichdas geschenkte Geld hätte stehlen lassen, weil dieser Ver- lust durch bloße Culpa herbeygeführt wäre. Mit dieser Condiction konnten, nach Umständen, noch folgende Kla- gen concurriren. Zuerst, bey wissentlicher Zerstörung, oder bey der (stets absichtlichen) Veräußerung, die actio ad ex- hibendum oder rei vindicatio, als gegen einen solchen, qui dolo fecit, quo minus exhiberet, oder quo minus possi- deret. Ferner die actio L. Aquiliae, wenn die ursprüng- lich geschenkte Sache (die noch in des Gebers Eigenthum war) zerstört oder beschädigt wurde; nun aber nicht blos wegen Dolus, sondern auch wegen Culpa. -- So nach stren- gen Grundsätzen, gegen deren Anwendung aber doch fol- gendes Bedenken erhoben werden konnte. So lange der Geber die Schenkung nicht widerrufen hatte, besaß der Empfänger mit dessen Willen; zerstörte oder veräußerte er die Sache, so geschah dieses also mit dem Willen des Ei- genthümers, wenigstens konnte Dieses ohne Unwahrschein- lichkeit vorausgesetzt werden, und dadurch war vor Allem der Dolus, dann aber auch die Anwendbarkeit aller hier angegebenen Klagen, völlig ausgeschlossen. Daß dieser Zweifel bey den Römern nicht unbeachtet blieb, wird wei- ter unten gezeigt werden (Note u). feilen Verkauf kann mit der Con-
diction kein Ersatz gefordert wer- den. -- Anders in L. 65 § 6 eod. "si consumsit frumentum, pre- tium repetet," also hier unbe- dingt, ohne Rücksicht auf Dolus, weil er um den Werth der ver- zehrten Brotfrucht, die er sonst kaufen mußte, noch jetzt reicher ist (§ 151. g). Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. der Condiction nicht belangt werden könnte, wenn er ſichdas geſchenkte Geld hätte ſtehlen laſſen, weil dieſer Ver- luſt durch bloße Culpa herbeygeführt wäre. Mit dieſer Condiction konnten, nach Umſtänden, noch folgende Kla- gen concurriren. Zuerſt, bey wiſſentlicher Zerſtörung, oder bey der (ſtets abſichtlichen) Veräußerung, die actio ad ex- hibendum oder rei vindicatio, als gegen einen ſolchen, qui dolo fecit, quo minus exhiberet, oder quo minus possi- deret. Ferner die actio L. Aquiliae, wenn die urſprüng- lich geſchenkte Sache (die noch in des Gebers Eigenthum war) zerſtört oder beſchädigt wurde; nun aber nicht blos wegen Dolus, ſondern auch wegen Culpa. — So nach ſtren- gen Grundſätzen, gegen deren Anwendung aber doch fol- gendes Bedenken erhoben werden konnte. So lange der Geber die Schenkung nicht widerrufen hatte, beſaß der Empfänger mit deſſen Willen; zerſtörte oder veräußerte er die Sache, ſo geſchah dieſes alſo mit dem Willen des Ei- genthümers, wenigſtens konnte Dieſes ohne Unwahrſchein- lichkeit vorausgeſetzt werden, und dadurch war vor Allem der Dolus, dann aber auch die Anwendbarkeit aller hier angegebenen Klagen, völlig ausgeſchloſſen. Daß dieſer Zweifel bey den Römern nicht unbeachtet blieb, wird wei- ter unten gezeigt werden (Note u). feilen Verkauf kann mit der Con-
diction kein Erſatz gefordert wer- den. — Anders in L. 65 § 6 eod. „si consumsit frumentum, pre- tium repetet,” alſo hier unbe- dingt, ohne Rückſicht auf Dolus, weil er um den Werth der ver- zehrten Brotfrucht, die er ſonſt kaufen mußte, noch jetzt reicher iſt (§ 151. g). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0078" n="64"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> der Condiction nicht belangt werden könnte, wenn er ſich<lb/> das geſchenkte Geld hätte ſtehlen laſſen, weil dieſer Ver-<lb/> luſt durch bloße Culpa herbeygeführt wäre. Mit dieſer<lb/> Condiction konnten, nach Umſtänden, noch folgende Kla-<lb/> gen concurriren. Zuerſt, bey wiſſentlicher Zerſtörung, oder<lb/> bey der (ſtets abſichtlichen) Veräußerung, die <hi rendition="#aq">actio ad ex-<lb/> hibendum</hi> oder <hi rendition="#aq">rei vindicatio,</hi> als gegen einen ſolchen, <hi rendition="#aq">qui<lb/> dolo fecit, quo minus exhiberet,</hi> oder <hi rendition="#aq">quo minus possi-<lb/> deret.</hi> Ferner die <hi rendition="#aq">actio L. Aquiliae,</hi> wenn die urſprüng-<lb/> lich geſchenkte Sache (die noch in des Gebers Eigenthum<lb/> war) zerſtört oder beſchädigt wurde; nun aber nicht blos<lb/> wegen Dolus, ſondern auch wegen Culpa. — So nach ſtren-<lb/> gen Grundſätzen, gegen deren Anwendung aber doch fol-<lb/> gendes Bedenken erhoben werden konnte. So lange der<lb/> Geber die Schenkung nicht widerrufen hatte, beſaß der<lb/> Empfänger mit deſſen Willen; zerſtörte oder veräußerte er<lb/> die Sache, ſo geſchah dieſes alſo mit dem Willen des Ei-<lb/> genthümers, wenigſtens konnte Dieſes ohne Unwahrſchein-<lb/> lichkeit vorausgeſetzt werden, und dadurch war vor Allem<lb/> der Dolus, dann aber auch die Anwendbarkeit aller hier<lb/> angegebenen Klagen, völlig ausgeſchloſſen. Daß dieſer<lb/> Zweifel bey den Römern nicht unbeachtet blieb, wird wei-<lb/> ter unten gezeigt werden (Note <hi rendition="#aq">u</hi>).</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_12_2" prev="#seg2pn_12_1" place="foot" n="(m)">feilen Verkauf kann mit der Con-<lb/> diction kein Erſatz gefordert wer-<lb/> den. — Anders in <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L.</hi></hi> 65 § 6 <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">eod.</hi><lb/> „si consumsit frumentum, pre-<lb/> tium repetet,”</hi> alſo hier unbe-<lb/> dingt, ohne Rückſicht auf Dolus,<lb/> weil er um den Werth der ver-<lb/> zehrten Brotfrucht, die er ſonſt<lb/> kaufen mußte, noch jetzt reicher<lb/> iſt (§ 151. <hi rendition="#aq">g</hi>).</note> </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0078]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
der Condiction nicht belangt werden könnte, wenn er ſich
das geſchenkte Geld hätte ſtehlen laſſen, weil dieſer Ver-
luſt durch bloße Culpa herbeygeführt wäre. Mit dieſer
Condiction konnten, nach Umſtänden, noch folgende Kla-
gen concurriren. Zuerſt, bey wiſſentlicher Zerſtörung, oder
bey der (ſtets abſichtlichen) Veräußerung, die actio ad ex-
hibendum oder rei vindicatio, als gegen einen ſolchen, qui
dolo fecit, quo minus exhiberet, oder quo minus possi-
deret. Ferner die actio L. Aquiliae, wenn die urſprüng-
lich geſchenkte Sache (die noch in des Gebers Eigenthum
war) zerſtört oder beſchädigt wurde; nun aber nicht blos
wegen Dolus, ſondern auch wegen Culpa. — So nach ſtren-
gen Grundſätzen, gegen deren Anwendung aber doch fol-
gendes Bedenken erhoben werden konnte. So lange der
Geber die Schenkung nicht widerrufen hatte, beſaß der
Empfänger mit deſſen Willen; zerſtörte oder veräußerte er
die Sache, ſo geſchah dieſes alſo mit dem Willen des Ei-
genthümers, wenigſtens konnte Dieſes ohne Unwahrſchein-
lichkeit vorausgeſetzt werden, und dadurch war vor Allem
der Dolus, dann aber auch die Anwendbarkeit aller hier
angegebenen Klagen, völlig ausgeſchloſſen. Daß dieſer
Zweifel bey den Römern nicht unbeachtet blieb, wird wei-
ter unten gezeigt werden (Note u).
(m)
(m) feilen Verkauf kann mit der Con-
diction kein Erſatz gefordert wer-
den. — Anders in L. 65 § 6 eod.
„si consumsit frumentum, pre-
tium repetet,” alſo hier unbe-
dingt, ohne Rückſicht auf Dolus,
weil er um den Werth der ver-
zehrten Brotfrucht, die er ſonſt
kaufen mußte, noch jetzt reicher
iſt (§ 151. g).
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