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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
bereichert. Geschieht es jedoch nicht zum Zweck dieser Be-
reicherung, sondern aus Pietät gegen den Erblasser, so
gilt die Handlung nicht als Schenkung, und ist daher un-
ter Ehegatten erlaubt; ja diese andere Absicht soll sogar
in der Regel als vorhanden angenommen werden (g). Ge-
schieht dieselbe Handlung von einem insolventen Schuld-
ner, so ist dadurch die Pauliana nicht begründet, weil jene
vermuthete löbliche Absicht den Vorwurf der Unredlichkeit
von ihm abwendet, welche allein jene Klage begründen
kann (h).

Wer ein fremdes Kind zur Pflege und Erziehung zu
sich nimmt, bereichert dadurch den Vater, dem diese Pflege

(g) L. 5 § 15 de don. int. vir.
(24. 1.). Diese Stelle könnte
man als eine absolute Vorschrift
ansehen wollen, sie enthält aber
in der That nur eine auf Ver-
muthung gegründete Interpreta-
tion des Willens, wie die Aus-
drücke: magis videri, und: ha-
bet rationem magis in eo,
zei-
gen. Wenn also z. B. der Erbe
Einem, ihm besonders befreunde-
ten, Legatar den Abzug erläßt,
den übrigen nicht, so zeigt sich
der Erlaß an Jenen dennoch als
Schenkung, nicht als Pietät ge-
gen den Verstorbenen. -- Einen
Widerspruch gegen die angeführte
Stelle könnte man finden wollen
in L 67 § 3 ad Sc. Trebell. (36.
1.), wo von dem Erben, der zur
Begünstigung des Fideicommissars
die Erbschaft für suspect erklärt
(und nun ohne Abzug restituirt),
gesagt wird, er thue es dona-
tionis causa.
Allein eine wahre
Schenkung ist auch dieses nicht,
der Ausdruck ist hier, wie oft,
nur in dem uneigentlichen Sinn
genommen, und er soll hier den
Gegensatz bezeichnen gegen den-
jenigen Erben, welcher die Erb-
schaft ernstlich für suspect hält,
also gar nicht die Absicht hat, zu
begünstigen. Ja in L. 67 cit.
ist sogar noch weniger wahre
Schenkung anzunehmen, als in
L. 5 cit., weil in dem Fall die-
ser letzten Stelle doch ein wirk-
lich erworbenes Recht freywillig
weggegeben, im Fall der L. 67 cit.
aber nur ein angebotener Erwerb
ausgeschlagen wird. Vergl. oben
§ 145. r.
(h) L. 19. 20 quae in fraud.
(42. 8.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
bereichert. Geſchieht es jedoch nicht zum Zweck dieſer Be-
reicherung, ſondern aus Pietät gegen den Erblaſſer, ſo
gilt die Handlung nicht als Schenkung, und iſt daher un-
ter Ehegatten erlaubt; ja dieſe andere Abſicht ſoll ſogar
in der Regel als vorhanden angenommen werden (g). Ge-
ſchieht dieſelbe Handlung von einem inſolventen Schuld-
ner, ſo iſt dadurch die Pauliana nicht begründet, weil jene
vermuthete löbliche Abſicht den Vorwurf der Unredlichkeit
von ihm abwendet, welche allein jene Klage begründen
kann (h).

Wer ein fremdes Kind zur Pflege und Erziehung zu
ſich nimmt, bereichert dadurch den Vater, dem dieſe Pflege

(g) L. 5 § 15 de don. int. vir.
(24. 1.). Dieſe Stelle könnte
man als eine abſolute Vorſchrift
anſehen wollen, ſie enthält aber
in der That nur eine auf Ver-
muthung gegründete Interpreta-
tion des Willens, wie die Aus-
drücke: magis videri, und: ha-
bet rationem magis in eo,
zei-
gen. Wenn alſo z. B. der Erbe
Einem, ihm beſonders befreunde-
ten, Legatar den Abzug erläßt,
den übrigen nicht, ſo zeigt ſich
der Erlaß an Jenen dennoch als
Schenkung, nicht als Pietät ge-
gen den Verſtorbenen. — Einen
Widerſpruch gegen die angeführte
Stelle könnte man finden wollen
in L 67 § 3 ad Sc. Trebell. (36.
1.), wo von dem Erben, der zur
Begünſtigung des Fideicommiſſars
die Erbſchaft für ſuspect erklärt
(und nun ohne Abzug reſtituirt),
geſagt wird, er thue es dona-
tionis causa.
Allein eine wahre
Schenkung iſt auch dieſes nicht,
der Ausdruck iſt hier, wie oft,
nur in dem uneigentlichen Sinn
genommen, und er ſoll hier den
Gegenſatz bezeichnen gegen den-
jenigen Erben, welcher die Erb-
ſchaft ernſtlich für ſuspect hält,
alſo gar nicht die Abſicht hat, zu
begünſtigen. Ja in L. 67 cit.
iſt ſogar noch weniger wahre
Schenkung anzunehmen, als in
L. 5 cit., weil in dem Fall die-
ſer letzten Stelle doch ein wirk-
lich erworbenes Recht freywillig
weggegeben, im Fall der L. 67 cit.
aber nur ein angebotener Erwerb
ausgeſchlagen wird. Vergl. oben
§ 145. r.
(h) L. 19. 20 quae in fraud.
(42. 8.).
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[84/0098] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. bereichert. Geſchieht es jedoch nicht zum Zweck dieſer Be- reicherung, ſondern aus Pietät gegen den Erblaſſer, ſo gilt die Handlung nicht als Schenkung, und iſt daher un- ter Ehegatten erlaubt; ja dieſe andere Abſicht ſoll ſogar in der Regel als vorhanden angenommen werden (g). Ge- ſchieht dieſelbe Handlung von einem inſolventen Schuld- ner, ſo iſt dadurch die Pauliana nicht begründet, weil jene vermuthete löbliche Abſicht den Vorwurf der Unredlichkeit von ihm abwendet, welche allein jene Klage begründen kann (h). Wer ein fremdes Kind zur Pflege und Erziehung zu ſich nimmt, bereichert dadurch den Vater, dem dieſe Pflege (g) L. 5 § 15 de don. int. vir. (24. 1.). Dieſe Stelle könnte man als eine abſolute Vorſchrift anſehen wollen, ſie enthält aber in der That nur eine auf Ver- muthung gegründete Interpreta- tion des Willens, wie die Aus- drücke: magis videri, und: ha- bet rationem magis in eo, zei- gen. Wenn alſo z. B. der Erbe Einem, ihm beſonders befreunde- ten, Legatar den Abzug erläßt, den übrigen nicht, ſo zeigt ſich der Erlaß an Jenen dennoch als Schenkung, nicht als Pietät ge- gen den Verſtorbenen. — Einen Widerſpruch gegen die angeführte Stelle könnte man finden wollen in L 67 § 3 ad Sc. Trebell. (36. 1.), wo von dem Erben, der zur Begünſtigung des Fideicommiſſars die Erbſchaft für ſuspect erklärt (und nun ohne Abzug reſtituirt), geſagt wird, er thue es dona- tionis causa. Allein eine wahre Schenkung iſt auch dieſes nicht, der Ausdruck iſt hier, wie oft, nur in dem uneigentlichen Sinn genommen, und er ſoll hier den Gegenſatz bezeichnen gegen den- jenigen Erben, welcher die Erb- ſchaft ernſtlich für ſuspect hält, alſo gar nicht die Abſicht hat, zu begünſtigen. Ja in L. 67 cit. iſt ſogar noch weniger wahre Schenkung anzunehmen, als in L. 5 cit., weil in dem Fall die- ſer letzten Stelle doch ein wirk- lich erworbenes Recht freywillig weggegeben, im Fall der L. 67 cit. aber nur ein angebotener Erwerb ausgeſchlagen wird. Vergl. oben § 145. r. (h) L. 19. 20 quae in fraud. (42. 8.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/98>, abgerufen am 21.11.2024.