Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Condictionen. XLVII.
erst in etwas neuerer Zeit anerkannt wurden, wie die aus
den sogenannten Innominatcontracten. Die völlig ver-
schiedene Behandlung der einen und der anderen bey den
alten Juristen tritt hier unverkennbar hervor.

Was aber noch unmittelbar die incerti condictio be-
trifft, so ist folgende wohl beglaubigte Erzählung zu be-
achten. Vor dem Jahr der Stadt 664, in welchem die
L. Julia der Latinischen Nation das Römische Bürgerrecht
verlieh, wurde in derselben das Eheverlöbniß vermittelst
einer Sponsion geschlossen, aus welcher, im Fall der will-
kührlichen Aufkündigung, auf Entschädigung geklagt wer-
den konnte; "litem pecunia (Iudex) aestimabat: quantique
interfuerat eam uxorem accipi aut dari
.. condemna-
bat"
(e). Dieses ist das vollständigste Bild einer damals
geltenden, und gewiß aus weit früherer Zeit herrühren-
den, incerti condictio. Man wende nicht ein, Dieses sey
Latinisches Recht gewesen nicht Römisches, ja es habe
gerade durch die Ertheilung der Römischen Civität auch
bey den Latinern aufgehört. Das ist wahr in Ansehung
der Klagbarkeit des Verlöbnisses, deren gänzliche Verwer-
fung allerdings als ein eigenthümlicher Satz des Römi-
schen Rechts betrachtet werden muß (f); aber die in die-
ser Erzählung ganz gelegentlich hervortretende, auch das

(e) Gellius IV. 4 aus Nera-
tius de nuptiis.
(f) Der Grund dieses Rechts-
satzes ist ausgesprochen in L. 134
pr. de V. O.
(45. 1.). In älte-
rer Zeit mag auch in Rom eine
Sponsion vorgekommen seyn, und
die Wirkung einer Klage hervor-
gebracht haben. L. 2 de sponsal.
(23. 1.).

Die Condictionen. XLVII.
erſt in etwas neuerer Zeit anerkannt wurden, wie die aus
den ſogenannten Innominatcontracten. Die völlig ver-
ſchiedene Behandlung der einen und der anderen bey den
alten Juriſten tritt hier unverkennbar hervor.

Was aber noch unmittelbar die incerti condictio be-
trifft, ſo iſt folgende wohl beglaubigte Erzählung zu be-
achten. Vor dem Jahr der Stadt 664, in welchem die
L. Julia der Latiniſchen Nation das Römiſche Bürgerrecht
verlieh, wurde in derſelben das Eheverlöbniß vermittelſt
einer Sponſion geſchloſſen, aus welcher, im Fall der will-
kührlichen Aufkündigung, auf Entſchädigung geklagt wer-
den konnte; „litem pecunia (Iudex) aestimabat: quantique
interfuerat eam uxorem accipi aut dari
.. condemna-
bat”
(e). Dieſes iſt das vollſtändigſte Bild einer damals
geltenden, und gewiß aus weit früherer Zeit herrühren-
den, incerti condictio. Man wende nicht ein, Dieſes ſey
Latiniſches Recht geweſen nicht Römiſches, ja es habe
gerade durch die Ertheilung der Römiſchen Civität auch
bey den Latinern aufgehört. Das iſt wahr in Anſehung
der Klagbarkeit des Verlöbniſſes, deren gänzliche Verwer-
fung allerdings als ein eigenthümlicher Satz des Römi-
ſchen Rechts betrachtet werden muß (f); aber die in die-
ſer Erzählung ganz gelegentlich hervortretende, auch das

(e) Gellius IV. 4 aus Nera-
tius de nuptiis.
(f) Der Grund dieſes Rechts-
ſatzes iſt ausgeſprochen in L. 134
pr. de V. O.
(45. 1.). In älte-
rer Zeit mag auch in Rom eine
Sponſion vorgekommen ſeyn, und
die Wirkung einer Klage hervor-
gebracht haben. L. 2 de sponsal.
(23. 1.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0655" n="641"/><fw place="top" type="header">Die Condictionen. <hi rendition="#aq">XLVII.</hi></fw><lb/>
er&#x017F;t in etwas neuerer Zeit anerkannt wurden, wie die aus<lb/>
den &#x017F;ogenannten Innominatcontracten. Die völlig ver-<lb/>
&#x017F;chiedene Behandlung der einen und der anderen bey den<lb/>
alten Juri&#x017F;ten tritt hier unverkennbar hervor.</p><lb/>
            <p>Was aber noch unmittelbar die <hi rendition="#aq">incerti condictio</hi> be-<lb/>
trifft, &#x017F;o i&#x017F;t folgende wohl beglaubigte Erzählung zu be-<lb/>
achten. Vor dem Jahr der Stadt 664, in welchem die<lb/><hi rendition="#aq">L. Julia</hi> der Latini&#x017F;chen Nation das Römi&#x017F;che Bürgerrecht<lb/>
verlieh, wurde in der&#x017F;elben das Eheverlöbniß vermittel&#x017F;t<lb/>
einer Spon&#x017F;ion ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, aus welcher, im Fall der will-<lb/>
kührlichen Aufkündigung, auf Ent&#x017F;chädigung geklagt wer-<lb/>
den konnte; <hi rendition="#aq">&#x201E;litem pecunia (Iudex) aestimabat: <hi rendition="#i">quantique<lb/>
interfuerat eam uxorem accipi aut dari</hi> .. condemna-<lb/>
bat&#x201D;</hi> <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gellius</hi> IV.</hi> 4 aus <hi rendition="#aq">Nera-<lb/>
tius de nuptiis.</hi></note>. Die&#x017F;es i&#x017F;t das voll&#x017F;tändig&#x017F;te Bild einer damals<lb/>
geltenden, und gewiß aus weit früherer Zeit herrühren-<lb/>
den, <hi rendition="#aq">incerti condictio.</hi> Man wende nicht ein, Die&#x017F;es &#x017F;ey<lb/>
Latini&#x017F;ches Recht gewe&#x017F;en nicht Römi&#x017F;ches, ja es habe<lb/>
gerade durch die Ertheilung der Römi&#x017F;chen Civität auch<lb/>
bey den Latinern aufgehört. Das i&#x017F;t wahr in An&#x017F;ehung<lb/>
der Klagbarkeit des Verlöbni&#x017F;&#x017F;es, deren gänzliche Verwer-<lb/>
fung allerdings als ein eigenthümlicher Satz des Römi-<lb/>
&#x017F;chen Rechts betrachtet werden muß <note place="foot" n="(f)">Der Grund die&#x017F;es Rechts-<lb/>
&#x017F;atzes i&#x017F;t ausge&#x017F;prochen in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 134<lb/><hi rendition="#i">pr. de V. O.</hi></hi> (45. 1.). In älte-<lb/>
rer Zeit mag auch in Rom eine<lb/>
Spon&#x017F;ion vorgekommen &#x017F;eyn, und<lb/>
die Wirkung einer Klage hervor-<lb/>
gebracht haben. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">de sponsal.</hi></hi><lb/>
(23. 1.).</note>; aber die in die-<lb/>
&#x017F;er Erzählung ganz gelegentlich hervortretende, auch das<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[641/0655] Die Condictionen. XLVII. erſt in etwas neuerer Zeit anerkannt wurden, wie die aus den ſogenannten Innominatcontracten. Die völlig ver- ſchiedene Behandlung der einen und der anderen bey den alten Juriſten tritt hier unverkennbar hervor. Was aber noch unmittelbar die incerti condictio be- trifft, ſo iſt folgende wohl beglaubigte Erzählung zu be- achten. Vor dem Jahr der Stadt 664, in welchem die L. Julia der Latiniſchen Nation das Römiſche Bürgerrecht verlieh, wurde in derſelben das Eheverlöbniß vermittelſt einer Sponſion geſchloſſen, aus welcher, im Fall der will- kührlichen Aufkündigung, auf Entſchädigung geklagt wer- den konnte; „litem pecunia (Iudex) aestimabat: quantique interfuerat eam uxorem accipi aut dari .. condemna- bat” (e). Dieſes iſt das vollſtändigſte Bild einer damals geltenden, und gewiß aus weit früherer Zeit herrühren- den, incerti condictio. Man wende nicht ein, Dieſes ſey Latiniſches Recht geweſen nicht Römiſches, ja es habe gerade durch die Ertheilung der Römiſchen Civität auch bey den Latinern aufgehört. Das iſt wahr in Anſehung der Klagbarkeit des Verlöbniſſes, deren gänzliche Verwer- fung allerdings als ein eigenthümlicher Satz des Römi- ſchen Rechts betrachtet werden muß (f); aber die in die- ſer Erzählung ganz gelegentlich hervortretende, auch das (e) Gellius IV. 4 aus Nera- tius de nuptiis. (f) Der Grund dieſes Rechts- ſatzes iſt ausgeſprochen in L. 134 pr. de V. O. (45. 1.). In älte- rer Zeit mag auch in Rom eine Sponſion vorgekommen ſeyn, und die Wirkung einer Klage hervor- gebracht haben. L. 2 de sponsal. (23. 1.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/655
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/655>, abgerufen am 22.12.2024.