Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 291. Rechtskraft der Gründe.
Erstlich mit Hinsicht auf die künftige Wirkung der
Rechtskraft;
Zweitens mit Hinsicht auf die Natur des Rechtsstreits
und die Aufgabe des Richteramtes.


Was zuerst die künftige Wirkung der Rechtskraft betrifft,
so besteht diese darin, daß der Inhalt des rechtskräftigen
Urtheils als wahr behandelt werden soll in jedem künf-
tigen Rechtsstreit, in welchem dieselbe Rechtsfrage, wie in
dem gegenwärtigen Urtheil, vorkommt, der also mit dem
jetzt entschiedenen Rechtsstreit hierin identisch ist (b).
Daß aber diese Identität, worauf alle Anwendung der
Rechtskraft beruht, durch jene abstracte Einschränkung
völlig unerkennbar wird, geht aus folgender Betrachtung
hervor.

Die Bedingungen jeder Verurtheilung, so wie jeder
Freisprechung, können eine sehr zusammengesetzte Natur
haben.

Bei der Eigenthumsklage sind stets die positiven Be-
dingungen des Klagrechts: 1. Eigenthum des Klägers,
2. Besitz des Beklagten. Es können ferner mancherlei
Einreden entgegengesetzt seyn, z. B. a. aus einem Vergleich
über diesen Rechtsstreit, b. aus einem Vertrag über diese

(b) Der hier aufgestellte Satz
mußte einstweilen aus der später
folgenden Darstellung erborgt wer-
den, worin er erst volles Licht und
Begründung erhalten kann.
23*
§. 291. Rechtskraft der Gründe.
Erſtlich mit Hinſicht auf die künftige Wirkung der
Rechtskraft;
Zweitens mit Hinſicht auf die Natur des Rechtsſtreits
und die Aufgabe des Richteramtes.


Was zuerſt die künftige Wirkung der Rechtskraft betrifft,
ſo beſteht dieſe darin, daß der Inhalt des rechtskräftigen
Urtheils als wahr behandelt werden ſoll in jedem künf-
tigen Rechtsſtreit, in welchem dieſelbe Rechtsfrage, wie in
dem gegenwärtigen Urtheil, vorkommt, der alſo mit dem
jetzt entſchiedenen Rechtsſtreit hierin identiſch iſt (b).
Daß aber dieſe Identität, worauf alle Anwendung der
Rechtskraft beruht, durch jene abſtracte Einſchränkung
völlig unerkennbar wird, geht aus folgender Betrachtung
hervor.

Die Bedingungen jeder Verurtheilung, ſo wie jeder
Freiſprechung, können eine ſehr zuſammengeſetzte Natur
haben.

Bei der Eigenthumsklage ſind ſtets die poſitiven Be-
dingungen des Klagrechts: 1. Eigenthum des Klägers,
2. Beſitz des Beklagten. Es können ferner mancherlei
Einreden entgegengeſetzt ſeyn, z. B. a. aus einem Vergleich
über dieſen Rechtsſtreit, b. aus einem Vertrag über dieſe

(b) Der hier aufgeſtellte Satz
mußte einſtweilen aus der ſpäter
folgenden Darſtellung erborgt wer-
den, worin er erſt volles Licht und
Begründung erhalten kann.
23*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0373" n="355"/>
            <fw place="top" type="header">§. 291. Rechtskraft der Gründe.</fw><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#g">Er&#x017F;tlich</hi> mit Hin&#x017F;icht auf die künftige Wirkung der<lb/>
Rechtskraft;</item><lb/>
              <item><hi rendition="#g">Zweitens</hi> mit Hin&#x017F;icht auf die Natur des Rechts&#x017F;treits<lb/>
und die Aufgabe des Richteramtes.</item>
            </list><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Was zuer&#x017F;t die künftige Wirkung der Rechtskraft betrifft,<lb/>
&#x017F;o be&#x017F;teht die&#x017F;e darin, daß der Inhalt des rechtskräftigen<lb/>
Urtheils als wahr behandelt werden &#x017F;oll in jedem künf-<lb/>
tigen Rechts&#x017F;treit, in welchem die&#x017F;elbe Rechtsfrage, wie in<lb/>
dem gegenwärtigen Urtheil, vorkommt, der al&#x017F;o mit dem<lb/>
jetzt ent&#x017F;chiedenen Rechts&#x017F;treit <hi rendition="#g">hierin</hi> identi&#x017F;ch i&#x017F;t <note place="foot" n="(b)">Der hier aufge&#x017F;tellte Satz<lb/>
mußte ein&#x017F;tweilen aus der &#x017F;päter<lb/>
folgenden Dar&#x017F;tellung erborgt wer-<lb/>
den, worin er er&#x017F;t volles Licht und<lb/>
Begründung erhalten kann.</note>.<lb/>
Daß aber die&#x017F;e Identität, worauf alle Anwendung der<lb/>
Rechtskraft beruht, durch jene ab&#x017F;tracte Ein&#x017F;chränkung<lb/>
völlig unerkennbar wird, geht aus folgender Betrachtung<lb/>
hervor.</p><lb/>
            <p>Die Bedingungen jeder Verurtheilung, &#x017F;o wie jeder<lb/>
Frei&#x017F;prechung, können eine &#x017F;ehr zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte Natur<lb/>
haben.</p><lb/>
            <p>Bei der Eigenthumsklage &#x017F;ind &#x017F;tets die po&#x017F;itiven Be-<lb/>
dingungen des Klagrechts: 1. Eigenthum des Klägers,<lb/>
2. Be&#x017F;itz des Beklagten. Es können ferner mancherlei<lb/>
Einreden entgegenge&#x017F;etzt &#x017F;eyn, z. B. <hi rendition="#aq">a.</hi> aus einem Vergleich<lb/>
über die&#x017F;en Rechts&#x017F;treit, <hi rendition="#aq">b.</hi> aus einem Vertrag über die&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">23*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0373] §. 291. Rechtskraft der Gründe. Erſtlich mit Hinſicht auf die künftige Wirkung der Rechtskraft; Zweitens mit Hinſicht auf die Natur des Rechtsſtreits und die Aufgabe des Richteramtes. Was zuerſt die künftige Wirkung der Rechtskraft betrifft, ſo beſteht dieſe darin, daß der Inhalt des rechtskräftigen Urtheils als wahr behandelt werden ſoll in jedem künf- tigen Rechtsſtreit, in welchem dieſelbe Rechtsfrage, wie in dem gegenwärtigen Urtheil, vorkommt, der alſo mit dem jetzt entſchiedenen Rechtsſtreit hierin identiſch iſt (b). Daß aber dieſe Identität, worauf alle Anwendung der Rechtskraft beruht, durch jene abſtracte Einſchränkung völlig unerkennbar wird, geht aus folgender Betrachtung hervor. Die Bedingungen jeder Verurtheilung, ſo wie jeder Freiſprechung, können eine ſehr zuſammengeſetzte Natur haben. Bei der Eigenthumsklage ſind ſtets die poſitiven Be- dingungen des Klagrechts: 1. Eigenthum des Klägers, 2. Beſitz des Beklagten. Es können ferner mancherlei Einreden entgegengeſetzt ſeyn, z. B. a. aus einem Vergleich über dieſen Rechtsſtreit, b. aus einem Vertrag über dieſe (b) Der hier aufgeſtellte Satz mußte einſtweilen aus der ſpäter folgenden Darſtellung erborgt wer- den, worin er erſt volles Licht und Begründung erhalten kann. 23*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/373
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/373>, abgerufen am 01.06.2024.