Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.Beilage XV. Tribunen nur einjährig, durch Theilung unter Viele ge-schwächt, durch die wichtigere Beschäftigung mit politischen Zwecken fast ausschließend in Anspruch genommen war. Dieses Alles verhielt sich bei der fortdauernden tribunicia potestas des Kaisers ganz anders. Dennoch würde auch hier die Entstehung eines eigentlichen Instanzenzuges vielleicht gar nicht, vielleicht erst später, eingetreten seyn, wenn nicht das innere Bedürfniß dazu angetrieben hätte (§ 284). Dieses Bedürfniß zu befriedigen, war in dem ruhigen Gang der einmal gegründeten Monarchie möglich und leicht, und daß die bloße Benutzung der, ohnehin be- kannten und unbestrittenen, Bestandtheile der kaiserlichen Gewalt dazu völlig ausreichte, ohne daß es dazu einer ganz neuen Erfindung, ja selbst nur neuer Formen und Namen, bedurfte, ist so eben gezeigt worden. Man könnte die hierin eintretende Veränderung so aus- XII. Eine wichtige Bestätigung der hier aufgestellten ge- Beilage XV. Tribunen nur einjährig, durch Theilung unter Viele ge-ſchwächt, durch die wichtigere Beſchäftigung mit politiſchen Zwecken faſt ausſchließend in Anſpruch genommen war. Dieſes Alles verhielt ſich bei der fortdauernden tribunicia potestas des Kaiſers ganz anders. Dennoch würde auch hier die Entſtehung eines eigentlichen Inſtanzenzuges vielleicht gar nicht, vielleicht erſt ſpäter, eingetreten ſeyn, wenn nicht das innere Bedürfniß dazu angetrieben hätte (§ 284). Dieſes Bedürfniß zu befriedigen, war in dem ruhigen Gang der einmal gegründeten Monarchie möglich und leicht, und daß die bloße Benutzung der, ohnehin be- kannten und unbeſtrittenen, Beſtandtheile der kaiſerlichen Gewalt dazu völlig ausreichte, ohne daß es dazu einer ganz neuen Erfindung, ja ſelbſt nur neuer Formen und Namen, bedurfte, iſt ſo eben gezeigt worden. Man könnte die hierin eintretende Veränderung ſo aus- XII. Eine wichtige Beſtätigung der hier aufgeſtellten ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0516" n="498"/><fw place="top" type="header">Beilage <hi rendition="#aq">XV.</hi></fw><lb/> Tribunen nur einjährig, durch Theilung unter Viele ge-<lb/> ſchwächt, durch die wichtigere Beſchäftigung mit politiſchen<lb/> Zwecken faſt ausſchließend in Anſpruch genommen war.<lb/> Dieſes Alles verhielt ſich bei der fortdauernden <hi rendition="#aq">tribunicia<lb/> potestas</hi> des Kaiſers ganz anders. Dennoch würde auch<lb/> hier die Entſtehung eines eigentlichen Inſtanzenzuges<lb/> vielleicht gar nicht, vielleicht erſt ſpäter, eingetreten ſeyn,<lb/> wenn nicht das innere Bedürfniß dazu angetrieben hätte<lb/> (§ 284). Dieſes Bedürfniß zu befriedigen, war in dem<lb/> ruhigen Gang der einmal gegründeten Monarchie möglich<lb/> und leicht, und daß die bloße Benutzung der, ohnehin be-<lb/> kannten und unbeſtrittenen, Beſtandtheile der kaiſerlichen<lb/> Gewalt dazu völlig ausreichte, ohne daß es dazu einer<lb/> ganz neuen Erfindung, ja ſelbſt nur neuer Formen und<lb/> Namen, bedurfte, iſt ſo eben gezeigt worden.</p><lb/> <p>Man könnte die hierin eintretende Veränderung ſo aus-<lb/> drücken: Der Kaiſer wendete die, ihm ohnehin allgemein<lb/> zukommende, <hi rendition="#aq">appellatio</hi> und <hi rendition="#aq">intercessio</hi> auf das Verfahren<lb/> im Civilprozeß ſo allgemein und regelmäßig an, daß in<lb/> dieſer neuen Entwicklung die <hi rendition="#aq">appellatio</hi> zugleich die Natur<lb/> einer <hi rendition="#aq">provocatio</hi> annahm.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">XII.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Eine wichtige Beſtätigung der hier aufgeſtellten ge-<lb/> ſchichtlichen Erklärung des Inſtanzenzuges liegt in der,<lb/> unter der Kaiſerregierung ſchnell eintretenden Umbildung<lb/> des Sprachgebrauchs. Noch bei Livius werden die Aus-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [498/0516]
Beilage XV.
Tribunen nur einjährig, durch Theilung unter Viele ge-
ſchwächt, durch die wichtigere Beſchäftigung mit politiſchen
Zwecken faſt ausſchließend in Anſpruch genommen war.
Dieſes Alles verhielt ſich bei der fortdauernden tribunicia
potestas des Kaiſers ganz anders. Dennoch würde auch
hier die Entſtehung eines eigentlichen Inſtanzenzuges
vielleicht gar nicht, vielleicht erſt ſpäter, eingetreten ſeyn,
wenn nicht das innere Bedürfniß dazu angetrieben hätte
(§ 284). Dieſes Bedürfniß zu befriedigen, war in dem
ruhigen Gang der einmal gegründeten Monarchie möglich
und leicht, und daß die bloße Benutzung der, ohnehin be-
kannten und unbeſtrittenen, Beſtandtheile der kaiſerlichen
Gewalt dazu völlig ausreichte, ohne daß es dazu einer
ganz neuen Erfindung, ja ſelbſt nur neuer Formen und
Namen, bedurfte, iſt ſo eben gezeigt worden.
Man könnte die hierin eintretende Veränderung ſo aus-
drücken: Der Kaiſer wendete die, ihm ohnehin allgemein
zukommende, appellatio und intercessio auf das Verfahren
im Civilprozeß ſo allgemein und regelmäßig an, daß in
dieſer neuen Entwicklung die appellatio zugleich die Natur
einer provocatio annahm.
XII.
Eine wichtige Beſtätigung der hier aufgeſtellten ge-
ſchichtlichen Erklärung des Inſtanzenzuges liegt in der,
unter der Kaiſerregierung ſchnell eintretenden Umbildung
des Sprachgebrauchs. Noch bei Livius werden die Aus-
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