Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.§. 317. Natur und Entwicklung der Restitution. oder anderen rein subjectiven Antrieben. Daß die Restitu-tion in diesem Sinn jemals als ein Gnadenact gedacht worden sey, wird wohl Niemand behaupten. -- Man kann aber jenen Ausdruck auch in einem ernsteren Sinn auffassen, so wie er gedacht wird, wenn von der Begna- digung eines Verbrechers die Rede ist, wobei ja Niemand an dem Gebrauch jenes Ausdrucks Anstoß nimmt. Auch dabei nun würde ein Handeln aus den eben geschilderten Beweggründen höchst verwerflich seyn. Die rechte Be- gnadigung wird vielmehr nur da eintreten, wo von einem höheren Standpunkt aus die strenge Anwendung des Ge- setzes als Unrecht erscheinen würde, mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des einzelnen Falles. Dieses ist aber derselbe Standpunkt, von welchem aus die Ausgleichung zwischen jus und aequitas durch die Restitution bewirkt werden soll (§ 315 Note d), so daß in diesem Sinn die Restitution füglich ein Gnadenact genannt werden könnte. In der That hat sie auch der angeführte Schriftsteller nur in diesem Sinne so bezeichnen wollen, indem er dadurch das besonders freie Ermessen in der Restitution am besten hervorzuheben glaubte. Daß er nur Dieses meinte, geht unwidersprechlich daraus hervor, daß er zugleich anerkennt, wenn die Bedingungen der Restitution vorhanden waren, sey die Ertheilung derselben eine Amtspflicht des Prätors gewesen, deren Gewährung selbst durch Appellation habe §. 317. Natur und Entwicklung der Reſtitution. oder anderen rein ſubjectiven Antrieben. Daß die Reſtitu-tion in dieſem Sinn jemals als ein Gnadenact gedacht worden ſey, wird wohl Niemand behaupten. — Man kann aber jenen Ausdruck auch in einem ernſteren Sinn auffaſſen, ſo wie er gedacht wird, wenn von der Begna- digung eines Verbrechers die Rede iſt, wobei ja Niemand an dem Gebrauch jenes Ausdrucks Anſtoß nimmt. Auch dabei nun würde ein Handeln aus den eben geſchilderten Beweggründen höchſt verwerflich ſeyn. Die rechte Be- gnadigung wird vielmehr nur da eintreten, wo von einem höheren Standpunkt aus die ſtrenge Anwendung des Ge- ſetzes als Unrecht erſcheinen würde, mit Rückſicht auf die beſonderen Umſtände des einzelnen Falles. Dieſes iſt aber derſelbe Standpunkt, von welchem aus die Ausgleichung zwiſchen jus und aequitas durch die Reſtitution bewirkt werden ſoll (§ 315 Note d), ſo daß in dieſem Sinn die Reſtitution füglich ein Gnadenact genannt werden könnte. In der That hat ſie auch der angeführte Schriftſteller nur in dieſem Sinne ſo bezeichnen wollen, indem er dadurch das beſonders freie Ermeſſen in der Reſtitution am beſten hervorzuheben glaubte. Daß er nur Dieſes meinte, geht unwiderſprechlich daraus hervor, daß er zugleich anerkennt, wenn die Bedingungen der Reſtitution vorhanden waren, ſey die Ertheilung derſelben eine Amtspflicht des Prätors geweſen, deren Gewährung ſelbſt durch Appellation habe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0139" n="117"/><fw place="top" type="header">§. 317. Natur und Entwicklung der Reſtitution.</fw><lb/> oder anderen rein ſubjectiven Antrieben. Daß die Reſtitu-<lb/> tion in dieſem Sinn jemals als ein Gnadenact gedacht<lb/> worden ſey, wird wohl Niemand behaupten. — Man<lb/> kann aber jenen Ausdruck auch in einem ernſteren Sinn<lb/> auffaſſen, ſo wie er gedacht wird, wenn von der Begna-<lb/> digung eines Verbrechers die Rede iſt, wobei ja Niemand<lb/> an dem Gebrauch jenes Ausdrucks Anſtoß nimmt. Auch<lb/> dabei nun würde ein Handeln aus den eben geſchilderten<lb/> Beweggründen höchſt verwerflich ſeyn. Die rechte Be-<lb/> gnadigung wird vielmehr nur da eintreten, wo von einem<lb/> höheren Standpunkt aus die ſtrenge Anwendung des Ge-<lb/> ſetzes als Unrecht erſcheinen würde, mit Rückſicht auf die<lb/> beſonderen Umſtände des einzelnen Falles. Dieſes iſt aber<lb/> derſelbe Standpunkt, von welchem aus die Ausgleichung<lb/> zwiſchen <hi rendition="#aq">jus</hi> und <hi rendition="#aq">aequitas</hi> durch die Reſtitution bewirkt<lb/> werden ſoll (§ 315 Note <hi rendition="#aq">d</hi>), ſo daß in dieſem Sinn die<lb/> Reſtitution füglich ein Gnadenact genannt werden könnte.<lb/> In der That hat ſie auch der angeführte Schriftſteller nur<lb/> in dieſem Sinne ſo bezeichnen wollen, indem er dadurch<lb/> das beſonders freie Ermeſſen in der Reſtitution am beſten<lb/> hervorzuheben glaubte. Daß er nur Dieſes meinte, geht<lb/> unwiderſprechlich daraus hervor, daß er zugleich anerkennt,<lb/> wenn die Bedingungen der Reſtitution vorhanden waren,<lb/> ſey die Ertheilung derſelben eine Amtspflicht des Prätors<lb/> geweſen, deren Gewährung ſelbſt durch Appellation habe<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0139]
§. 317. Natur und Entwicklung der Reſtitution.
oder anderen rein ſubjectiven Antrieben. Daß die Reſtitu-
tion in dieſem Sinn jemals als ein Gnadenact gedacht
worden ſey, wird wohl Niemand behaupten. — Man
kann aber jenen Ausdruck auch in einem ernſteren Sinn
auffaſſen, ſo wie er gedacht wird, wenn von der Begna-
digung eines Verbrechers die Rede iſt, wobei ja Niemand
an dem Gebrauch jenes Ausdrucks Anſtoß nimmt. Auch
dabei nun würde ein Handeln aus den eben geſchilderten
Beweggründen höchſt verwerflich ſeyn. Die rechte Be-
gnadigung wird vielmehr nur da eintreten, wo von einem
höheren Standpunkt aus die ſtrenge Anwendung des Ge-
ſetzes als Unrecht erſcheinen würde, mit Rückſicht auf die
beſonderen Umſtände des einzelnen Falles. Dieſes iſt aber
derſelbe Standpunkt, von welchem aus die Ausgleichung
zwiſchen jus und aequitas durch die Reſtitution bewirkt
werden ſoll (§ 315 Note d), ſo daß in dieſem Sinn die
Reſtitution füglich ein Gnadenact genannt werden könnte.
In der That hat ſie auch der angeführte Schriftſteller nur
in dieſem Sinne ſo bezeichnen wollen, indem er dadurch
das beſonders freie Ermeſſen in der Reſtitution am beſten
hervorzuheben glaubte. Daß er nur Dieſes meinte, geht
unwiderſprechlich daraus hervor, daß er zugleich anerkennt,
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