geschieht. Allerdings liest nun HaloanderEt anstatt Sed, und dadurch verschwindet dieser Einwurf. Allein seine Leseart steht so vereinzelt, daß wir wohl unbedenklich an- nehmen können, sie sey nicht aus einer Handschrift ge- nommen, sondern eben nur erfunden, um diesem Einwurf zu begegnen.
Ferner spricht dagegen der in dem letzten Satz (neque oporteat etc.) enthaltene, von der bloßen Billigkeit herge- nommene Grund. Wenn die Beklagten gewinnen sollen durch die Berufung auf das strenge Recht, das justum dominium, so wäre es ja sehr unlogisch, dessen Schutz durch die an sich schwächere Stütze der Billigkeit befestigen zu wollen.
Dann spricht dagegen das causa cognita, welches nun vollkommen müßig dasteht, wie es sich am deutlichsten aus der richtigen Erklärung dieser sehr bedeutsamen Worte er- geben wird.
Endlich aber, und welches die Hauptsache ist, muß man bei dieser Erklärung völlig vergessen, daß von sehr alter Zeit her der Prätor eine Restitution angekündigt hatte zum Besten der Abwesenden, und zwar gerade, um ihnen zu helfen, wenn sie in Folge ihrer Abwesenheit Eigenthum durch Usucapion verlieren sollten. An diese Restitution müßte Papinian gar nicht gedacht haben, sonst hätte er auf entgegengesetzte Weise entschieden, oder doch mindestens nöthig gefunden zu erklären, warum sie im vorliegenden Fall nicht angewendet werden sollte.
L. 57 mandati (17. 1).
geſchieht. Allerdings lieſt nun HaloanderEt anſtatt Sed, und dadurch verſchwindet dieſer Einwurf. Allein ſeine Leſeart ſteht ſo vereinzelt, daß wir wohl unbedenklich an- nehmen können, ſie ſey nicht aus einer Handſchrift ge- nommen, ſondern eben nur erfunden, um dieſem Einwurf zu begegnen.
Ferner ſpricht dagegen der in dem letzten Satz (neque oporteat etc.) enthaltene, von der bloßen Billigkeit herge- nommene Grund. Wenn die Beklagten gewinnen ſollen durch die Berufung auf das ſtrenge Recht, das justum dominium, ſo wäre es ja ſehr unlogiſch, deſſen Schutz durch die an ſich ſchwächere Stütze der Billigkeit befeſtigen zu wollen.
Dann ſpricht dagegen das causa cognita, welches nun vollkommen müßig daſteht, wie es ſich am deutlichſten aus der richtigen Erklärung dieſer ſehr bedeutſamen Worte er- geben wird.
Endlich aber, und welches die Hauptſache iſt, muß man bei dieſer Erklärung völlig vergeſſen, daß von ſehr alter Zeit her der Prätor eine Reſtitution angekündigt hatte zum Beſten der Abweſenden, und zwar gerade, um ihnen zu helfen, wenn ſie in Folge ihrer Abweſenheit Eigenthum durch Uſucapion verlieren ſollten. An dieſe Reſtitution müßte Papinian gar nicht gedacht haben, ſonſt hätte er auf entgegengeſetzte Weiſe entſchieden, oder doch mindeſtens nöthig gefunden zu erklären, warum ſie im vorliegenden Fall nicht angewendet werden ſollte.
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L. 57 mandati (17. 1).
geſchieht. Allerdings lieſt nun Haloander Et anſtatt Sed,
und dadurch verſchwindet dieſer Einwurf. Allein ſeine
Leſeart ſteht ſo vereinzelt, daß wir wohl unbedenklich an-
nehmen können, ſie ſey nicht aus einer Handſchrift ge-
nommen, ſondern eben nur erfunden, um dieſem Einwurf
zu begegnen.
Ferner ſpricht dagegen der in dem letzten Satz (neque
oporteat etc.) enthaltene, von der bloßen Billigkeit herge-
nommene Grund. Wenn die Beklagten gewinnen ſollen
durch die Berufung auf das ſtrenge Recht, das justum
dominium, ſo wäre es ja ſehr unlogiſch, deſſen Schutz durch
die an ſich ſchwächere Stütze der Billigkeit befeſtigen zu
wollen.
Dann ſpricht dagegen das causa cognita, welches nun
vollkommen müßig daſteht, wie es ſich am deutlichſten aus
der richtigen Erklärung dieſer ſehr bedeutſamen Worte er-
geben wird.
Endlich aber, und welches die Hauptſache iſt, muß man
bei dieſer Erklärung völlig vergeſſen, daß von ſehr alter
Zeit her der Prätor eine Reſtitution angekündigt hatte zum
Beſten der Abweſenden, und zwar gerade, um ihnen zu
helfen, wenn ſie in Folge ihrer Abweſenheit Eigenthum
durch Uſucapion verlieren ſollten. An dieſe Reſtitution
müßte Papinian gar nicht gedacht haben, ſonſt hätte er
auf entgegengeſetzte Weiſe entſchieden, oder doch mindeſtens
nöthig gefunden zu erklären, warum ſie im vorliegenden
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/317>, abgerufen am 18.07.2024.
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