Im Privatrecht sind die Anwendungen des Versprechungs- eides nicht von Erheblichkeit; folgende kommen im Römischen Recht vor:
1. Die wichtigste und eigenthümlichste Anwendung findet sich bei den Diensten freigelassener Sklaven, die der Patron einklagen konnte, wenn sie eidlich versprochen waren. Das Bedürfniß und der Nutzen dieser Rechts- form wäre klar, wenn der, noch im Sklavenstand wegen künftiger Dienste geleistete Eid diese Kraft gehabt hätte, weil der Sklave durch gewöhnliche Vertragsformen sich nicht klagbar verpflichten konnte. Aber gerade in diesem Fall sollte auch selbst der Eid keine Klage bewirken, sondern nur, wenn derselbe nach der Freilassung geleistet wurde; zu dieser Zeit aber war auch die gewöhnliche Sti- pulation zulässig und von gleicher Wirkung, so daß man zwischen ihr und dem Eid die Wahl hatte. Der Gebrauch dieser besonderen Form ist wohl daraus zu erklären, daß ein solcher Eid auch schon im Sklavenstand üblich war, und dann zwar keine Klage bewirkte, wohl aber die religiöse Verpflichtung mit sich führte, denselben Eid nach der Frei- lassung zu wiederholen, wodurch er dann klagbar wurde (c).
Daß das Recht aus diesem Eid durch jede capitis deminutio des Patrons unterging, ist schon oben bemerkt worden (d).
(c)L. 7 de op. libert. (38. 1), L. 44 de lib. causa (40. 12).
(d)Gajus III. § 83, § 1. J. de adqu. per adrog. (3. 10). S. o. B. 2 S. 81.
Buch II. Rechtsverhältnifſe. Kap. IV. Verletzung.
Im Privatrecht ſind die Anwendungen des Verſprechungs- eides nicht von Erheblichkeit; folgende kommen im Römiſchen Recht vor:
1. Die wichtigſte und eigenthümlichſte Anwendung findet ſich bei den Dienſten freigelaſſener Sklaven, die der Patron einklagen konnte, wenn ſie eidlich verſprochen waren. Das Bedürfniß und der Nutzen dieſer Rechts- form wäre klar, wenn der, noch im Sklavenſtand wegen künftiger Dienſte geleiſtete Eid dieſe Kraft gehabt hätte, weil der Sklave durch gewöhnliche Vertragsformen ſich nicht klagbar verpflichten konnte. Aber gerade in dieſem Fall ſollte auch ſelbſt der Eid keine Klage bewirken, ſondern nur, wenn derſelbe nach der Freilaſſung geleiſtet wurde; zu dieſer Zeit aber war auch die gewöhnliche Sti- pulation zuläſſig und von gleicher Wirkung, ſo daß man zwiſchen ihr und dem Eid die Wahl hatte. Der Gebrauch dieſer beſonderen Form iſt wohl daraus zu erklären, daß ein ſolcher Eid auch ſchon im Sklavenſtand üblich war, und dann zwar keine Klage bewirkte, wohl aber die religiöſe Verpflichtung mit ſich führte, denſelben Eid nach der Frei- laſſung zu wiederholen, wodurch er dann klagbar wurde (c).
Daß das Recht aus dieſem Eid durch jede capitis deminutio des Patrons unterging, iſt ſchon oben bemerkt worden (d).
(c)L. 7 de op. libert. (38. 1), L. 44 de lib. causa (40. 12).
(d)Gajus III. § 83, § 1. J. de adqu. per adrog. (3. 10). S. o. B. 2 S. 81.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0072"n="50"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältnifſe. Kap. <hirendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/><p>Im Privatrecht ſind die Anwendungen des Verſprechungs-<lb/>
eides nicht von Erheblichkeit; folgende kommen im Römiſchen<lb/>
Recht vor:</p><lb/><p>1. Die wichtigſte und eigenthümlichſte Anwendung<lb/>
findet ſich bei den Dienſten freigelaſſener Sklaven, die der<lb/>
Patron einklagen konnte, wenn ſie eidlich verſprochen<lb/>
waren. Das Bedürfniß und der Nutzen dieſer Rechts-<lb/>
form wäre klar, wenn der, noch im Sklavenſtand wegen<lb/>
künftiger Dienſte geleiſtete Eid dieſe Kraft gehabt hätte,<lb/>
weil der Sklave durch gewöhnliche Vertragsformen ſich<lb/>
nicht klagbar verpflichten konnte. Aber gerade in dieſem<lb/>
Fall ſollte auch ſelbſt der Eid keine Klage bewirken,<lb/>ſondern nur, wenn derſelbe nach der Freilaſſung geleiſtet<lb/>
wurde; zu dieſer Zeit aber war auch die gewöhnliche Sti-<lb/>
pulation zuläſſig und von gleicher Wirkung, ſo daß man<lb/>
zwiſchen ihr und dem Eid die Wahl hatte. Der Gebrauch<lb/>
dieſer beſonderen Form iſt wohl daraus zu erklären, daß<lb/>
ein ſolcher Eid auch ſchon im Sklavenſtand üblich war,<lb/>
und dann zwar keine Klage bewirkte, wohl aber die religiöſe<lb/>
Verpflichtung mit ſich führte, denſelben Eid nach der Frei-<lb/>
laſſung zu wiederholen, wodurch er dann klagbar wurde <noteplace="foot"n="(c)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 7 <hirendition="#i">de op. libert.</hi> (38. 1),<lb/><hirendition="#i">L.</hi> 44 <hirendition="#i">de lib. causa</hi></hi> (40. 12).</note>.</p><lb/><p>Daß das Recht aus dieſem Eid durch jede <hirendition="#aq">capitis<lb/>
deminutio</hi> des Patrons unterging, iſt ſchon oben bemerkt<lb/>
worden <noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">Gajus</hi> III. § 83, § 1. <hirendition="#i">J.<lb/>
de adqu. per adrog.</hi></hi> (3. 10).<lb/>
S. o. B. 2 S. 81.</note>.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[50/0072]
Buch II. Rechtsverhältnifſe. Kap. IV. Verletzung.
Im Privatrecht ſind die Anwendungen des Verſprechungs-
eides nicht von Erheblichkeit; folgende kommen im Römiſchen
Recht vor:
1. Die wichtigſte und eigenthümlichſte Anwendung
findet ſich bei den Dienſten freigelaſſener Sklaven, die der
Patron einklagen konnte, wenn ſie eidlich verſprochen
waren. Das Bedürfniß und der Nutzen dieſer Rechts-
form wäre klar, wenn der, noch im Sklavenſtand wegen
künftiger Dienſte geleiſtete Eid dieſe Kraft gehabt hätte,
weil der Sklave durch gewöhnliche Vertragsformen ſich
nicht klagbar verpflichten konnte. Aber gerade in dieſem
Fall ſollte auch ſelbſt der Eid keine Klage bewirken,
ſondern nur, wenn derſelbe nach der Freilaſſung geleiſtet
wurde; zu dieſer Zeit aber war auch die gewöhnliche Sti-
pulation zuläſſig und von gleicher Wirkung, ſo daß man
zwiſchen ihr und dem Eid die Wahl hatte. Der Gebrauch
dieſer beſonderen Form iſt wohl daraus zu erklären, daß
ein ſolcher Eid auch ſchon im Sklavenſtand üblich war,
und dann zwar keine Klage bewirkte, wohl aber die religiöſe
Verpflichtung mit ſich führte, denſelben Eid nach der Frei-
laſſung zu wiederholen, wodurch er dann klagbar wurde (c).
Daß das Recht aus dieſem Eid durch jede capitis
deminutio des Patrons unterging, iſt ſchon oben bemerkt
worden (d).
(c) L. 7 de op. libert. (38. 1),
L. 44 de lib. causa (40. 12).
(d) Gajus III. § 83, § 1. J.
de adqu. per adrog. (3. 10).
S. o. B. 2 S. 81.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/72>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.