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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 385. A. Erwerb der Rechte. Grundsatz.
Römische Recht in diesem Lande eingeführt, welches höhere
Zinsen, als zu sechs Prozent, verbietet, so würde die Rück-
wirkung der ersten, geringeren Abstufung dahin führen, daß
von der Zeit des neuen Gesetzes an die überschießenden
vier Prozente nicht mehr gefordert werden könnten, anstatt
daß die in den verflossenen drei Jahren fällig gewordenen
gültig bleiben würden und noch ferner eingeklagt werden
könnten. Die zweite, weiter gehende Abstufung der Rück-
wirkung würde dahin gehen, daß die überschießenden vier
Prozente weder für die vergangenen drei Jahre, noch für
die künftige Zeit, gefordert werden könnten. -- Wenn fer-
ner in einem Lande, das die Veräußerung des Eigenthums
durch bloßen Vertrag zuläßt, ein Landgut in dieser Weise
an einen Käufer veräußert wird, nach fünf Jahren aber
ein neues Gesetz die Tradition zur Veräußerung erfordert,
so würde die Rückwirkung der ersten Abstufung dahin füh-
ren, daß der Käufer in den vergangenen fünf Jahren Ei-
genthümer gewesen wäre, und die Früchte als Eigenthümer
bezogen hätte, anstatt daß er von jetzt an Eigenthümer zu
seyn aufhören müßte. Nach der zweiten Abstufung würde
er auch in den vergangenen Jahren Nichteigenthümer gewe-
sen seyn, und die Früchte mit Unrecht bezogen haben.

Die oben aufgestellte Formel nun (der Grundsatz der
Nichtrückwirkung) verneint schlechthin die Einwirkung des
neuen Gesetzes auf die Folgen der vergangenen Thatsachen,
und zwar in jeder denkbaren Abstufung. Sie erhält also
den Zinsvertrag zu zehen Prozent aufrecht, sowohl für die

§. 385. A. Erwerb der Rechte. Grundſatz.
Römiſche Recht in dieſem Lande eingeführt, welches höhere
Zinſen, als zu ſechs Prozent, verbietet, ſo würde die Rück-
wirkung der erſten, geringeren Abſtufung dahin führen, daß
von der Zeit des neuen Geſetzes an die überſchießenden
vier Prozente nicht mehr gefordert werden könnten, anſtatt
daß die in den verfloſſenen drei Jahren fällig gewordenen
gültig bleiben würden und noch ferner eingeklagt werden
könnten. Die zweite, weiter gehende Abſtufung der Rück-
wirkung würde dahin gehen, daß die überſchießenden vier
Prozente weder für die vergangenen drei Jahre, noch für
die künftige Zeit, gefordert werden könnten. — Wenn fer-
ner in einem Lande, das die Veräußerung des Eigenthums
durch bloßen Vertrag zuläßt, ein Landgut in dieſer Weiſe
an einen Käufer veräußert wird, nach fünf Jahren aber
ein neues Geſetz die Tradition zur Veräußerung erfordert,
ſo würde die Rückwirkung der erſten Abſtufung dahin füh-
ren, daß der Käufer in den vergangenen fünf Jahren Ei-
genthümer geweſen wäre, und die Früchte als Eigenthümer
bezogen hätte, anſtatt daß er von jetzt an Eigenthümer zu
ſeyn aufhören müßte. Nach der zweiten Abſtufung würde
er auch in den vergangenen Jahren Nichteigenthümer gewe-
ſen ſeyn, und die Früchte mit Unrecht bezogen haben.

Die oben aufgeſtellte Formel nun (der Grundſatz der
Nichtrückwirkung) verneint ſchlechthin die Einwirkung des
neuen Geſetzes auf die Folgen der vergangenen Thatſachen,
und zwar in jeder denkbaren Abſtufung. Sie erhält alſo
den Zinsvertrag zu zehen Prozent aufrecht, ſowohl für die

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[383/0405] §. 385. A. Erwerb der Rechte. Grundſatz. Römiſche Recht in dieſem Lande eingeführt, welches höhere Zinſen, als zu ſechs Prozent, verbietet, ſo würde die Rück- wirkung der erſten, geringeren Abſtufung dahin führen, daß von der Zeit des neuen Geſetzes an die überſchießenden vier Prozente nicht mehr gefordert werden könnten, anſtatt daß die in den verfloſſenen drei Jahren fällig gewordenen gültig bleiben würden und noch ferner eingeklagt werden könnten. Die zweite, weiter gehende Abſtufung der Rück- wirkung würde dahin gehen, daß die überſchießenden vier Prozente weder für die vergangenen drei Jahre, noch für die künftige Zeit, gefordert werden könnten. — Wenn fer- ner in einem Lande, das die Veräußerung des Eigenthums durch bloßen Vertrag zuläßt, ein Landgut in dieſer Weiſe an einen Käufer veräußert wird, nach fünf Jahren aber ein neues Geſetz die Tradition zur Veräußerung erfordert, ſo würde die Rückwirkung der erſten Abſtufung dahin füh- ren, daß der Käufer in den vergangenen fünf Jahren Ei- genthümer geweſen wäre, und die Früchte als Eigenthümer bezogen hätte, anſtatt daß er von jetzt an Eigenthümer zu ſeyn aufhören müßte. Nach der zweiten Abſtufung würde er auch in den vergangenen Jahren Nichteigenthümer gewe- ſen ſeyn, und die Früchte mit Unrecht bezogen haben. Die oben aufgeſtellte Formel nun (der Grundſatz der Nichtrückwirkung) verneint ſchlechthin die Einwirkung des neuen Geſetzes auf die Folgen der vergangenen Thatſachen, und zwar in jeder denkbaren Abſtufung. Sie erhält alſo den Zinsvertrag zu zehen Prozent aufrecht, ſowohl für die

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/405>, abgerufen am 22.11.2024.