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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 386. A. Erwerb der Rechte. Grundsatz. (Forts.)
vergangenen und künftigen Thatsachen selbst. Neue Ge-
setze, sagt sie, sind anzuwenden auf alle späterhin vorzu-
nehmende Rechtsgeschäfte (futuris ... negotiis), nicht an-
zuwenden auf vergangene Rechtsgeschäfte (non ad facta
praeterita revocari
), auch wenn deren Wirkungen erst
noch in der Zukunft liegen sollten (adhuc pendentibus ne-
gotiis
) (b).

Sie macht den Vorbehalt, daß ein künftiges Gesetz
ausnahmsweise auch wohl eine rückwirkende Kraft sich bei-
legen könne, die alsdann anerkannt werden müsse. Hieraus
erhellt, daß diese Verordnung gedacht ist als eine Anwei-
sung (Auslegungsregel) für die Richter, nicht für den Ge-
setzgeber, welchem vielmehr für jeden einzelnen Fall freie
Hand ausdrücklich vorbehalten wird. Wäre aber auch
dieser Vorbehalt nicht hinzugefügt, so würde er sich von

(b) Denn die Beziehung auf
die pendentia negotia ist der
Ausnahme vorbehalten, für die
regelmäßigen Fälle also untersagt.
Pendens negotium ist ein Ver-
trag, der zur Zeit des neuen Ge-
setzes schon geschlossen, aber ganz
oder theilweise noch unerfüllt ist,
so daß dessen Wirkungen in der
Zukunft liegen. -- Der Ausdruck
negotium ist in der Stelle a po-
tiori
gebraucht, indem die meisten
juristischen Thatsachen (wenn auch
nicht alle) wahre Rechtsgeschäfte
sind (§ 384. e). Auch anderwärts
kommt einmal der Ausdruck ne-
gotium
für eine solche Thatsache
vor, die gewiß kein Rechtsgeschäft
ist, nämlich die Eröffnung einer
Intestaterbfolge. L. 12 in f. C.
de suis
(6. 55). -- Unter die
pendentia negotia gehören nun
unstreitig auch diejenigen, worüber
bereits ein Rechtsstreit erhoben,
aber noch nicht entschieden ist; je-
doch glaube ich nicht, daß der hier
gebrauchte Ausdruck gerade diesen
Fall besonders hat bezeichnen sollen.
Anders verhält es sich mit den
causis ... quae in judicii
adhuc pendent
in der const.
Tanta
§ 23.

§. 386. A. Erwerb der Rechte. Grundſatz. (Fortſ.)
vergangenen und künftigen Thatſachen ſelbſt. Neue Ge-
ſetze, ſagt ſie, ſind anzuwenden auf alle ſpäterhin vorzu-
nehmende Rechtsgeſchäfte (futuris … negotiis), nicht an-
zuwenden auf vergangene Rechtsgeſchäfte (non ad facta
praeterita revocari
), auch wenn deren Wirkungen erſt
noch in der Zukunft liegen ſollten (adhuc pendentibus ne-
gotiis
) (b).

Sie macht den Vorbehalt, daß ein künftiges Geſetz
ausnahmsweiſe auch wohl eine rückwirkende Kraft ſich bei-
legen könne, die alsdann anerkannt werden müſſe. Hieraus
erhellt, daß dieſe Verordnung gedacht iſt als eine Anwei-
ſung (Auslegungsregel) für die Richter, nicht für den Ge-
ſetzgeber, welchem vielmehr für jeden einzelnen Fall freie
Hand ausdrücklich vorbehalten wird. Wäre aber auch
dieſer Vorbehalt nicht hinzugefügt, ſo würde er ſich von

(b) Denn die Beziehung auf
die pendentia negotia iſt der
Ausnahme vorbehalten, für die
regelmäßigen Fälle alſo unterſagt.
Pendens negotium iſt ein Ver-
trag, der zur Zeit des neuen Ge-
ſetzes ſchon geſchloſſen, aber ganz
oder theilweiſe noch unerfüllt iſt,
ſo daß deſſen Wirkungen in der
Zukunft liegen. — Der Ausdruck
negotium iſt in der Stelle a po-
tiori
gebraucht, indem die meiſten
juriſtiſchen Thatſachen (wenn auch
nicht alle) wahre Rechtsgeſchäfte
ſind (§ 384. e). Auch anderwärts
kommt einmal der Ausdruck ne-
gotium
für eine ſolche Thatſache
vor, die gewiß kein Rechtsgeſchäft
iſt, nämlich die Eröffnung einer
Inteſtaterbfolge. L. 12 in f. C.
de suis
(6. 55). — Unter die
pendentia negotia gehören nun
unſtreitig auch diejenigen, worüber
bereits ein Rechtsſtreit erhoben,
aber noch nicht entſchieden iſt; je-
doch glaube ich nicht, daß der hier
gebrauchte Ausdruck gerade dieſen
Fall beſonders hat bezeichnen ſollen.
Anders verhält es ſich mit den
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Tanta
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[393/0415] §. 386. A. Erwerb der Rechte. Grundſatz. (Fortſ.) vergangenen und künftigen Thatſachen ſelbſt. Neue Ge- ſetze, ſagt ſie, ſind anzuwenden auf alle ſpäterhin vorzu- nehmende Rechtsgeſchäfte (futuris … negotiis), nicht an- zuwenden auf vergangene Rechtsgeſchäfte (non ad facta praeterita revocari), auch wenn deren Wirkungen erſt noch in der Zukunft liegen ſollten (adhuc pendentibus ne- gotiis) (b). Sie macht den Vorbehalt, daß ein künftiges Geſetz ausnahmsweiſe auch wohl eine rückwirkende Kraft ſich bei- legen könne, die alsdann anerkannt werden müſſe. Hieraus erhellt, daß dieſe Verordnung gedacht iſt als eine Anwei- ſung (Auslegungsregel) für die Richter, nicht für den Ge- ſetzgeber, welchem vielmehr für jeden einzelnen Fall freie Hand ausdrücklich vorbehalten wird. Wäre aber auch dieſer Vorbehalt nicht hinzugefügt, ſo würde er ſich von (b) Denn die Beziehung auf die pendentia negotia iſt der Ausnahme vorbehalten, für die regelmäßigen Fälle alſo unterſagt. Pendens negotium iſt ein Ver- trag, der zur Zeit des neuen Ge- ſetzes ſchon geſchloſſen, aber ganz oder theilweiſe noch unerfüllt iſt, ſo daß deſſen Wirkungen in der Zukunft liegen. — Der Ausdruck negotium iſt in der Stelle a po- tiori gebraucht, indem die meiſten juriſtiſchen Thatſachen (wenn auch nicht alle) wahre Rechtsgeſchäfte ſind (§ 384. e). Auch anderwärts kommt einmal der Ausdruck ne- gotium für eine ſolche Thatſache vor, die gewiß kein Rechtsgeſchäft iſt, nämlich die Eröffnung einer Inteſtaterbfolge. L. 12 in f. C. de suis (6. 55). — Unter die pendentia negotia gehören nun unſtreitig auch diejenigen, worüber bereits ein Rechtsſtreit erhoben, aber noch nicht entſchieden iſt; je- doch glaube ich nicht, daß der hier gebrauchte Ausdruck gerade dieſen Fall beſonders hat bezeichnen ſollen. Anders verhält es ſich mit den causis … quae in judicii adhuc pendent in der const. Tanta § 23.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/415>, abgerufen am 22.11.2024.