§. 390. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. II. Sachenrecht.
oder irgend eine positive Form zur Errichtung der Servitut erfordert (c).
Anders verhält es sich mit den sogenannten gesetzlichen Servituten. Wenn solche bisher nicht bestanden, durch ein neues Gesetz aber eingeführt werden, so ist dabei unser Grundsatz gar nicht anwendbar; vielmehr entstehen nun solche Beschränkungen des Eigenthums unmittelbar nach dem Erlaß des neuen Gesetzes, überall, wo die thatsächlichen Bedingungen derselben angetroffen werden (d). Der wahre Grund aber liegt darin, daß ein solches Gesetz nicht sowohl den Erwerb eines Rechts zum Gegenstand hat, als vielmehr das Daseyn (die Beschaffenheit) des Eigenthums, also die Bedingungen und Gränzen, welche für die Anerkennung des Eigenthums überhaupt gelten sollen. Auf diese ganze Gattung von Rechtsregeln bezieht sich aber nicht der Grund- satz, welcher die rückwirkende Kraft der Gesetze ausschließt (§ 384. 399).
3. Pfandrecht.
Wenn in einem Lande, worin das Römische Pfandrecht besteht, durch neues Gesetz ein bisher unbekannter Fall des still- schweigenden Pfandrechts, zum Schutz irgend eines Rechts- geschäfts, eingeführt wird, so ist das neue Gesetz anzuwen- den auf alle später abgeschlossene Rechtsgeschäfte dieser Art, auf die früheren nicht. Dieser Satz wurde anerkannt von
(c)Chabot T. 2 p. 361.
(d)Chabot T. 2 p. 361. Struve S. 267.
§. 390. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. II. Sachenrecht.
oder irgend eine poſitive Form zur Errichtung der Servitut erfordert (c).
Anders verhält es ſich mit den ſogenannten geſetzlichen Servituten. Wenn ſolche bisher nicht beſtanden, durch ein neues Geſetz aber eingeführt werden, ſo iſt dabei unſer Grundſatz gar nicht anwendbar; vielmehr entſtehen nun ſolche Beſchränkungen des Eigenthums unmittelbar nach dem Erlaß des neuen Geſetzes, überall, wo die thatſächlichen Bedingungen derſelben angetroffen werden (d). Der wahre Grund aber liegt darin, daß ein ſolches Geſetz nicht ſowohl den Erwerb eines Rechts zum Gegenſtand hat, als vielmehr das Daſeyn (die Beſchaffenheit) des Eigenthums, alſo die Bedingungen und Gränzen, welche für die Anerkennung des Eigenthums überhaupt gelten ſollen. Auf dieſe ganze Gattung von Rechtsregeln bezieht ſich aber nicht der Grund- ſatz, welcher die rückwirkende Kraft der Geſetze ausſchließt (§ 384. 399).
3. Pfandrecht.
Wenn in einem Lande, worin das Römiſche Pfandrecht beſteht, durch neues Geſetz ein bisher unbekannter Fall des ſtill- ſchweigenden Pfandrechts, zum Schutz irgend eines Rechts- geſchäfts, eingeführt wird, ſo iſt das neue Geſetz anzuwen- den auf alle ſpäter abgeſchloſſene Rechtsgeſchäfte dieſer Art, auf die früheren nicht. Dieſer Satz wurde anerkannt von
(c)Chabot T. 2 p. 361.
(d)Chabot T. 2 p. 361. Struve S. 267.
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§. 390. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. II. Sachenrecht.
oder irgend eine poſitive Form zur Errichtung der Servitut
erfordert (c).
Anders verhält es ſich mit den ſogenannten geſetzlichen
Servituten. Wenn ſolche bisher nicht beſtanden, durch ein
neues Geſetz aber eingeführt werden, ſo iſt dabei unſer
Grundſatz gar nicht anwendbar; vielmehr entſtehen nun
ſolche Beſchränkungen des Eigenthums unmittelbar nach
dem Erlaß des neuen Geſetzes, überall, wo die thatſächlichen
Bedingungen derſelben angetroffen werden (d). Der wahre
Grund aber liegt darin, daß ein ſolches Geſetz nicht ſowohl
den Erwerb eines Rechts zum Gegenſtand hat, als vielmehr
das Daſeyn (die Beſchaffenheit) des Eigenthums, alſo die
Bedingungen und Gränzen, welche für die Anerkennung
des Eigenthums überhaupt gelten ſollen. Auf dieſe ganze
Gattung von Rechtsregeln bezieht ſich aber nicht der Grund-
ſatz, welcher die rückwirkende Kraft der Geſetze ausſchließt
(§ 384. 399).
3. Pfandrecht.
Wenn in einem Lande, worin das Römiſche Pfandrecht
beſteht, durch neues Geſetz ein bisher unbekannter Fall des ſtill-
ſchweigenden Pfandrechts, zum Schutz irgend eines Rechts-
geſchäfts, eingeführt wird, ſo iſt das neue Geſetz anzuwen-
den auf alle ſpäter abgeſchloſſene Rechtsgeſchäfte dieſer Art,
auf die früheren nicht. Dieſer Satz wurde anerkannt von
(c) Chabot T. 2 p. 361.
(d) Chabot T. 2 p. 361.
Struve S. 267.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/443>, abgerufen am 22.11.2024.
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