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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 392. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. III. Obligationenrecht.
muß, weil der einzige Käufer, der sich findet, seine Noth
mißbraucht. Einem solchen unedlen Mißbrauch fremder
Noth soll hier durch eine positive Rechtsregel entgegen ge-
wirkt werden. Der Fall ist also ganz ähnlich dem des
Zinswuchers, wobei auch das fremde Geldbedürfniß eigen-
nützig mißbraucht wird. Jene Gründe der Gegner müßten
consequenterweise dahin führen, daß ein unter dem Römischen
Recht geschlossenes, zehen Jahre unaufkündbares, Darlehen
zu zwanzig Procent, wenn kurz nachher ein neues Gesetz
allen Zinswucher frei gäbe, vollständig erfüllt werden
müßte. -- Auch wird Meyer nicht bestreiten, daß im Fall
des Verkaufs beide Parteien an den Fall der späteren An-
fechtung denken konnten, d. h. daß dieser Fall nicht außer
den Gränzen möglicher, selbst wahrscheinlicher, Berechnung
lag, daß er nicht erst durch ganz neue, völlig unerwartete
Umstände (wie er sich die Sache zu denken scheint) herbei
geführt wurde.

Ganz eben so ist nur die Zeit des geschlossenen Ver-
trags zu berücksichtigen, wenn das in dieser Zeit bestehende
Gesetz die Anfechtung nicht zuläßt, ein späteres Gesetz die-
selbe einführt. Diese Bemerkung gilt auch für alle folgende
Fälle.

2. Die Regel: Kauf bricht Miethe (r), ist zu beurtheilen
nach dem Gesetz, welches zur Zeit des geschlossenen Mieth-

(r) Dieser Fall ist insofern
mit den übrigen nicht von gleicher
Natur, als in ihm der Vertrag
nicht angefochten und aufgehoben
wird, welcher vielmehr sich stets
wirksam erzeigt durch die dem

§. 392. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. III. Obligationenrecht.
muß, weil der einzige Käufer, der ſich findet, ſeine Noth
mißbraucht. Einem ſolchen unedlen Mißbrauch fremder
Noth ſoll hier durch eine poſitive Rechtsregel entgegen ge-
wirkt werden. Der Fall iſt alſo ganz ähnlich dem des
Zinswuchers, wobei auch das fremde Geldbedürfniß eigen-
nützig mißbraucht wird. Jene Gründe der Gegner müßten
conſequenterweiſe dahin führen, daß ein unter dem Römiſchen
Recht geſchloſſenes, zehen Jahre unaufkündbares, Darlehen
zu zwanzig Procent, wenn kurz nachher ein neues Geſetz
allen Zinswucher frei gäbe, vollſtändig erfüllt werden
müßte. — Auch wird Meyer nicht beſtreiten, daß im Fall
des Verkaufs beide Parteien an den Fall der ſpäteren An-
fechtung denken konnten, d. h. daß dieſer Fall nicht außer
den Gränzen möglicher, ſelbſt wahrſcheinlicher, Berechnung
lag, daß er nicht erſt durch ganz neue, völlig unerwartete
Umſtände (wie er ſich die Sache zu denken ſcheint) herbei
geführt wurde.

Ganz eben ſo iſt nur die Zeit des geſchloſſenen Ver-
trags zu berückſichtigen, wenn das in dieſer Zeit beſtehende
Geſetz die Anfechtung nicht zuläßt, ein ſpäteres Geſetz die-
ſelbe einführt. Dieſe Bemerkung gilt auch für alle folgende
Fälle.

2. Die Regel: Kauf bricht Miethe (r), iſt zu beurtheilen
nach dem Geſetz, welches zur Zeit des geſchloſſenen Mieth-

(r) Dieſer Fall iſt inſofern
mit den übrigen nicht von gleicher
Natur, als in ihm der Vertrag
nicht angefochten und aufgehoben
wird, welcher vielmehr ſich ſtets
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[441/0463] §. 392. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. III. Obligationenrecht. muß, weil der einzige Käufer, der ſich findet, ſeine Noth mißbraucht. Einem ſolchen unedlen Mißbrauch fremder Noth ſoll hier durch eine poſitive Rechtsregel entgegen ge- wirkt werden. Der Fall iſt alſo ganz ähnlich dem des Zinswuchers, wobei auch das fremde Geldbedürfniß eigen- nützig mißbraucht wird. Jene Gründe der Gegner müßten conſequenterweiſe dahin führen, daß ein unter dem Römiſchen Recht geſchloſſenes, zehen Jahre unaufkündbares, Darlehen zu zwanzig Procent, wenn kurz nachher ein neues Geſetz allen Zinswucher frei gäbe, vollſtändig erfüllt werden müßte. — Auch wird Meyer nicht beſtreiten, daß im Fall des Verkaufs beide Parteien an den Fall der ſpäteren An- fechtung denken konnten, d. h. daß dieſer Fall nicht außer den Gränzen möglicher, ſelbſt wahrſcheinlicher, Berechnung lag, daß er nicht erſt durch ganz neue, völlig unerwartete Umſtände (wie er ſich die Sache zu denken ſcheint) herbei geführt wurde. Ganz eben ſo iſt nur die Zeit des geſchloſſenen Ver- trags zu berückſichtigen, wenn das in dieſer Zeit beſtehende Geſetz die Anfechtung nicht zuläßt, ein ſpäteres Geſetz die- ſelbe einführt. Dieſe Bemerkung gilt auch für alle folgende Fälle. 2. Die Regel: Kauf bricht Miethe (r), iſt zu beurtheilen nach dem Geſetz, welches zur Zeit des geſchloſſenen Mieth- (r) Dieſer Fall iſt inſofern mit den übrigen nicht von gleicher Natur, als in ihm der Vertrag nicht angefochten und aufgehoben wird, welcher vielmehr ſich ſtets wirkſam erzeigt durch die dem

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/463>, abgerufen am 22.11.2024.