Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 392. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. III. Obligationenrecht.
die Widerrufsklage entkräftet werde (u); weil an diesen
Erfolg die Parteien nicht gedacht haben, indem sonst die
Schenkung vielmehr unterblieben seyn würde (v). -- Aller-
dings war die Undankbarkeit nicht zur Zeit der Schenkung
erwartet; dagegen ist sehr natürlich die umgekehrte Er-
wartung, der Beschenkte werde Undankbarkeit vermeiden,
und er werde in dieser Gesinnung noch befestigt werden,
durch die Rücksicht auf das den Widerruf gestattende Ge-
setz. Die Voraussetzung also, daß der Schenker an jenes
Gesetz gedacht habe, oder habe denken können, ist gewiß
den Umständen ganz angemessen.

4. Restitution gegen einen Vertrag. Entscheidend ist
die Zeit des Vertrags, nicht die des Restitutionsgesuchs (w).
Das Gegentheil wird behauptet, weil der Vertrag an sich
gültig sey, und erst durch die richterliche Handlung ent-
kräftet werde (x). Derselbe Gedanke wird von Anderen
noch dadurch ausgebildet und von der Wahrheit weiter
entfernt, daß die Restitution als Gnadensache von dem
Souverain ertheilt werde (y). Gegen diese Behauptungen
entscheidend ist der Umstand, daß, nach der im Justiniani-
schen Recht vorliegenden Natur der Restitution, Der, welcher
die Restitution begehrt, ein wahres erworbenes Recht auf

(u) Weber S. 107.
(v) Meyer p. 175. 177.
(w) Struve S. 266.
(x) Weber S. 113. 114.
(y) Meyer p. 184. Hier-
über ist zu vergleichen oben B. 7.
§ 317.

§. 392. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. III. Obligationenrecht.
die Widerrufsklage entkräftet werde (u); weil an dieſen
Erfolg die Parteien nicht gedacht haben, indem ſonſt die
Schenkung vielmehr unterblieben ſeyn würde (v). — Aller-
dings war die Undankbarkeit nicht zur Zeit der Schenkung
erwartet; dagegen iſt ſehr natürlich die umgekehrte Er-
wartung, der Beſchenkte werde Undankbarkeit vermeiden,
und er werde in dieſer Geſinnung noch befeſtigt werden,
durch die Rückſicht auf das den Widerruf geſtattende Ge-
ſetz. Die Vorausſetzung alſo, daß der Schenker an jenes
Geſetz gedacht habe, oder habe denken können, iſt gewiß
den Umſtänden ganz angemeſſen.

4. Reſtitution gegen einen Vertrag. Entſcheidend iſt
die Zeit des Vertrags, nicht die des Reſtitutionsgeſuchs (w).
Das Gegentheil wird behauptet, weil der Vertrag an ſich
gültig ſey, und erſt durch die richterliche Handlung ent-
kräftet werde (x). Derſelbe Gedanke wird von Anderen
noch dadurch ausgebildet und von der Wahrheit weiter
entfernt, daß die Reſtitution als Gnadenſache von dem
Souverain ertheilt werde (y). Gegen dieſe Behauptungen
entſcheidend iſt der Umſtand, daß, nach der im Juſtiniani-
ſchen Recht vorliegenden Natur der Reſtitution, Der, welcher
die Reſtitution begehrt, ein wahres erworbenes Recht auf

(u) Weber S. 107.
(v) Meyer p. 175. 177.
(w) Struve S. 266.
(x) Weber S. 113. 114.
(y) Meyer p. 184. Hier-
über iſt zu vergleichen oben B. 7.
§ 317.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0465" n="443"/><fw place="top" type="header">§. 392. <hi rendition="#aq">A.</hi> Erwerb der Rechte. Anwendungen. <hi rendition="#aq">III.</hi> Obligationenrecht.</fw><lb/>
die Widerrufsklage entkräftet werde <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#g">Weber</hi> S. 107.</note>; weil an die&#x017F;en<lb/>
Erfolg die Parteien nicht gedacht haben, indem &#x017F;on&#x017F;t die<lb/>
Schenkung vielmehr unterblieben &#x017F;eyn würde <note place="foot" n="(v)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Meyer</hi> p.</hi> 175. 177.</note>. &#x2014; Aller-<lb/>
dings war die Undankbarkeit nicht zur Zeit der Schenkung<lb/>
erwartet; dagegen i&#x017F;t &#x017F;ehr natürlich die umgekehrte Er-<lb/>
wartung, der Be&#x017F;chenkte werde Undankbarkeit vermeiden,<lb/>
und er werde in die&#x017F;er Ge&#x017F;innung noch befe&#x017F;tigt werden,<lb/>
durch die Rück&#x017F;icht auf das den Widerruf ge&#x017F;tattende Ge-<lb/>
&#x017F;etz. Die Voraus&#x017F;etzung al&#x017F;o, daß der Schenker an jenes<lb/>
Ge&#x017F;etz gedacht habe, oder habe denken können, i&#x017F;t gewiß<lb/>
den Um&#x017F;tänden ganz angeme&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>4. Re&#x017F;titution gegen einen Vertrag. Ent&#x017F;cheidend i&#x017F;t<lb/>
die Zeit des Vertrags, nicht die des Re&#x017F;titutionsge&#x017F;uchs <note place="foot" n="(w)"><hi rendition="#g">Struve</hi> S. 266.</note>.<lb/>
Das Gegentheil wird behauptet, weil der Vertrag an &#x017F;ich<lb/>
gültig &#x017F;ey, und er&#x017F;t durch die richterliche Handlung ent-<lb/>
kräftet werde <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#g">Weber</hi> S. 113. 114.</note>. Der&#x017F;elbe Gedanke wird von Anderen<lb/>
noch dadurch ausgebildet und von der Wahrheit weiter<lb/>
entfernt, daß die Re&#x017F;titution als Gnaden&#x017F;ache von dem<lb/>
Souverain ertheilt werde <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Meyer</hi> p.</hi> 184. Hier-<lb/>
über i&#x017F;t zu vergleichen oben B. 7.<lb/>
§ 317.</note>. Gegen die&#x017F;e Behauptungen<lb/>
ent&#x017F;cheidend i&#x017F;t der Um&#x017F;tand, daß, nach der im Ju&#x017F;tiniani-<lb/>
&#x017F;chen Recht vorliegenden Natur der Re&#x017F;titution, Der, welcher<lb/>
die Re&#x017F;titution begehrt, ein wahres erworbenes Recht auf<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[443/0465] §. 392. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. III. Obligationenrecht. die Widerrufsklage entkräftet werde (u); weil an dieſen Erfolg die Parteien nicht gedacht haben, indem ſonſt die Schenkung vielmehr unterblieben ſeyn würde (v). — Aller- dings war die Undankbarkeit nicht zur Zeit der Schenkung erwartet; dagegen iſt ſehr natürlich die umgekehrte Er- wartung, der Beſchenkte werde Undankbarkeit vermeiden, und er werde in dieſer Geſinnung noch befeſtigt werden, durch die Rückſicht auf das den Widerruf geſtattende Ge- ſetz. Die Vorausſetzung alſo, daß der Schenker an jenes Geſetz gedacht habe, oder habe denken können, iſt gewiß den Umſtänden ganz angemeſſen. 4. Reſtitution gegen einen Vertrag. Entſcheidend iſt die Zeit des Vertrags, nicht die des Reſtitutionsgeſuchs (w). Das Gegentheil wird behauptet, weil der Vertrag an ſich gültig ſey, und erſt durch die richterliche Handlung ent- kräftet werde (x). Derſelbe Gedanke wird von Anderen noch dadurch ausgebildet und von der Wahrheit weiter entfernt, daß die Reſtitution als Gnadenſache von dem Souverain ertheilt werde (y). Gegen dieſe Behauptungen entſcheidend iſt der Umſtand, daß, nach der im Juſtiniani- ſchen Recht vorliegenden Natur der Reſtitution, Der, welcher die Reſtitution begehrt, ein wahres erworbenes Recht auf (u) Weber S. 107. (v) Meyer p. 175. 177. (w) Struve S. 266. (x) Weber S. 113. 114. (y) Meyer p. 184. Hier- über iſt zu vergleichen oben B. 7. § 317.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/465
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/465>, abgerufen am 22.11.2024.